voll aufrecht und erwarten die gerichtliche Feſt⸗ ſtellung der einzelnen Punkte. Stadtv. Jaſtrow: Ich wollte an den Herrn Dezernenten die Frage ſtellen, ob eine Möglichkeit vorhanden iſt, daß die Krante zuerſt in der Kirch⸗ ſtraße geweſen iſt und dort abgewieſen wurde — und zwar nicht von ärztlicher Seite, ſondern vielleicht von einem ganz Unberufenen. Es iſt doch immerhin merkwürdig, daß von der anderen Seite ſo feſt behauptet wird, daß die Kranke zuerſt in der Kirchſtraße war. Es wäre doch wichtig, darüber eine Aufklärung zu bekommen, ob die Kranke dort geweſen iſt und von irgend einer Stelle abgewieſen iſt, ohne daß die Arzte überhaupt etwas davon erfahren haben; denn ſonſt iſt die Angelegenheit gar nicht zu verſtehen. Von allen denjenigen, die daran beteiligt ſind, wird behauptet, daß ſie zuerſt in der Kirchſtraße war: der Chauffeur ſoll es ſagen, die Frau, die die Kranke begleitet hat, und die Kranke ſelbſt ſoll es behaupten. Nun kann es ja allerdings ſein, daß ſolche Leute etwas be⸗ haupten, was gar nicht vorgekommen iſt; aber die Möglichteit, daß die Kranke, ohne daß die Arzte etwas davon erfahren haben, zuerſt in der Kirch⸗ ſtraße geweſen iſt, kann doch vorhanden ſein; daher wäre es für die Offentlichkeit gut, eine Aufklärung darüber zu erhalten. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, die Angelegenheit iſt in ſehr weite Kreiſe gedrungen. Wir haben ganze Stöße von Zeitungsnotizen aus allen Gegenden des Deutſchen Reiches geſammelt, wo dieſer Fall „Geboren am Weihnachtsabend“ im Sinne der Artikelſchreiberin breit getreten worden iſt. Wir haben ein berechtigtes und be⸗ gründetes Intereſſe daran, daß dieſer Fall mit der minutiöſeſten Genauigkeit behandelt wird, daß nicht nur mit „Möglichkeiten“ gerechnet wird, mit denen der Herr Stadtverordnete Jaſtrow hier operiert, ſondern daß der Hergang ſo zuverläſſig wie nur möglich ermittelt wird. Deshalb haben wir uns veranlaßt geſehen, Strafantrag gegen die Ar⸗ tikelſchreiberin zu ſtellen, damit dieſer Fall vor Gericht mit aller Genauigkeit erörtert wird. Ich möchte Sie bitten, der Feſtſtellung vor Gericht nicht vorzugreifen; denn wir können vorläufig nur mit vagen Vermutungen operieren, während wir dieſem Artikel poſitive Tatſachen entgegenſtellen müſſen. Ich hoffe, die Verhandlung vor Gericht wird uns Gelegenheit geben, unſere Behauptungen zu erweiſen und die Behauptungen der Gegnerin zu widerlegen. Im umgekehrten Falle würden wir natürlich geeignete Maßnahmen zu treffen haben, daß ſo etwas nicht wieder vorkommen kann. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Ma⸗ giſtrats, wie folgt: Beim Ordinarium des Hauptetats Kapitel vI Abſchn. 2 — Krankenhaus Kirchſtraße — für 1908 werden nachbewilligt: Nr. 14 — Heizungs⸗ und Brenn⸗ vorräte — 1 242 Nr. 22 — Koſten für die Beför⸗ derung von Kranken bei Verlegungen von und nach der Hauptanſtalt 000 ℳ 350 53. —— Vorſteher Kaufmann: Ich möchte noch nach⸗ träglich mitteilen, daß die Beerdigung des ver⸗ ſtorbenen Stadtälteſten Toebelmann morgen Nach⸗ mittag um 4 Uhr auf dem Matthäikirchhof, Groß⸗ görſchenſtraße, ſtattfindet. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß alle Herren, die nicht dringend verhindert ſind, an der Beerdigung teilnehmen werden. Es iſt noch ein dringlicher Antrag von Herrn Kollegen Schwarz mit genügender Unterſtützung eingegangen: Die Stadtverordnetenverſammlung er⸗ ſucht den Magiſtrat, für die Uberſchwemmten im Elbegebiet ſofort 3 000 ℳ zur Verfügung zu ſtellen. Wir werden jetzt für beide Anträge die Dring⸗ lichkeitsfrage zur Erledigung bringen. Nach § 17 unſerer Geſchäftsordnung kann über Anträge von Mitgliedern, die nicht mindeſtens zwei Tage vorher in den Händen der Mitglieder der Verſammlung geweſen ſind, nur verhandelt werden, wenn deren Dringlichkeit von dem Magiſtrat oder von 10 Mitgliedern beantragt und von der Verſammlung beſchloſſen iſt. Selb⸗ ſtändige Anträge von Mitgliedern oder Vor⸗ lagen des Magiſtrats, welche nicht vor der Sitzung zur Kenntnis der Verſammlung ge⸗ bracht ſind, dürfen in der Sitzung, in welcher ſie eingebracht ſind, nur dann zur Beratung gelangen, wenn hiergegen von keinem Mit⸗ 1124 oder dem Magiſtrat Einſpruch erhoben wird. Der Antrag Zietſch iſt mit 10 Unterſchriften verſehen, iſt alſo bereits mit genügender Unter⸗ ſtützung geſtellt. Ich ſtelle jetzt die Frage, ob gegen die Dringlichkeit Einſpruch erhoben wird. *. Stadtv. Otto (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren, der Antrag kommt uns überraſchend, um ſo überraſchender, als wir die Sache der Arbeits⸗ loſen ja einer Deputation überwieſen haben. Wenn auch dieſe Deputation in erſter Linie die Aufgabe hat, die theoretiſche Seite der Angelegenheit zu prüfen, ſo bitten wir doch, zu ihr das Vertrauen zu hegen, daß ſie, wenn ein ſo großer Notſtand vorliegt, wie ihn dieſer Antrag vermuten läßt, auch ihrerſeits an die Verſammlung mit Anträgen heran⸗ treten würde, oder daß das mindeſtens vom Ma⸗ giſtrat geſchähe. Da das nicht der Fall iſt, ſind wir nicht in der Lage, die Dringlichkeit zu unter⸗ ſtützen. Wir widerſprechen der Dringlichkeit des Antrages. Stadtv. Zietſch: Meine Herren, gegenüber den Ausführungen des Herrn Stadtv. Otto möchte ich betonen, daß wir mit unſerm Antrag durchaus nicht in die Kompetenzen der gemiſchten Depu⸗ tation zur Beratung der Arbeitsloſenfürſorge ein⸗ gegriffen haben. Ich ſtelle hier dem Widerſpruch der Herren von der liberalen Fraktion gegenüber nur feſt, daß die gemiſchte Deputation ſich über⸗ haupt nicht mit den aktuellen Fragen der Arbeitsloſenfürſorge beſchäftigen ſoll, ſondern ihre Beratungen haben nur Bezug auf eventuell für die Zukunft vorgeſehene dauernde Einrichtungen. Des⸗ halb mußten wir aber dieſen Antrag ſtellen, der einer gegenwärtigen Notlage Einhalt tun ſoll. Wenn der Widerſpruch nicht zurückgezogen wird, können wir leider die Hinausſchiebung der Beratung dieſes 5 35) .) Antrages nicht verhindern, aber wir bedauern, daß zuſammen