Sitzung vom 17. März 1909. wird, und daß dadurch das Schlechterbrennen des Gaſes verurſacht wird und auch ſo und ſo viel mehr Gas verbraucht wird, das den Konſumenten an⸗ gerechnet wird. Stadtrat Caſſirer: Ich möchte dem Herrn Stadtverordneten, welcher die Klage wegen der galiziſchen Arbeiter vorgebracht hat, die Erklärung abgeben, daß ich augenblicklich nicht in der Lage bin, feſtzuſtellen, ob unter den Arbeitern der Gas⸗ anſtalt zwei galiziſche Maurer tätig ſind. Es iſt möglich, daß, wenn ſie angeſtellt ſein ſollten, ſie von einem Privatunternehmer beſchäftigt werden. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Das können wir nicht kontrollieren; wir haben keinen Einfluß, welche Arbeiter ein Privatunter⸗ nehmer anſtellt. Aber ſelbſt wenn ſie von der ſtädtiſchen Verwaltung angeſtellt ſein ſollten, ſo werden ſie angeſtellt worden ſein nicht deshalb, weil ſie Galizier ſind, ſondern trotzdem ſie Galizier ſind, und ich ſehe auch gar keinen Grund ein, warum man nicht auch einen galiziſchen Arbeiter be⸗ ſchäftigen ſoll. (Sehr richtig!) Dagegen hätte ich keine Bedenken. Stadtv. Wilk: Meine Herren, dagegen haben wir doch ganz beſondere Bedenken, daß man hier Galizier einſtellt. So lange freilich die Leute nach dem Tarif arbeiten, den ſich die Maurer in jahre⸗ langen Kämpfen verſchafft haben, hätten wir nichts dagegen. Wenn ſie aber unter dem Tarif arbeiten und den ſtädtiſchen Maurern in den Rücken fallen, müſſen wir doch dagegen proteſtieren. Wir wiſſen ganz genau, daß galiziſche Arbeiter, die, wie ich vorhin ſchon anführte, durch gewiſſen⸗ loſe Agenten hergebracht werden, hier oft ein ganzes Jahr leben, ohne auch nur die geringſten Abgaben an die Gemeinde zu zahlen. Bei unſeren Maurern aber, die hier ſeit Jahrzehnten anſäſſig ſind und trotz Arbeitsloſigkeit ihre Steuern treu und bran bezahlen, da überzeugt ſich der Magiſtrat genau: wo arbeitet der Mann und was verdient er? un er muß ſeine 52 ℳ und mehr für das Jahr abladen. Vorſteher Kaufmann: Ich möchte Herrn Kollegen Wilt nur fragen — zur Aufklärung der Verſammlung —: eingangs teilte er mit, er habe erſt kurz vor der Verſammlung die Mitteilung be⸗ kommen und habe daher ſeine Mitteilung noch nicht im Etatsausſchuß machen können, und er be⸗ hauptet nachher, ohne die Angaben auf ihre Richtig⸗ keit nachgeprüft zu haben, daß dieſe beiden Leute Streikbrecherdienſte getan haben und unter dem Tarif arbeiten. Stadtv. Wilk: Mir iſt ausdrücklich über dieſe beiden Leute mitgeteilt worden, daß ſie unter Tarif bei der ſtädtiſchen Gasanſtalt beſchäftigt werden; das iſt mir ausdrücklich geſagt worden; und ferner iſt mir geſagt worden, daß dieſe Leute früher ſich zu Streitbrecherdienſten hergegeben haben. Stadtv. Dr. Crüger: Ich glaube, daß es Herrn Kollegen Wilt mit ſeiner Rede jetzt ungefähr ebenſo geht wie Herrn Kollegen Zietſch mit ſeinem An⸗ trage. Wenn wir alle Erklärungen abgeben wollten, daß wir Anträge heute nicht ſtellen wollen mit Rückſicht darauf, daß der Normaletat ja in Vor⸗ d greifen. 91 bereitung iſt, dann würden wir mit der Etats⸗ beratung überhaupt nicht vorwärts kommen. Nun denke ich, daß die temperamentvollen Ausführungen über die galiziſchen Maurer jeder ſachlichen Begründung entbehren. Der Kollege weiß alles nur vom Hörenſagen, der Dezernent der Gasanſtalt iſt völlig außerſtande ſich zu äußern. Ich glaube, der richtige Weg iſt, ſich erſt an den Dezernenten und die Deputation zu wenden und dann an die Stadtverordnetenverſammlung zu kommen, wenn die Sache feſtgeſtellt iſt. (Sehr richtig! bei den Liberalen.) Ich habe ſonſt das Empfinden — und ich glaube, Sie alle mit mir —: es handelt ſich bloß um Reden zum Fenſter hinaus, es ſoll ſo ausſehen, als ob die Char⸗ lottenburger Maurer und Handwerker eine ganz 7. 4 Stütze bei der ſozialdemokratiſchen Fraktion haben. Dann muß ich doch ſagen, daß dieſer Vorſtoß gegen die galiziſchen Maurer gerade von Ihrer Seite außerordentlich auffallend iſt; denn Sie ſchwören ja gerade auf die Internationalität der Arbeiterſchaft, (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) und es muß Ihnen ja eigentlich eine Herzensfreude ſein, wenn Sie galiziſche Arbeiter bei der ſtädtiſchen Gasanſtalt unterbringen können. (Zurufe und Widerſpruch bei den Sozialdemokraten.) Stadtrat Caſſirer: Ich möchte nur noch konſtatieren, daß Herr Stadtv. Wilt in ſeiner erſten Rede abſolut nicht von Streikbrechern geſprochen hat, ſondern nur von galiziſchen Arbeitern, und daß ich darauf die Erklärung abgegeben habe: ich ſehe in dem Umſtand, daß ein galiziſcher Arbeiter be⸗ ſchäftigt wird, nichts Ungehöriges. Erſt ſpäter hat Herr Stadtv. Wilt davon geſprochen, daß es ſich angeblich um Streikbrecher handeln ſoll. Nach dieſer Richtung kann ich keine Erklärung abgeben, ob ein derartiger Arbeiter bei uns beſchäftigt wird. Jedenfalls, wenn er in der Privatinduſtrie be⸗ ſchäftigt wird, haben wir keine Handhabe, einzu⸗ Wir können dagegen nichts tun. (Die Beratung wird geſchloſſen. Sonderetat Nr. 5, Gasanſtalten, wird in Einnahme und Aus⸗ gabe nach dem Voranſchlage des Maaiſtrats mit den vom Berichterſtatter vorgetragenen Anderungen feſtgeſtellt.) Vorſteher Kaufmann: Wir treten nunmehr in die Reihenfolge der Etats ein. Sonderetat Nr. 1. Kanaliſation. Smn n Nr. 2. Ladeſtraßen und Stätte⸗ p atz. 8 2 Sonderetat Nr. 3. Lagerplatz der Tiefban⸗ verwaltung. uber dieſe drei Sonderetats iſt vom Etatsausſchuß derſelbe Berichterſtatter beſtellt. Berichterſtatter Stadtv. Protze: Meine Herren, der Etatsausſchuß empfiehlt Ihnen die An⸗ nahme dieſer drei Etats mit den auf Druckſeite 81 und 82 der Vorlagen angegebenen Anderungen. Ich kann mir die Verleſung der einzelnen Ande⸗ rungen wohl erſparen. Ich bitte, die Vorſchläge des Etatsausſchuſſes anzunehmen.