von Schöneberg in dieſer Frage an den Tag gelegt haben? Hier in Charlottenburg haben Sie ſich geweigert, die Gewerkſchaften für ihre Zählung zu unterſtützen. (Sehr richtig! bei den Liberalen.) In Schöneberg hat der Herr Oberbürgermeiſter ſelbſt warm für eine derartige Unterſtützung plädiert. Da ſehen Sie, meine Herren, wieweit Sie im Laufe der Jahre zurückgekommen ſind, (ſehr richtig! bei den Sozialdemokraten; Lachen bei den Liberalen) und wie wenig Sie heute noch berechtigt ſind, ſich Ihrer ſozialen Fürſorge zu rühmen. Der Herr Vorſteher hat von der Wohnungs⸗ frage und Wohnungsinſpektion ge⸗ ſprochen. Das iſt auch ſo ein Lied, das man nun ſeit 10 Jahren in der Stadtverordnetenverſammlung ſingen hört. Aber weiter auch nichts. Machen Sie doch endlich einmal einen ernſten Schritt auf dieſem Gebiete! Vor vier, fünf Jahren wurde uns geſagt: es iſt alles ſehr ſchön ausgearbeitet. Möglich iſt es ja, daß irgendwo Akten liegen, in denen die Grundzüge einer Wohnungsinſpettion entworfen ſind. Bloß damit iſt noch nichts erreicht. Selbſt wenn die Wohnungsinſpektion ins Leben tritt, ſo iſt damit noch nicht viel gewonnen, wenn nicht ne benher noch Maßnahmen zur Schaffung von Wohnungen gehen. Es wird geſagt, augenblicklich haben wir eine große Zahl leerſtehender Wohnungen. Meine Herren, was ſind das für Wohnungen? Das ſind nicht Wohnungen für die minder bemittel⸗ ten Schichten, (Zuruf: Doch!) — nicht Wohnungen für die minder bemittelten Schichten der Bevölkerung. (Zuruf bei den Liberalen.) — Na, in Ihrem Hauſe vielleicht, Herr Kollege⸗ Wenn Herr Kollege Schwarz einem freundlich zuwinkt, dann weiß man, daß einer ſeiner Mieter gekündigt hat (Heiterkeit) und daß er daraus auf einen koloſſalen Wohnungs⸗ überſchuß ſchließt. (Heiterkeit.) Man muß ſich doch etwas eingehender mit der Sache beſchäftigen. Die Statiſtik beweiſt, daß tatſächlich die Zahl der leerſtehenden Wohnungen für die minder bemittelten Kreiſe nicht allzu groß iſt. Aber ſelbſt, wenn die Zahl heute normal wäre, ſelbſt dann ſind die Wohnungen ſo teuer, daß tatſächlich der Lebensunterhalt einer großen Anzahl von Familien nicht ausreicht, um ſich menſchen⸗ würdige Wohnungen zu beſchaffen. Sie dürfen auch nicht vergeſſen, daß unter den Wohnungen, die bewohnt ſind, ſich eine ganze Reihe von ſolchen befindet, die kaum auf den Namen menſchliche Behauſung Anſpruch erheben tönnen. Sehen Sie ſich einmal verſchiedene Armenwohnungen in Charlottenburg an! Da werden Sie finden, wie es damit ausſieht. Nun heißt es: Wohnungsinſpektion. Bei einer Woh⸗ nungsinſpektion würden zweifellos ſolche Wohnun⸗ gen und ein ganz Teil anderer geräumt werden müſſen. Dann würde der Vorrat von leerſtehenden Wohnungen ſehr bald verſchwinden. Wenn wir augenblicklich einen größeren Vorrat von leer⸗ ſtehenden Wohnungen haben, ſo hängt das mit der ganzen wirtſchaftlichen Lage zuſammen. Sie werden immer finden, daß in Zeiten einer wirtſchaft⸗ lichen Depreſſion keine Wohnungsnot vorhanden iſt. 70 — Aber mit dem Augenblick, wo die Konjunktur wieder anſchwillt, wo wir wieder einen wirtſchaft⸗ lichen Aufſchwung haben, werden wir in Charlotten⸗ burg zweifellos auch wieder eine Wohnungsnot haben. Deswegen ſage ich, es wäre unſere Pflicht, beizeiten Fürſorge zu treffen, damit nicht wieder ſolche Zuſtände eintreten, wie wir ſie zu Beginn dieſes Jahrhunderts in Charlottenburg erlebt haben. Meine Herren, ich komme hier bei dem Punkt Sozialpolitik auf die Forderungen der ſt äd tiſchen Arbeiter. Die ſtädtiſchen Ar⸗ beiter haben bereits zum vorjährigen Etat ſehr beſcheidene Anträge bei der Stadtverordneten⸗ verſammlung und dem Magiſtrat eingereicht. Es iſt ihnen nicht einmal eine Antwort darauf zuteil geworden. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Den Hausagrariern wäre wahrſcheinlich ſofort eine Antwort erteilt worden. Die Arbeiter haben nun ihre Anträge wiederholt. Es ſind das im weſent⸗ lichen die Forderungen, die auch wir zu wieder⸗ holten Malen in der Stadtverordnetenverſammlung in Form von Anträgen geſtellt haben, Forderungen alſo, wie ſie beſcheidener überhaupt nicht gedacht werden können. Ich kann erklären, daß wir alles daran ſetzen werden, endlich einmal die Erfüllung dieſer Forderungen zu erreichen. Sie haben ja kürzlich im Prinzip Ihre Sympathie für eine Ver⸗ kürzung der Arbeitszeit ausgeſprochen. Das iſt meiner Meinung nach eine der allerwichtigſten Forderungen. Eine ganze Reihe von Städten hat bereits die Verkürzung der Arbeitszeit für ihre ſtädtiſchen Arbeiter eingeführt. Ich will auf dieſe Frage heute nicht näher eingehen, ich behalte mir vor, bei der ſpeziellen Beratung des Etats darauf zurückzukommen. Ich möchte nur den Herren, namentlich den Herren vom Magiſtrat, die aus⸗ gerechnet haben, daß eine Verkürzung der Arbeits⸗ zeit ſo koloſſal viel koſtet — 160 000 ℳ wurde uns ausgerechnet —, den Rat geben, ſich einmal den Bericht zu verſchaffen, der kürzlich über die Ver⸗ kürzung der Arbeitszeit in den württembergiſchen Staatsbetrieben erſchienen iſt. Da wurde das getan, was wir leider in Charlottenburg vergebens bisher erſtrebt haben: die Arbeitszeit wurde von 10 auf 9 Stunden herabgeſetzt. Als der Antrag geſtellt wurde, erhob ſich dasſelbe Geſchrei wie bei uns. Es wurde geſagt: das koſtet 2½ Millionen. Was hat ſich gezeigt? Für einen großen Teil der Arbeiter, nämlich für alle die, die im Stücklohn arbeiten, haben ſich überhaupt keine Mehrkoſten ergeben und für die andern Arbeiter nur ein Auf⸗ wand von im ganzen 17 000 “. Wenn Sie das auf Charlottenburger Verhältniſſe umrechnen, dann werden Sie einſehen, daß die Mehrbelaſtung des Etats nur ganz minimal ſein wird. Ebenſo werden wir daran feſthalten, daß endlich den Arbeitern ein auskömmlicher Lohn zugeſichert wird. Wir haben in Charlottenburg in den ſtädtiſchen Betrieben noch eine ganze Reihe von Arbeitern, die nicht einmal das Exiſtenzminimum an Lohn er⸗ reichen. Meine Herren, wir können nicht verlangen, daß die ſtädtiſchen Arbeiter darauf Rückſicht nehmen, daß augenblicklich die Finanzlage der Stadt ſchlecht iſt. Denn die ſtädtiſchen Arbeiter haben ja gar teinen Vorteil davon, wenn die Konjunktur gut iſt. Wir haben ihnen in Zeiten guter Konjunktur nicht etwa geſagt: jetzt geht es uns gut, wir haben rieſige Uberſchüſſe, alſo ſollen auch die Arbeiter davon be⸗ kommen. Nein, die Löhne der ſtädtiſchen Arbeiter