ee 52 denken in den Herzen der Bürger geſchaffen durch ſeine Mildtätigkeit, durch ſeine ſtete Bereitwilligkeit, wo Not iſt, einzuſpringen. Er hat ſich durch ſeine ganze Lebensführung als ein echter, treuer Bürger bewährt, und wir werden ihm ein Andenken in Ehren bewahren. — Sie haben ſich von Ihren Plätzen zu Ehren des Verſtorbenen erhoben; ich konſtantiere das. Es iſt ein dringlicher Antrag eingegangen, und zwar von Herrn Kollegen Zietſch und einer ge⸗ nügenden Anzahl von Kollegen: Zur Linderung der Folgen der Arbeits⸗ loſigkeit iſt von dem Dispoſitionsfonds ein beſonderer Fonds von 10 000 ℳ loszulöſen, aus welchem den zur Empfangnahme einer Unterſtützung ſich meldenden, unverſchuldet arbeitslos gewordenen Charlottenburger Ein⸗ wohnern, ſofern dieſelben einen eigenen Haushalt führen, eine Unterſtützung in bar zu gewähren iſt. Dieſe Unterſtützung trägt nicht den Cha⸗ rakter einer Armenunterſtützung. Wir werden im Laufe der Verhandlungen auf dieſen Gegenſtand zurückkommen. Ich werde dann zuerſt die Unterſtützungsfrage für die Dringlichkeit zu ſtellen haben. Vorerſt treten wir in die Tagesordnung ein. Punkt 1 der Tagesordnung: Vorlage betr. Nachbewilligungen beim Etat der Krankenanſtalten für 1908. Druckſache 52. Stadtv. Wilk: Meine Herren, dieſe Vorlage gibt uns Veranlaſſung, an den Herrn Magiſtrats⸗ vertreter die Frage zu richten, wie es ſich mit dem Fall verhält, der vor einigen Wochen durch ſämtliche Tageszeitungen gegangen iſt, die wiederum Ver⸗ anlaſſung genommen haben, auf einen Artitel einzugehen, der ſich in der Monatsſchrift „Neue Generation“ des Bundes für Mutterſchutz gefunden hat. Aus dieſem Artikel geht hervor, daß eine werdende Mutter ſich mit der Bitte um Hilfe an dieſen Verein gewendet hat. Die Leiterin der Zentrale in der Trautenauſtraße iſt mit dieſer Kranken ſofort nach dem Krankenhaus in der Kirch⸗ ſtraße gefahren, wurde aber dort nicht angenommen, und zwar deshalb nicht, weil die Kranke in Char⸗ lottenburg nicht ortsanſäſſig wäre. Die Begleiterin iſt daraufhin mit der Schwertranken nach dem Krankenhaus Weſtend gefahren; dort iſt ebenfalls die Aufnahme verweigert worden mit der Motivie⸗ rung, daß man im Krankenhauſe Weſtend keinerlei Einrichtungen zur Entbindung von Frauen habe; ſie wurde an die Unfallſtation verwieſen. Die Dame des Vereins für Mutterſchutz fuhr nunmehr mit der Schwererkrankten, die unterwegs ſchon mehrere Ohnmachtsanfälle erlitten hatte, wieder nach der Unfallſtation, und zwar wiederum nach der Kirchſtraße in das Krankenhaus, das ja beſonders für weibliche Perſonen eingerichtet iſt. In dieſer Unfallſtation in der Kirchſtraße fand ſie Aufnahme. Es wurde aber, ehe ſie überhaupt definitiv auf⸗ genommen wurde, bei dem Verein telephoniſch angefragt, wer für die Koſten aufkomme. Die Unfallſtation hat nachher — wohl jedenfalls durch die Vermittlung der Arzte — es durchgeſetzt, daß die Kranke in das eigentliche Krankenhaus in der Kirchſtraße aufgenommen wurde, wo ſie dann am nächſten Tage entbunden hat. Dieſer Vorgang hat allgemeines Aufſehen erregt und iſt durch ſämtliche Tageszeitungen gegangen. Es wurde auch, wie es hieß, eine offi⸗ zielle Berichtigung gebracht, in welcher der Vorgang, wie er in dieſem Heft der Zeitſchrift des Vereins dargeſtellt iſt, widerrufen wurde. Es hat aber daraufhin eine Verſammlung in Berlin in der Viktoriabrauerei in der Lützowſtraße ſtattgefunden, in welcher ſämtliche Punkte, die in der Vereins⸗ zeitſchrift wiedergegeben ſind, aufrechterhalten wur⸗ den. Es wurde da unter anderem auch bekannt gegeben, daß gegen die leitende Perſon dieſes Vereins eine Anklage eingereicht werden würde. Auf was die Anklage ſich gründet, konnten mir die Betreffenden noch nicht mitteilen, da ſie ſelbſt noch nicht genau davon unterrichtet ſind. Es iſt mir nur mitgeteilt, daß Anklage gegen ſie erhoben werden würde. Es wäre daher ſehr angebracht, wenn der Herr Magiſtratsvertreter uns darüber hier Auskunft geben würde. Stadtrat Boll: Meine Herren, die Sache hat ſich, wie folgt, zugetragen: Von dem Bunde für Mutterſchutz iſt eine Wöchnerin vor Weihnachten eines Abends etwa um 7 Uhr in einer Autodroſchke nach dem Krankenhauſe Weſtend gebracht worden. Im Krankenhaus Weſtend hat der betreffende Abteilungsoberarzt nach Unterſuchung der Patientin feſtgeſtellt, daß die Entbindung noch nicht dringend war, und man hat die Kranke von Weſtend nach der Kirchſtraße dirigiert, und zwar iſt ſie ſofort von einer Schweſter mit einem Rollſtuhl zu demſelben Auto geſchoben, das ſie gebracht hatte, und das noch vor der Tür hielt, dann nach der Kirchſtraße gefahren worden, nach 20 Minuten dort angekommen und dort ohne weiteres aufgenommen worden. (Zuruf: Das erſte Mal?) — Nein, ſie iſt zuerſt nach Weſtend gekommen — die Tatſachen ſind feſtgeſtellt und werden aufrecht erhalten —, und die Begleiterin der Kranken, Frau Schulz, hat ſogar noch geſagt, warum ſie nicht gleich vom Mutterſchutz nach der Kirchſtraße dirigiert wäre, wo doch eine beſondere Entbindungsanſtalt wäre; lurzum, ſie iſt von Weſtend, da keine dringende Gefahr vorlag, nach der richtigen Stelle in der Kirchſtraße geſchickt worden, dort ſofort aufge⸗ nommen worden und hat dort erſt am folgenden Tage um 10 Uhr entbunden. Eine Unfallſtation oder etwas Ahnliches hat in der Sache gar nicht mitgewirkt. Wir haben den Tatbeſtand der Depu⸗ tation und dem Magiſtrat mitgeteilt; wir haben, da die Behauptungen des Mutterſchutzes in den Zeitungen grobe Beleidigungen enthalten, Straf⸗ antrag gegen die Zeitung des Mutterſchutzes und die Verfaſſerin des ſtrafbaren Artikels, Frau Ruth Bree, geſtellt. Außerdem haben wir feſtgeſtellt, durch welche Zeitungen die Notiz gegangen iſt, und haben ihnen allen Berichtigungen geſchickt. In der Verſammlung, die Sie vorhin erwähn⸗ ten, ſind nun allerdings zu unſerer großen Ver⸗ wunderung die urſprünglichen Angaben aufrecht erhalten worden, trotzdem wir und die Arzte alle Tatſachen ſo feſtgeſtellt haben, wie ich ſie hier vor⸗ getragen habe. Wir vermuten, daß die falſchen Angaben aufrechterhalten werden, um der Ver⸗ faſſerin zu Hilfe zu kommen und ſagen zu können, daß ſie in gutem Glauben gehandelt hätte, und um ſo die Strafe herabzumindern; anders iſt die Sache gar nicht zu verſtehen. Wir halten alſo die Tatſachen, die ich hier in der Berichtigung mitgeteilt habe, die in der De⸗ putation und im Magiſtrat näher feſtgeſtellt ſind,