—— 68 Tempo vorgenommen haben, weil ſie uns dazu geführt haben, jetzt im Vollbeſitz aller jener An⸗ ſtalten zu ſein. Wenn wir nunmehr notgedrungen den Verhältniſſen Rechnung tragen und ſagen: wir müſſen jetzt ein langſames Tempo einſchlagen, Ich ſo wird das ſo lange der Fall ſein, bis eine gemein⸗ ſchaftliche Beſteuerung Groß⸗Berlins, die ja un⸗ abweisbar kommen wird und muß — wird es nicht in einem Jahre ſein, dann ſicher in zwei oder drei Jahren, wenn jene Gemeinden reif geworden ſein werden —, bis eine gemeinſchaftliche Beſteuerung uns eine gleichmäßige Erhöhung bringen wird. Die einzig gerechte Ausgleichsſteuer iſt dann ſchließlich die Einkommenſteuer, die von jedem nach ſeinen Kräften getragen wird. (Bravo! bei den Liberalen.) Ich beantrage ſchließlich, meine Herren, den Etat wie bisher an einen Ausſchuß von 15 Mit⸗ gliedern unter gleichzeitiger Ernennung von 15 Stell⸗ vertretern zu überweiſen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren, wir alle werden es wohl dem Herrn Kämmerer nachfühlen, wie unangenehm es ihm geweſen iſt, einen derartigen ſchlechten Etat vor uns zu vertreten. Um ſo mehr erkenne ich an, daß der Herr Kämmerer ſich bemüht hat, uns reinen Wein einzuſchenken. Ia, ich hatte ſogar an einigen Stellen ſeiner Ausführungen den Eindruck, als ob er noch etwas zu ſchwarz gemalt hat, wenigſtens ſoweit die Ausſichten für die Zukunft in Betracht kamen. In der Beurteilung der gegenwärtigen Finanzlage ſtimme ich mit dem Herrn Kämmerer vollkommen überein. Ich bin da ſogar der Anſicht, daß in einigen Punkten ſeine Erwartungen nicht eintreffen werden. Meine Herren, Sie ſehen, daß die Einnahmen aus den Einkommenſteuern nach dem Voranſchlage 214 000 ℳ mehr bringen ſollen. Ich zweifle daran, daß eine ſo hohe Summe einkommen wird, namentlich wenn ich bedenke, daß der Herr Kämmerer uns vorhin ſelbſt ausgeführt hat, daß bereits im Jahre 1908 die Einkommenſteuer um 430 000 ℳ hinter dem Voranſchlage zurückgeblieben iſt. Nun iſt aber doch ſeit dieſer Zeit die wirtſchaftliche Lage wahrhaftig nicht beſſer geworden. Die Zunahme der Bevölkerung hat auch nicht einen ſo hohen Grad erreicht, daß wir darauf rechnen können, daß tatſächlich die 214 000 ℳ., die der Magiſtrat annimmt, mehr einkommen werden. Ebenſo un⸗ wahrſcheinlich iſt es mir, daß wir die erwarteten Mehreinnahmen aus den Gaswerken bekommen werden. Jedenfalls aber können wir abwarten — wir werden ja am Ende des Jahres ſehen, wer recht gehabt hat. Es ſcheint mir auch nicht bei den Einkommen⸗ ſteuern berückſichtigt zu ſein, daß jetzt infolge der Anderung des Einkommenſteuergeſetzes auch die Abzüge auf Grund des Kinderprivilegs ganz erheblich ſein werden. Es iſt leider aus der uns zugegangenen Statiſtik nicht zu erſehen, wie ſchwer dadurch die Stadt Charlottenburg belaſtet wird. Wenn man aber bedenkt, daß die Mehrausgaben für den ganzen Staat allein 6 Millionen betragen, ſo wird man wohl annehmen können, daß eine nicht ganz unbeträchtliche Summe auch auf Char⸗ lottenburg entfällt. (Zuruf vom Magiſtratstiſch.) — Die Me h r ausgabe ſoll 6 Millionen betragen; zu den jetzigen 10 Millionen kommen noch 6 hinzu, im ganzen ſind es alſo 16. Dann iſt der Herr Kämmerer auch auf die ſtaatlichen Geſetze eingegangen und hat gemeint, daß die ſtaatlichen Geſetze unſeren Etat doch nicht ſo ſehr belaſten, wie man vielfach annehme. erlaube mir, da etwas anderer Meinung zu ſein. Allerdings folge ich nicht denen, die da ſagen, daß wir die Aufbeſſerung unſerer Beamtengehälter und die Aufbeſſerung unſerer Lehrergehälter nur vornehmen, weil der Staat das verlange und der Staat bezüglich der Beamtengehälter vorange⸗ gangen iſt. Ich bin überzeugt, wir würden, ſelbſt wenn der Staat die Gehälter ſeiner Beamten nicht erhöht hätte, trotzdem es für unſere Pflicht gehalten haben, die Gehälter unſerer Beamten zu erhöhen. (Sehr richtig!) Was ich mit den Belaſtungen durch ſtaatliche Geſetze meine, liegt auf einem ganz andern Gebiet. Es zeigt ſich, daß di e gan ze Geſetzge bun g der letzten Jahre mehr und mehr da zu geführt hat, den Städten neue Laſten aufzulegen bzw. ihnen Vorteile, die ſie bis dahin von dem Staat erhalten hatten, zu nehmen. Durch das neue Lehrer⸗ be ſoldungsgeſetz werden uns allein die bisherigen Staatszuſchüſſe in Höhe von ca⸗ 30 000 ℳ genommen werden. Das Polize i ko ſt en⸗ ge ſe tz erfordert, wie bereits erwähnt, 150 000 ℳ mehr Unkoſten. Rechte haben wir dafür allerdings, nebenbei bemerkt, gar keine. Wir können noch ſoviel Reſolutionen annehmen, daß wir mehr Polizeimannſchaften für den Sicherheitsdienſt der Stadt haben wollen, daran braucht ſich die Staats⸗ regierung gar nicht zu kehren. Wir haben einfach zu zahlen — ſchreien können wir im übrigen ja, aber auch nicht allzu laut. — Dazu kommt noch eine Reihe anderer Staatsgeſetze, die uns zwar nicht direkte Laſten auferlegen, die aber doch eine gewiſſe Enttäuſchung bei den ſtädtiſchen Körper⸗ ſchaften hervorgerufen haben. Es iſt ja ein offenes Geheimnis, daß die Kämmerer ſämtlicher Städte darauf gerechnet haben, daß das Einkommen⸗ ſteuergeſetz ſo abgeändert wird, daß auch die Kommunen imſtande ſind, ihrerſeits zu den höheren ſtaatlichen Steuern Zuſchläge zu erheben. Sie wiſſen aber, daß tatſächlich dieſe Erwartungen ſich nicht erfüllt haben. Der Staat erhebt allerdings Steuerzuſchläge, den Gemeinden iſt es aber aus⸗ drücklich verboten, von den erhöhten Steuern Zuſchläge zu nehmen. Die Kämmerer einer ganzen Reihe von Städten haben bereits mit den erhöhten Zuſchlägen als mit einer feſtſtehenden Einnahme gerechnet. Ich erinnere Sie weiter an das Geſetz über das Steuerprivileg der Beamten. Ich glaube, hier in dieſem Saale haben wir es wiederholt von dem Herrn Kämmerer ausſprechen hören, daß, wenn die Vorlage erſt Geſetz wird, allein durch die Aufhebung dieſes Privilegs uns eine, Einnahme von, wenn ich nicht irre, 600 000 ℳ zufallen würde⸗ Und was iſt davon geblieben? Nicht ein Pfennig. Regierung und Landtag haben es ſehr wohl ver⸗ ſtanden, das Geſetz ſo abzufaſſen, daß die Kommunen nach wie vor gezwungen ſind, einen Teil des Gehalts für die ſtaatlichen Beamten mit zu be⸗ zahlen. Denn darauf kommt ja das Kommunal⸗ ſteuerprivileg hinaus. Vorläufig bekommen wir durch das Geſetz ſo gut wie nichts; es wird vielleicht in 30 Jahren einmal ſeine volle Wirkſamkeit entfalten. %