34 ſind, ſo blieben im günſtigſten Fall noch 3396 und einige Pfennig übrig, die für Notſtandsar⸗ beiten ausreichen ſollen bis zum Ende dieſes Jahres. Da wird der Herr Dezernent im Magiſtrat mit mir auf dem Standpunkt ſtehen, daß die Arbeitsloſigkeit ſelbſt mit Eintritt der beſſeren Jahreszeit durchaus noch nicht abgebrochen iſt, und daß es ganz unwahr⸗ ſcheinlich iſt, daß man mit der Reſtſumme von 3396. für die Dauer den Anſprüchen gerecht werden kann, welche für die Notſtandsarbeiten zu ſtellen ſind. Ich bitte daher den Magiſtrat um die nötige Aufklärung über ſeine Vorlage. Aber ſelbſt wenn die vom Magiſtrat geforderten 30 000 ℳ noch offenſtünden, wenn noch für 30 000 ℳ. Notſtandsarbeiten ausgeführt werden könnten, ſo hebt das die Berechtigung unſeres An⸗ trags durchaus nicht auf. Nicht alle Arbeiter können bei Notſtandsarbeiten beſchäftigt werden, und es iſt der Stadt gar nicht möglich, die durchſchnittlich er⸗ mittelten 2604 Arbeitsloſen bei Notſtandsarbeiten, die insgeſamt einen Betrag von 30 000 ℳ. aus⸗ machen ſollen, zu beſchäftigen. Ferner haben wir auch ſchon in der Ausſchußſitzung darauf hin⸗ gewieſen, daß eine gewiſſe berufliche Qualifikation manchen Arbeiter die Teilnahme an Notſtands⸗ arbeiten ohne weiteres unmöglich macht. Unſer Antrag würde alſo auch trotz der Magiſtratsvorlage beſtehen bleiben müſſen. Herr Kollege Stadthagen hat nun ſchon einen Eventualantrag in der ſicheren Erwartung geſtellt, daß unſer Antrag abgelehnt wird. Ich bewundere den prophetiſchen Weitblick des Herrn Kollegen Stadthagen. (Zuruf.) Es gehört nur darum nicht viel dazu, weil Herr Kollege Stadthagen die Mehrheit der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung anders einſchätzen wird, als ich zu tun mich für verpflichtet fühle. Aber wenn unſer Antrag abgelehnt wird, möchte ich mich doch ſehr energiſch gegen den Antrag Stadthagen wenden. Derſelbe bedeutet nichts anderes als die Auslieferung ſtädtiſcher Arbeiter an die Willkür agrariſcher Unternehmer. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Dagegen würden wir ſelbſtverſtändlich auf das Entſchiedenſte proteſtieren. Den Weg, daß die Stadt in Verbindung treten ſoll mit Landgemeinden, vielleicht auch mit Großgrundbeſitzern, die in dieſer Weiſe billig zu Arbeitern kommen könnten, würden wir ſchon aus dem Grunde niemals betreten, weil wir unſere Arbeitsloſen jederzeit für viel zu gut halten, um ſie den agrariſchen Ausbeutern aus⸗ zuliefern! (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, als die Antragſteller ihren Antrag ſtellten, war der Schneefall in Charlottenburg noch nicht vom Himmel gekommen. Dieſer Schneefall, den Herr Kollege Zietſch in ſeinen Ausführungen vollkommen beiſeite gelaſſen hat, und die dadurch erforderliche Schneebeſeitigung hat dazu geführt, daß eine außerordentlich große Zahl Arbeitsloſer hat beſchäftigt werden können, daß auch die Stadt hat außerordentliche Mittel ausgeben müſſen, die weit über den Rahmen deſſen gehen, was der Magiſtrat in der Vorlage zu Punkt 5 der heutigen Tagesordnung anfordert. (Andauernde Unruhe. Glocke des Vorſtehers.) Sitzung vom 17. März 1909. Vorſteher Kaufmann: Meine Herren, ich muß wiederholt um Ruhe bitten und die Herren er⸗ ſuchen, die Privatgeſpräche außerhalb des Saales zu führen. (Stadtv. Zietſch: Das iſt eine Sache, die doch nicht intereſſiert!) — Herr Kollege Zietſch, das Urteil darüber möchte ich doch mir vorbehalten und nicht Ihnen! Stadtv. Dr. Stadthagen (fortfahrend): Herr Kollege Zietſch hat darauf hingewieſen, daß nach der Vorlage zu Punkt 5 der Tagesordnung noch etwas über 3000 ℳ für die Beſchäftigung Arbeitsloſer bis zum Ende dieſes Jahres übrig wären. Der Hin⸗ weis auf die Schneebeſeitigung wird ihn doch über⸗ zeugt haben, daß noch ſehr viele Mittel bis zum Ende dieſes Monats zur Verfügung ſtehen und ge⸗ braucht werden. Sie werden nicht nur aus dem Dispoſitionsfonds gezahlt, ſondern, wie in der Vor⸗ lage angedeutet iſt, aus dem Etat der Straßen⸗ reinigung. In dieſer Beziehung würde alſo die Summe, die Herr Kollege Zietſch und ſeine Ge⸗ noſſen beantragen, von 10 000 ℳ bei der augen⸗ blicklichen Sachlage überhaupt, möchte ich ſagen, nur ein Tropfen auf den heißen Stein ſein. (Sehr richtig!) 10 000 ℳ gegenüber einer Summe von 100 000 ℳ, die wir etwa noch ausgeben — und zwar nicht in bezug auf die Arbeitsloſigkeit möchte ich ſie als einen Tropfen auf den heißen Stein bezeichnen, ſondern in bezug auf das, was eo ipo ausgegeben wird. (Stadtv. Hirſch: Da ſehen Sie, wie beſcheiden wir ſind!) Nun kann man ja zweifelhaft ſein, ob eine Geldunter ſt ütz un g, für die keine Arbeit geleiſtet wir d, für gewiſſe Kate⸗ gorien der Arbeitsloſen am Platze iſt oder nicht. Die verſchiedenen Städte haben in dieſer Frage verſchiedenartig geurteilt. Wir haben aber einen Aus ſch u ß eingeſetzt, der die Fragen der Arbeits⸗ loſenfürſorge grundſätzlich erörtern ſoll. Die Herren Sozialdemokraten werden ja auch nicht be⸗ haupten können, daß dieſer gemiſchte Ausſchuß, der aus Magiſtratsmitgliedern und Stadtverordneten zuſammengeſetzt iſt, etwa die Sache auf die lange Bank geſchoben habe, ſondern wir haben — das werden die Herren zugeben — alle kräftig gearbeitet und haben bereits verſchiedene Sitzungen gehabt. Natürlich haben wir die ſchwierige Frage noch nicht nach allen Seiten löſen können. Aber ich glaube, bei der energiſchen Leitung, die gerade dieſer Sache ſeitens unſeres Herrn Bürgermeiſters zuteil ge⸗ worden iſt, werden wir wohl noch im Laufe des Sommers, noch vor den Ferien, dazu kommen, die verſchiedenen Teile dieſer Frage genau zu ſtudieren, auch infolge der eingehenden ſachgemäßen Unter⸗ ſtützung, die wir ja durch Herrn Stadtrat Jaſtrow haben. Nun iſt doch die Frage der reinen Geldunterſtützung von Arbeits⸗ loſen fraglos eine ganz prinzi⸗ pielle, und wenn wir heute dem Antrag der Kollegen Zietſch und Genoſſen zuſtimmen würden, dann würden wir uns tatſächlich grundſätzlich in der Frage feſtgelegt haben. Meine Herren, und wenn Sie Ihrerſeits behaupten würden: wir nehmen das nicht an, ſo würde irgendein anderer Ihrer Frak⸗ tionskollegen ſpäter ſicher darauf zurückkommen und ſagen: ihr habt das Prinzip da ja bereits feſt⸗