—— 71 —— ſind in guten Zeiten nicht geſtiegen. Recht haben ſie darauf, daß endlich jetzt, wo die Lebensverhältniſſe gewaltig teurer geworden ſind, ihre Löhne aufgebeſſert werden, ſo wie es den heutigen Verhältniſſen entſpricht. Meine Herren, es iſt ja im Etat 1 Million für die Aufbeſſerung der Löhne der Arbeiter und für Erhöhung der Beamten⸗ beſoldungen eingeſtellt. Ich möchte hierbei gleich betonen, daß wir auf dem Standpunkt ſtehen, daß in erſter Linie die Löhne der Arbeiter und die Gehälter der Unterbeamten aufzubeſſern ſind. Wieweit wir in der Aufbeſſerung der Gehälter für die mittleren Beamten gehen, will ich heute noch nicht ſagen. Aber das eine kann ich von vornherein erklären: auf keinen Fall werden wir für die Ge⸗ hälter der höheren Beamten auch nur einen Pfennig bewilligen. Die Gehälter unſerer höheren Be⸗ amten ſind weit, weit höher als die entſprechenden Gehälter für die gleichen Kategorien von Beamten im Staat — wir haben da teilweiſe das Doppelte wie ähnliche Kategorien von Staatsbeamten —, ſo daß wir wirklich keinen Anlaß haben, in einer Zeit, in der uns ein ſo magerer Etat überreicht werden muß, die Gehälter gewaltig zu erhöhen. Meine Herren, wir werden auch trotz der ſchlechten Finanzlage an den Forderungen feſt⸗ halten, die wir jedes Jahr aufgeſtellt haben, weil wir ſie für prinzipielle Forderungen halten. Das iſt einmal die Forderung der unentgeltlichen Lieferung der Lernmittel. Dann die Forderung der Ausdehnung der Schulſpei⸗ ſunge n. Erfreulich iſt es, daß die Waldſchule in dieſem Jahre länger offen gehalten werden ſoll. Was dann die geſamten Ausgaben für unſere Volksſchule betrifft, ſo ſtehe ich auch da nicht auf dem Standpunkt, daß hier die Aufwendungen ſo ge⸗ waltig ſind, wie es vielfach hingeſtellt worden iſt. Wir haben — ich ſehe von den Einnahmen ganz ab — im ganzen Kapitel III 3,3 Millionen an Aus⸗ gaben eingeſtellt. Das ſind aber nicht nur die Ge⸗ meindeſchulen, ſondern das ſind auch die höheren Mädchenſchulen und die Bürgermädchenſchule, die zuſammen dieſe Ausgaben von 3,3 Millionen er⸗ fordern. Dagegen haben wir allein für die höheren Schulen, Gymnaſium, Realſchule uſw. eine Million in den Etat eingeſtellt. Wenn Sie die Zahl der Schüler, die die Volksſchule beſuchen, und anderſeits die Zahl der Schüler, die die höheren Schulen beſuchen, vergleichen und das Verhältnis zu den 3,3 Millionen bzw. zu der einen Million herausrechnen, dann wird ſich zeigen, daß die Aufwendungen für die Kinder der höheren Schulen gan z gewaltig höher ſind als die Aufwendungen für die Kinder der Gemeindeſchulen. Aber auf andern Gebieten wäre allerdings Sparſamkeit geboten, und das um ſo mehr, als der Dispoſitionsfonds für Nachbewilligungen und nicht vorgeſehene Fälle nur 450 000 ℳ beträgt, ja, er ſoll nach neueren Angaben des Herrn Kämmerers jetzt bereits auf 400 000 ℳ eingeſchrumpft ſein. Da wäre es doch angebracht, daß wir einmal e t was weniger freigebig ſind in der Be⸗ willigung für allerhand Z3wecke, d ie mit den Aufga ben der Stadt abſolut nichts zu tun haben. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Mit einer gewiſſen Hurraſtimmung wird hier, ſowie derartige Vorlagen des Magiſtrats kommen, ohne weiteres die Bewilligung ausgeſprochen. Ich habe Um ſo mehr bereits vorhin auf die Summen hingewieſen, die wir für Bodelſchwinghſche Pläne vergeudet haben. (Unruhe und Zurufe.) — Ich behaupte, jeder Pfennig, den wir dafür ge⸗ geben haben, iſt vergeudet. (Stadtv. Kaufmann: Mit Ihrer Zuſtimmung!) — Bitte ſehr, nicht mit unſerer Zuſtimmung, unter unſerm Proteſt! — (Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Herr Kollege, Sie dürfen den Ausdruck „wir haben vergeudet“ entſchieden nicht gebrauchen. Stadtv. Hirſch: Jedenfalls haben wir das Geld für unnütze Zwecke verwendet. Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch (unter⸗ brechend): Sie dürfen auch nicht ſagen, daß die Stadtverordneten Gelder zu unnützen Zwecken verwenden. Stadtv. Hirſch: Man muß doch die Wahrheit ſagen. Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Aber ſo, daß man im parlamentariſchen Rahmen bleibt. Stadtv. Hirſch (fortfahrend): Was ich ſagen will, wiſſen die Herren. Ich muß aber proteſtieren, wenn Herr Kollege Kaufmann zwiſchenruft: mit unſerer Zuſtimmung. Ich bitte Sie, die ſteno⸗ graphiſchen Berichte durchzuleſen; Sie werden finden, daß wir ſtets und ſtändig vom erſten bis zum letzten Male, wo Summen dafür bewilligt worden ſind, dagegen geſprochen und geſtimmt haben, nicht nur im Plenum, ſondern auch im Ausſchuß. Das läßt ſich aktenmäßig nachweiſen. Ich hoffe, daß Sie ſich bis zur zweiten Etats⸗ beratung davon überzeugt haben werden. Es wird auch einmal notwendig ſein, daß wir die vielen Vereine, denen wir Zuſchüſſe gewähren, etwas genauer prüfen. Vielleicht laſſen ſich auch hier und da noch Abſtriche machen. Es iſt ja ſehr ſchön, wenn man freigebig iſt; aber wenn es einem ſo ſchlecht geht wie der Stadt Charlottenburg, dann wäre es vielleicht richtiger, man ließe ſich von anderen helfen, als daß wir von unſeren Gel⸗ dern noch etwas hingeben. Nun hat der Herr Vorſteher von einer Auf⸗ päppelung einer ſteuerkräftigen Bevölkerung ge⸗ ſprochen. (Stadtv. Kaufmann: Der Stadtgebiete!) — Das war ja nicht ſo wörtlich gemeint. Was dieſe ſteuerkräftige Bevölkerung betrifft, ſo glaube ich, allzu große Hoffnungen ſollen wir darauf auch nicht ſetzen. Wir werden zunächſt gewaltige Summen ausgeben, um ſteuerkräftige Mitbürger heranzuziehen, aber, meine Herren, gerade die ſteuerkräftigſten Elemente erweiſen ſich dann als diejenigen, die gewöhnlich das allergeringſte In⸗ tereſſe an der Stadt haben. (Zuruf: Sie müſſen zahlen!) — Natürlich, ſie müſſen Steuern zahlen. (Zuruf: Das iſt doch die Hauptſache!) — Aber ſie werden auch ſehr bald den Staub von , wieder von ihren Pantoffeln ſchüt⸗ eln. (Stadtv. Kaufmann: Bis jetzt ſind noch alle da!)