106 Wir kommen jetzt zu Kapitel XV. Gemeindeſtenern. Zu dieſem Kapitel iſt von Herrn Kollegen Hirſch und Genoſſen ein Antrag eingegangen, welcher die Wiederherſtellung der Magiſtratsvorlage betr. Abänderung der Gemeindegrundſteuer⸗Ordnung vom 20. Januar 1909 — Vorlagen für die Stadt⸗ verordnetenverſammlung, Druckſache Nr. 60 — beantragt. Ich will hierzu bemerken, daß wir gar nicht in der Lage ſind, über dieſen Antrag zu be⸗ ſchließen, da die Vorlage des Magiſtrats nicht beſteht: der Magiſtrat hat die Vorlage zurück⸗ gezogen, und wir können über eine Vorlage, die überhaupt nicht beſteht, auch nicht Beſchluß faſſen. Stadtv. Hirſch: Ich muß dagegen proteſtieren, daß Anträge von mir in dieſer Weiſe noch vor der Beratung tot gemacht werden durch eine meiner Meinung nach falſche Auslegung der Geſchäfts⸗ ordnung durch den Herrn Vorſteher. Allerdings beſteht die Vorlage des Magiſtrats nicht mehr: würde ſie beſtehen, dann brauchte ich nicht zu bean⸗ tragen, ſie wiederherzuſtellen. Mein Antrag lautet einfach, ſie wiederherzuſtellen; das heißt mit andern Worten: ich nehme die Vorlage des Magiſtrats wieder auf. Vorſteher Kaufmann: Wenn Sie den Antrag ſo geſtellt hätten, wäre es ein Antrag Hirſch. Ich bin aber in meinem Recht der Auslegung, daß die Vorlage des Magiſtrats nicht beſteht, wenn ſie zurückgezogen iſt. (Sehr richtig! bei den Liberalen.) Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung) Ich bleibe dabei, daß ich im Recht bin, daß ich das Recht habe, die Vorlage des Magiſtrats als Initiativ⸗ antrag wieder einzubringen. Weiter will mein Antrag nichts. Der Herr Vorſteher hat einen An⸗ trag von mir halb verleſen und dann ſeine Inter⸗ pretation dazu gegeben. Vorſteher Kaufmann: Ich habe keine Inter⸗ pretation des Antrages gegeben, ſondern der Ver⸗ ſammlung zur Kenntnis gebracht, daß überhaupt eine Magiſtratsvorlage, die hergeſtellt werden ſoll, nicht mehr beſteht, weil ſie zurückgezogen worden iſt. Stadtv. Dr. Crüger (zur Geſchäftsordnung): Die Sache liegt doch außerordentlich einfach, nach⸗ dem jetzt Herr Kollege Hirſch die Interpretation ſeines Antrages gegeben hat. Den Fehler hat er nur ſelbſt gemacht, indem er ſeinen Antrag nicht gleich von vornherein in der entſprechenden klaren Faſſung eingebracht hat. (Sehr richtig!) Er hat geſagt, er wollte die Wiederherſtellung der Magiſtratsvorlage. Das gibts nicht. Ein Amen⸗ dement zu den vorliegenden Beſchlüſſen iſt zuläſſig; das liegt jetzt vor, und damit iſt die Sache erledigt. Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung), Ich bin nicht ſchuld, wenn eine Geſchäftsordnungs⸗ debatte entſteht, ſondern — es tut mir leid, daß ich das ſagen muß — daran iſt der Herr Vorſteher ſchuld. Er hat einen Antrag von mir, der aus zwei Teilen beſteht, halb verleſen. Auffaſſung und werde Sitzung vom 17. März 1909. Vorſteher Kaufmann: Ich bleibe bei meiner die Stadtverordneten⸗ c über meine Auffaſſung abſtimmen laſſen. Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Ich bitte meinen Antrag ganz zu verleſen. Vorſteher Kaufmann: Ich werde den Antrag verleſen, nachdem Sie ihn jetzt als Ihren Antrag eingebracht haben. Der Antrag lautet: Die Unterzeichneten beantragen 1. die Wiederherſtellung der Magiſtratsvorlage betr. Abänderung der Gemeindegrundſteuer⸗ ordnung vom 20. Januar 1909 (Vorlage Nr. 60, Druckſachen Seite 71), 2. die Wiederherſtellung des Antrags des Ma⸗ giſtrats, Druckſache Nr. 61 Ziffer I1I1 und 4. Dieſer Antrag hängt mit der Magiſtratsvorlage zu⸗ ſammen. Im übrigen werde ich jetzt die Verſammlung befragen, ob ſie meiner Anſicht zuſtimmt, daß, wenn der Magiſtrat eine Vorlage zurückgezogen hat, ein Stadtverordneter nicht ſagen kann: wir beantragen die Wiederherſtellung der Magiſtratsvorlage. Ich bitte die Herren, die meine Anſicht teilen, daß eine zurückgezogene Magiſtratsvorlage überhaupt nicht mehr beſteht, die Hand zu erheben. (Geſchieht.) Das iſt die Mehrheit. Ich danke den Herren, daß ſie meine Auffaſſung teilen. (Stadtv. Hirſch: Sie iſt doch falſch!) Jetzt hat Herr Kollege Hirſch den Antrag geſtellt jetzt werde ich den Antrag nach Ihrem Antrage um⸗ arbeiten —: Von den bebauten Grundſtücken 2,5%, von den unbebauten 6,25% zu erheben. Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Dieſen Antrag habe ich nicht geſtellt. Vorſteher Kaufmann: Dann bitte ich Ihren Antrag einzubringen. Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Ich muß darauf beſtehen, daß die Anträge nicht vorher in einer Weiſe ausgelegt werden — — Vorſteher Kaufmann (unterbrechend): Herr Kollege Hirſch, ich verbitte mir dieſe Außerung! (Sehr richtig! bei den Liberalen.) Ich habe die Verſammlung befragt, ob ſie meine Auffaſſung teilt. Die Verſammlung iſt der Anſicht, daß die Magiſtratsvorlage gar nicht mehr exiſtiert. Ronen den Antrag zu ſtellen, den Sie ſtellen wollen. Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Ich möchte den Herrn Vorſteher bitten, mich ausreden zu laſſen. Ich weiß nicht, woher dieſer erregte Ton. Ich muß dagegen proteſtieren, daß ein Antrag von mir, bevor er überhaupt vorgeleſen iſt, in einer Weiſe ausgelegt wird, daß, ſelbſt wenn er angenommen werden wird, die Annahme geſetzlich unzuläſſig wäre. Würde nämlich der Antrag ſo gefaßt ſein, wie der Herr Vorredner ihn vorgetragen hat, dann würde ja, ſelbſt wenn der Magiſtrat ihm zuſtimmt, der Antrag noch gar nicht Geſetzeskraft erlangen, weil vorher die Regierung die Anderung der Grund⸗ ſteuer genehmigen müßte. Das iſt klipp und klar in meinem Antrage geſagt worden. Ich muß darauf