— Nein, wir haben eine ganze Reihe ſchon ver⸗ loren. Aus Ihren weiteren Ausführungen ging hervor, daß wir eine ganze Reihe an Wilmersdorf abgegeben haben. Sehen Sie einmal nach, ob tatſächlich die ſteuerkräftigen Leute in Charlotten⸗ burg bleiben, ob es ihnen hier ſo gut gefällt. Gerade die ſteuerträftigen Elemente ſind diejenigen, die ſich genau ausrechnen, wo 10 % weniger an Steuern erhoben werden, und dann dorthin ziehen. Nun glaubt der Herr Kämmerer, daß wir diesmal noch mit 100 % auskommen werden. Ob das auf die Dauer möglich ſein wird, erſcheint, glaube ich, uns allen fraglich. Auch der Herr Vor⸗ ſteher hat ja durchblicken laſſen, daß einſt die Zeit kommen wird, wo die Gemeinden von Groß⸗ Berlin einheitlich ihre Steuern über 100 % hinaus erhöhen werden. Meine Herren, ob wirklich eine ſolche Einheitlichteit der Berliner Gemeinden zu⸗ ſtande kommt, das wage ich nicht zu entſcheiden. Heute zeigt es ſich leider, daß zwiſchen ein⸗ zelnen Gemeinden eine ge wiſſe Konkurrenz beſteht, daß die eine die andere immer unterbieten will, um die reichen Leute zu ſich zu zie he n. In dieſer Beziehung tut ſich ja ganz beſonders eine Gemeinde hervor, die der Herr Vor⸗ ſteher auch genannt hat. Es iſt ja ſehr leicht, mit 90%% auszukommen wie Wilmersdorf, wenn man einfach alles, was auf ſozialem Gebiete notwendig iſt, unterläßt. Wenn man überhaupt nichts tut, dann kann man vielleicht mit noch weniger aus⸗ kommen. Aber ich hoffe, daß Charlottenburg einen ſolchen Standpunkt nicht einnimmt, ſondern daß wir ſagen: wir müſſen zunächſt unſere Auf⸗ gaben erfüllen; woher wir die Gelder bekommen, das iſt dann die zweite Frage. Meine Herren, ich würde gar nicht davor zurückſcheuen, wenn es not⸗ wendig iſt, die Steuer auch über 100% zu erhöhen. Ich habe das bereits das vorige Mal erklärt. Ich din ja dafür in der Preſſe gehörig mitgenommen worden. Es iſt da ſo hingeſtellt worden, als ob ich für eine Erhöhung der Steuer eingetreten wäre, als ob, wenn wir zur Herrſchaft kommen, die Bürger von Charlottenburg ſofort das Doppelte an Steuern zu zahlen haben würden. Auf derartige törichte und unſinnige Anwürfe gebe ich nichts. Jedenfalls iſt mein prinzipieller Standpunkt, daß wir, wenn es notwendig iſt, vor einer Erhöhung des Steuerzuſchlags auch über 100% nicht zurück⸗ ſchrecken dürfen. Der Grund, der früher geltend gemacht worden iſt, daß dann der Etat der Re⸗ gierung zur Genehmigung überreicht werden müſſe, iſt vollſtändig hinfällig geworden. Wir müſſen unſern Etat heute der Regierung auch zur Ge⸗ nehmigung einreichen. Natürlich müſſen wir nach andern Steuern ſuchen. Da möchte ich aber dringend davor warnen, daß etwa der Magiſtrat uns wieder mit ſolchem ungeheuer kommt, wie es die ſelige Schank⸗ konzeſſionsſteuer war. (Sehr richtig!) Der Herr Kämmerer ſcheint noch eine gewiſſe Vorliebe dafür zu haben. Ich hoffe aber, daß die Stadtverordnetenverſammlung, wenn dieſe Vor⸗ lage wiederkommt, ihr dasſelbe Schickſal bereitet wie der vorjährigen Vorlage. Was will denn das ſagen, daß 28 Städte eine Schankkonzeſſionsſteuer eingeführt haben (Zuruf vom Magiſtratstiſch: 77 In einem Jahr!) 72 — in einem Jahr — und was für Städte: München⸗ Gladbach und ähnliche, in denen, fürchte ich, die Schanktonzeſſionsſteuer nicht eingeführt worden iſt, um der Stadt Geld zuzuſchanzen, ſondern weil man geglaubt hat, dadurch die Trunkſucht etwas einſchränken zu können. Das war auch damals der Grund, den der Magiſtrat in der Hauptſache anführte. Ich erinnere Sie daran, mit welcher Verve ſich der Herr Oberbürgermeiſter für die Steuer ins Zeug gelegt hat — nicht etwa, weil wir dadurch Geld bekommen können, ſondern in der Hauptſache, weil dann die Trunkſucht ein Ende hat. Meine Herren, vor ſolchen Gewaltmaß⸗ nahmen, vor derartigen Steuern, die eine Klaſſe der Bevölkerung belaſten, die tatſächlich Aus⸗ nahmeſteuern ſind, möchte ich dringend warnen. Ich hoffe, daß der Magiſtrat nicht mehr zu ſolchem Mittel greifen wird. Viel notwendiger erſcheint es uns, daß endlich Ernſt mit der Wert zuwachsſteuer gemacht wird, daß wir ein Ende machen den papiernen Reſolutionen und an⸗ fangen, die Reſolutionen in die Tat umzuſetzen. Erfreulich iſt es, daß der Magiſtrat uns den Vorſchlag macht, den unbebauten Grund und Boden höher zu beſteuern. Meine Herren, ich verſtehe es ja auch, daß ſich ein gewiſſer Widerſtand dagegen geltend macht in den Kreiſen der Intereſſenten, namentlich in den Kreiſen der Vereine, die bei jeder Gelegenheit, wenn der Magiſtrat einmal eine vernünftige Idee hat, immer petitionieren: man ſolle ja dieſer Idee keine Folge leiſten. Der Magiſtrat ſagt mit vollem Recht: die mäßige ſtärkere Belaſtung des unbe⸗ bauten Grundbeſitzes erſcheint mit Rückſicht auf die den Beſitzern unbebauter Grundſtücke zugute kommenden allgemeinen Aufwendungen der Stadt⸗ gemeinde gerechtfertigt. Gewiß, meine Herren, infolge der Aufwendungen, die die Stadtgemeinde aus allgemeinen Mitteln macht, fließen den Grund⸗ beſitzern Millionen und Abermillionen in den Schoß. Das Geld nehmen die Herren ſehr gern; aber wenn es ſich darum handelt, die Laſten mitzu⸗ tragen, dann ſind die Herren nicht zu haben, dann kommen ſie mit derartigen Petitionen, wie ſie uns hier eingereicht worden ſind. Das eine aus der Petition iſt richtig, daß die Herren mit vollem Recht verlangen können, daß der Grund und Boden auch erſchloſſen wird. Aber wenn er er⸗ ſchloſſen iſt, dann iſt die Steuer, die hier vor⸗ geſchlagen iſt, durchaus gerechtfertigt. In der Petition heißt es: wer bürgt denn dafür, daß der Magiſtrat nicht weiter in ſeinem Begehrungs⸗ vermögen geht? Ja, meine Herren, bisher habe ich immer nur gedacht, daß wir als die Begehr⸗ lichen verſchrien ſind, nebenbei auch noch die Agrarier. Daß jetzt der Magiſtrat auch ſchon ſo begehrlich iſt, das iſt eine Eigenſchaft, die ich erſt heute an ihm entdecke und die ich für meine Perſon gar nicht genug loben kann. Nach der Petition des Grundbeſitzervereins könnte es beinahe den Anſchein haben, als ob ſämtliche Terrainſpeku⸗ lanten in der Zukunft den Boykott über Char⸗ lottenburg verhängen wollen. Nun, auch davor brauchen wir uns, glaube ich, nicht zu fürchten. Wir wären gern bereit, den Herren ihre ganzen Terrains abzukaufen. Ich glaube, die Stadt könnte gar kein beſſeres Geſchäft machen, als wenn ſie allen Beſitzern von unbebautem Grund und