Sitzung vom 17. März 1909. beſtehen, daß beide Teile meines Antrags verleſen werden. Ob Sie nun ſagen: wir beantragen folgenden Antrag, und dann die Magiſtratsvorlage aufkleben — das kann ich auch — oder ob Sie ſagen: wir beantragen die Wiederherſtellung der Magiſtratsvorlage, das iſt ganz gleichgültig. Stadtv. Dr. Crüger (zur Geſchäftsordnung): Es iſt ſehr bedauerlich, daß wir in ſo ſpäter Stunde noch eine Geſchäftsordnungsdebatte haben; aber es bleibt nach dem Vorhergegangenen nichts anderes übrig. Ich glaube, Herr Kollege Hirſch überſieht, daß der Vorſteher nicht jeden Antrag, der eingeht, zur Abſtimmung zu bringen hat, ſondern daß er zu⸗ nächſt zu prüfen verpflichtet iſt, ob dieſer Antrag geſchäftsordnungsmäßig überhaupt zur Debatte geſtellt werden kann. Wenn in dieſem Falle der Vorſteher der Meinung iſt, daß dieſer Antrag nicht zur Abſtimmung gebracht werden kann, dann iſt es ſein gutes Recht und ſogar ſeine Pflicht, dieſen Antrag zurückzuweiſen. Der Antrag lautet in ſeinem erſten Paſſus: Wiederherſtellung der Ma⸗ giſtratsvorlage betr. Abänderung der Grundſteuer⸗ ordnung. Dazu ſagt der Herr Vorſteher, daß dem Plenum ein ſolcher Antrag des Magiſtrats nicht vor⸗ liegt, daß ein derartiger Antrag, wie Herr Kollege Hirſch ihn geſtellt hat, geſchäftsordnungsmäßig daher nicht möglich iſt. (Stadtv. Hirſch: Steht das in der Geſchäftsordnung 2 Zeigen Sie mir das doch!) — Ja, verlangen Sie denn, daß alles in der Ge⸗ ordnung drin ſteht, daß in der Geſchäftsordnung alle diejenigen Anträge aufgeführt ſind, die nicht zugelaſſen werden können? Im übrigen iſt das Plenum ſouverän, und wir haben bereits unſere Entſcheidung dahin abgegeben, daß eine zurück⸗ gezogene Magiſtratsvorlage von einem Mitgliede der Stadtverordnetenverſammlung nicht gebracht werden kann. Aber ich habe mich vor allen Dingen — und das iſt jetzt der ſtre tige Punkt — deswegen zur Ge⸗ ſchäftsordnung gemeldet, um feſtzuſtellen, daß der Stadtverordnetenvorſteher das Recht und die Pflicht hat, von ſich heraus zu prüfen, ob ein An⸗ trag eingebracht werden kann oder nicht; infolge⸗ deſſen war die Kritik, die der Herr Vorſteher an dem Antrage gerügt hat, nicht unberechtigt, ſondern ſie war durchaus am Platze und geboten. Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren, wir ſtreiten uns ja hier nur um Worte; (Sehr richtig! bei den Sozialdemotraten) weiter iſt es nichts. (Stadtv. Dr Crüger: Na alſo!) — Na alſo! — Wir waren es bisher gewohnt, wenn Anträge eingebracht wurden, auch wenn ſie nach Anſicht des Herrn Vorſtehers nicht ganz richtig gefaßt waren — ich bin aber der Meinung, daß dieſer Antrag hier formell richtig war daß ie trotzdem ruhig hier erörtert wurden. Aus welchem Grunde jetzt plötzlich ein erregter Ton ſchon bei Verleſung des Antrages angeſchlagen wurde (3urufe und Widerſpruch bei den Liberalen) — das iſt der Fall geweſen! (Rufe bei den Liberalen: Ihrerſeits!) — Ach Gott! — das iſt der Fall geweſen; die Gründe unterſuche ich nicht. Ich will aber den Herren ent⸗ gegenkommen und beantrage nunmehr: ein⸗ Dem abgedruckten Nachtrage 11 zur Grund⸗ ſteuerordnung für die Stadtgemeinde Char⸗ 107 lottenburg vom 1./12. Juni 1900 wird zu⸗ geſtimmt und werde dann das, was hier Seite 71 der Druck⸗ ſachen geſagt iſt, aufkleben. (Rufe bei den Liberalen: Na alſo!) Wir werden jetzt aber auch darauf achten, wenn von Ihrer Seite Anträge geſtellt werden, ob ſie formell nach der Geſchäftsordnung richtig ſind. Vorſteher Kaufmann: Ich ſtelle hiermit feſt, daß ich in einen erregten Ton erſt gekommen bin, als Herr Kollege Hirſch meiner Auffaſſung wider⸗ ſprochen hat. (Widerſpruch des Stadtv. Hirſch.) Ich habe von Hauſe aus nur der Verſammlung mit⸗ geteilt, daß ich dieſen Antrag nicht als eingebracht erachte, weil keine Vorlage beſteht. (Stadtv. Hirſch: Ohne den Antrag vollſtändig zu verleſen!) Jetzt iſt wieder ein Antrag Hirſch eingegangen. Wenn ich ihn richtig verſtanden habe, ſo lautet er, die Vorlage des Magiſtrats betr. die Gemeinde⸗ grundſteuerordnung ganz, wie ſie vorlag, als ſeinen und ſeiner Freunde Antrag zu behandeln. — Habe ich Sie ſo richtig verſtanden? (Zuſtimmung.) Der Antrag lautet alſo: Dem Nachtrag 11 zur Grundſteuerordnung wird zugeſtimmt — es wird alſo eine Abänderung dieſer Grund⸗ ſteuerordnung vorgenommen, und auf Grund dieſer Abänderung ſollen nun 2,5 vom Tauſend des gemeinen Wertes von bebauten und 6,25 vom Tauſend des gemeinen Wertes von unbebauten Grundſtücken in den Etat eingeſtellt werden. — Iſt jetzt dieſer Antrag ſo richtig verſtanden? Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Formell iſt er ſo erſt recht nicht zuläſſig, ſondern formell — — (Unruhe) Vorſteher Kaufmann (unterbrechend): Stellen Sie dann doch den Antrag ſchriftlich! Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Sie zeigen eben damit, wie unangenehm es Ihnen iſt, daß man im letzten Augenblick Anträge ſtellt. (Lebhafte Zurufe bei den Liberalen.) — Meine Herren, darüber reden wir nachher bei der ſachlichen Begründung. Ich weiß nicht, wer die Geſchäfte führt, ob Sie alle als Fraktion die Ge⸗ ſchäfte führen, oder wer ſie führt. Borſteher Kaufmann (unterbrechend) Ich erkläre, daß ich die Geſchäfte führe und Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung) (den Vorſteher unterbrechend): Dann bitte ich aber, die Herren auch zu unterbrechen, wenn ſie zwiſchen⸗ reden! Vorſteher Kaufmann: Die Herren haben ſehr geduldig zugehört; denn es iſt immer noch kein Antrag von Ihnen da. (Stadtv. Hirſch: Ich komme ja nicht zum Wort!) Es iſt bisher von Ihnen noch kein Antrag an mich herangekommen.