Sitzung vom 17. März 1909. kommen, die bei unſeren bedrängten Finanzver⸗ hältniſſen uns höchſt unangenehm wären. Ich glaube gern, daß das Gros der Stadtverordneten von Charlottenburg ſtolz darauf iſt und ſich darüber freut, zum Wohle der Stadt auch ein wenig in materieller Beziehung ſich betätigen zu können, und gar nicht daran denkt, ſich irgendwie ein Ent⸗ gelt dafür geben zu laſſen. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Vorſteher Kaufmann: Das Schlußwort zu dem Antrage hat Herr Kollege Zietſch. Stadtv. Zietſch: Wenn hier angeführt worden iſt, daß durch den Anſpruch auf Erſatz der gehabten Auslagen, die der einzelne Stadtverordnete beim Stadtverordnetenbureau ohne weiteres bis zur Höhe von 5 ℳ erheben kann, unſer Antrag eigent⸗ lich erledigt ſei, ſo verwechſeln Sie zwei Sachen miteinander. Unſer Antrag geht gar nicht ſo weit als dieſes Liquidationsrecht, das jetzt den einzelnen Stadtverordneten eingeräumt wird. Unſer An⸗ trag gewährt nur die Fahrkarten, gibt aber durch⸗ aus noch keinen Anſpruch auf die Erſtattung anderer Auslagen, die man bei der Ausübung des Amtes als Stadtverordneter gehabt hat. Wenn es ſich aber nicht mit dem feinen Empfinden einzelner Mitglieder der Stadtverordnetenverſammlung ver⸗ einbaren läßt, Freifahrkarten anzunehmen, dann iſt es wieder das feine Gefühl der anderen, nicht um 20 oder 50 in die Botenmeiſterei zu laufen, um die verauslagten Gelder zu erheben. Sich jeden Groſchen zu notieren und allmonatlich mit Abrechnungen zu kommen, iſt auch wieder nicht jedermanns Sache. Von einer Entſchädigung kann ebenfalls nicht die Rede ſein. Und daß die Würde der Stadtver⸗ ordneten durch den Gebrauch von Freifahrkarten nicht in Gefahr geraten kann, Herr Kollege Holz, davon müßten Sie auch überzeugt ſein. Ihrer Auffaſſung nach müßten die Stadtverordneten, die in Berlin die Fahrkarten angenommen haben, würdeloſe Stadtverordnete ſein. In Rixdorf be⸗ kommen alle Stadtverordneten Fahrkarten und in vielen andern deutſchen Städten, in München, Leipzig, Dresden uſw., iſt es eine allgemeine und ſeit Jahren beſtehende Einrichtung, daß die Stadt⸗ verordneten Freifahrkarten haben. Und trotzdem werden Sie wohl nicht behaupten können, daß dieſe Stadtverordnetenverſammlungen aus würde⸗ loſen Mitgliedern beſtehen, aus Leuten, die ſich ihrer Würde deswegen nicht bewußt ſind, weil ſie eine Freifahrkarte angenommen haben. Dieſer Einwand iſt alſo ganz hinfällig. Dann iſt geſagt worden: wenn die Fahr⸗ karten eingeführt würden, würde nur die Hälfte der Stadtverordneten davon Gebrauch machen. Nun gut, wer darauf verzichtet, deſſen gutes Recht iſt es. Aber wer nicht in der materiellen Lage iſt, die Fahrkarten auf den Straßenbahnen und die Droſchken immer bezahlen zu können, dem müſſen Sie die Möglichteit der Erſtattung geben. Ich widerſpreche auch der Auffaſſung des Herrn Stadt⸗ verordneten Holz, daß in der Bewilligung der Fahrkarten, deren Koſten doch nur auf 4,50 ¼ oder vielleicht gar 10 ℳ im Monat kommen würde, eine Bezahlung der Stadtverordneten liegen könnte. Herr Kollege Holz, ich lehne es ab, meine Arbeit, die ich im Dienſte der Stadtgemeinde geleiſtet 95 habe und noch gern weiter leiſten werde, mit § oder 10 ℳ im Monat als bezahlt anzuſehen. (Der Berichterſtatter verzichtet auf das Schluß⸗ wort.) Vorſteher Kaufmann: Herr Kollege Zietſch hat beantragt, eine neue Poſition einzuſtellen, und zwar in Höhe von 6 000 ℳ zur Bewilligung von Fahrkarten für Magiſtratsmitglieder und Stadt⸗ verordnete auf zwei Straßenbahnlinien. (Die Verſammlung lehnt den Antrag des Stadtv. Zietſch ab. Kapitel I wird in Einnahme und Ausgabe nach dem Voranſchlage des Magiſtrats mit den vom Berichterſtatter vorgetragenen Ande⸗ rungen, vorbehaltlich einer Anderung, die der Dispoſitionsfonds etwa durch die Beſchlüſſe der Verſammlung erfahren ſollte, feſtgeſtellt.) Kapitel II1. Höhere Lehranſtalten. Berichterſtatter Stadtv. Schwarz: Der dies⸗ jährige Etat zeigt mit Rückſicht auf die wachſende Zahl unſerer höheren Schulen eine Mehrbelaſtung von 92 353,21 ℳ. Der Etatausſchuß empfiehlt die Annahme des Kapitels mit den auf Druckſeite 84 der Vorlagen angegebenen Anderungen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Kapitel II1, Höhere Lehranſtalten, wird in Einnahme und Aus⸗ gabe nach dem Voranſchlage des Magiſtrats mit den auf Seite 84 der Vorlagen für die Stadtverord⸗ netenverſammlung vom Etatsausſchuß beantragten Anderungen feſtgeſtellt.) Vorſteher Kaufmann: Kapitel 11I1. Höhere Mädchenſchulen, Bürger⸗ mädchenſchule und Gemeindeſchulen. Berichterſtatter Stadtv. Otto: Mit der Schaffung der beantragten neuen Stellen erklärt ſich der Etatsausſchuß einverſtanden und empfiehlt die Annahme mit den auf Druckſeite 83 und 85 der Vorlagen angegebenen Anderungen. Ich will unter dieſen Anderungen die Grün⸗ dung der Höheren Mädchenſchule IV hervorheben. Dieſe Gründung hat der Etatsausſchuß beſonders freudig begrüßt, da durch dieſe Magiſtratsvorlage einem lang empfundenen Bedürfniſſe der Bürger⸗ ſchaft zum Teil wenigſtens genügt worden iſt. Um dieſen berechtigten Wünſchen noch mehr ent⸗ gegenzukommen, als die Magiſtratsvorlage es er⸗ möglichte, hat der Ausſchuß beſchloſſen, ſtatt drei Klaſſen zu Oſtern dieſes Jahres ſchon vier Klaſſen und ebenſo zu Michaelis ſtatt drei Klaſſen vier Klaſſen einzurichten. Wir hoffen, daß auf dieſe Weiſe berechtigte Wünſche wenigſtens zum größten Teil ihre Erfüllung finden können. Stadtv. Zietſch: Wir ſtellen zum Kapitel 111 folgenden Antrag: Bei Ausgabe iſt unter Abſchnitt 7 Nr. 23 der Betrag von 28 620 auf 100 000 ℳ zu erhöhen. Es handelt ſich hier um die Lieferung freier Lern⸗ mittel an alle Volksſchüler. Eine Begründung dieſes Antrages erſpare ich mir, indem ich auf die Diskuſſionen verweiſe, die ſchon früher in er⸗ ſchöpfender Weiſe über dieſen ſtets von uns geſtellten Antrag zum Etat hier ſtattgefunden haben. (Die Beratung wird geſchloſſen.)