(Der Antrag wird genügend unterſtützt. Die Beratung wird geſchloſſen.) Antragſteller Stadtv. Zietſch (Schlußwort): Meine Herren, wir hätten zweifellos die Debatte von heute ſchon an unſerm erſten Sitzungstage in dieſem Jahre gehabt, wenn der Herr Stadtverord⸗ netenvorſteher nicht die Freundlichkeit gehabt hätte, uns ſo weit entgegenzukommen, daß er uns bei der damaligen Beratung des Antrages nicht einmal das Wort zur Begründung verſtattete. Der Herr Stadtverordnetenvorſteher wollte uns zweifellos einen Gefallen damit tun. Wir erkennen das auch ohne weiteres an. Aber wie die heutige Diskuſſion gezeigt hat, hat der Herr Stadtverordnetenvorſteher uns und auch der Stadtverordnetenverſammlung keinen Gefallen damit getan; denn dadurch hat ſich jetzt die Stadtverordnetenverſammlung in eine eigentümliche Lage hineinfinden müſſen. Sie haben gehört, daß Herr Kollege Dr Stadthagen geſagt hat: aus Verſehen haben verſchiedene Herren für unſern Antrag geſtimmt. Wenn man das folgerichtig erweitert — und nach der heutigen Abſtimmung wird ſich das ja ergeben —, dann wird das heißen, daß überhaupt nicht nur die Ein⸗ ſtimmigkeit, ſondern ſchon die Mehrheit für unſern damaligen Antrag aus Verſehen zuſtande gekommen iſt. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Meine Herren, ich meine, das iſt an und für ſich kein beſonders gutes Zeichen für den Ernſt der Stadtverordnetenverſammlung (Stadtv. Münch: Warum nicht?) ſolchen Anträgen gegenüber. — Herr Kollege Münch, die Anträge über die Arbeitsloſenzählung, die nur ein Glied in der Kette der ſehr wichtigen Frage der Arbeitsloſenfürſorge bilden, ſind uns viel zu ernſt, um ſie in ſolcher Weiſe behandelt zu ſehen. ie (Stadtv. Holz: Uns auch!) — Ihnen auch, Herr Kollege Holz, das glaube ich; dann hätten Sie aber das erſtemal dagegen auf⸗ treten ſollen, und dann hätten wir dieſe Debatte von heute nicht gehabt. Ehe Sie aber wieder „aus Verſehen“ für unſern Antrag ſtimmen, lehnen Sie denſelben lieber ab; denn an einer ſolchen Mehrheit für unſern Antrag liegt uns nichts. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Dr. Stadthagen (perſönliche Be⸗ merkung): Ich kann Herrn Kollegen Dr Borchardt gegenüber nur erklären, daß er die Verteidigung derjenigen, die dafür geſtimmt haben, doch beſſer denen überlaſſen ſollte, die dafür geſtimmt haben. Ich kann meinerſeits nur ſagen, daß ich mit meinem Zwiſchenruf: „Aus Verſehen“ keinem einzigen Kollegen habe einen Vorwurf machen wollen, ſondern nur die Sachlage habe feſtſtellen wollen, die allerdings ſo war, daß durch die eigentümlichen Verhältniſſe ein ſolcher Beſchluß zuſtande kam. (Stadtv. Hirſch: Alſo doch wegen des Feſteſſens! — Heiterkeit.) — Nein, nicht wegen des Feſteſſens! (Heiterkeit.) Stadtv. Meyer (perſönliche Bemerkung): Meine Herren, als einer von denen, die, ich will nicht ſagen, aus Verſehen, aber infolge der un⸗ zureichenden Klarſtellung dem früheren Antrage 50 Hirſch zugeſtimmt und alſo nach der Auffaſſung des Herrn Kollegen Dr Borchardt „lax“ gehandelt haben, möchte ich feſtſtellen, daß damals auch der Herr Kollege Hirſch der Anſicht war, daß es zu ſchnell gegangen ſei und man ſich eigentlich ein Urteil nicht bilden konnte. Denn er ſelbſt hat ſich vergeblich bemüht, nachträglich das Wort zur Be⸗ gründung ſeines Antrages zu erlangen. Wäre ihm das gelungen, ſo hätten wir vielleicht gegen den Antrag geſtimmt. Jedenfalls wird man uns keinen Vorwurf daraus machen können, wenn wir uns nachher orientiert haben und nun auf Grund der dabei gewonnenen Erkenntnis abſtimmen. (Sehr richtig! bei den Liberalen. — Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch (unter⸗ brechend): Das iſt keine perſönliche Be⸗ merkung mehr. Stadtv. Zietſch (zur Geſchäftsordnung): Ich möchte bemerken, daß über den Schlußantrag nicht abgeſtimmt worden iſt; die Debatte müßte alſo weiter gehen. Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Das iſt jetzt keine Bemerkung zur Geſchäftsordnung. Stadtv. Kaufmann (perſönliche Bemerkung): Ich möchte Herrn Kollegen Zietſch bemerken, daß ich nicht, um ihm einen Gefallen zu tun, in jener Sitzung ſo die Geſchäftsordnung handhabte, ſondern von dem Wunſche geleitet, unſere Geſchäfte über⸗ haupt möglichſt zu vereinfachen und nicht zu kom⸗ plizieren. Ein Widerſpruch aus der Verſammlung erfolgte dagegen nicht. Deshalb iſt die Angelegen⸗ heit damit abgetan. Mich hat lediglich der Wunſch geleitet, die Erledigung der Geſchäfte möglichſt zu vereinfachen. Stadtv. Dr. Borchardt (perſönliche Bemer⸗ kung): Meine Herren, nach den Darlegungen des Herrn Kollegen Meyer bitte ich Herrn Kollegen Dr Stadthagen ab: er hat die Mehrheit richtig ein⸗ geſchätzt. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten. — Heiterkeit.) Stadtv. Zietſch (perſönliche Bemerkung): Wenn ich vorhin geſagt habe, unſerm Empfinden nach hat der Herr Stadtverordnetenvorſteher uns entgegen⸗ kommen wollen durch die ſchnelle Erledigung der Angelegenheit in der erſten Sitzung dieſes Jahres, ſo haben mich die Ausführungen des Herrn Stadt⸗ verordnetenvorſtehers eines Beſſeren belehrt. Wenn ich das vorher gewußt hätte, ſo hätte mich das ver⸗ anlaßt, etwas ſchärfer gegen dieſe geſchäftsordnungs⸗ widrige Behandlung der Angelegenheit vorzugehen. (Stadtv. Dr Erüger: Das iſt doch wirklich nichts Perſönliches!) (Der Antrag der Stadtv. Zietſch und Gen. wird von der Verſammlung abgelehnt.) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Gegen die Vorſchläge des Wahlausſchuſſes ſind Einwendungen nicht erhoben worden. Ich ſchließe die öffentliche Sitzung. (Schluß der Sitzung 9 Uhr 5 Minuten. ) Druck von Adolf Gertz, G. m. b. H., Charlottenburg.