114 tatſächlich nichts Antiſoziales vor. Denn die I1II. Ge⸗ werbeſteuerklaſſe iſt geſchützt, eine Abwälzung der Steuer auf die Mieter ſteht vollkommen außerhalb des Bereichs der Möglichkeit, zwiſchen dem be⸗ bauten und unbebauten Grundbeſitz iſt die Diffe⸗ renzirung gewahrt, die notwendig war, und endlich bringt uns der Beſchluß des Etatsausſchuſſes den Mehrertrag an Steuern, den wir brauchen. Im übrigen bin ich der Meinung, daß wir über die Petitionen, die wir bekommen haben, zur Tages⸗ ordnung übergehen und uns auf den Boden des Etatsausſchuſſes ſtellen. Ich habe ja die Petitionen ſelbſtverſtändlich auch geleſen; aber ich habe doch das Empfinden gehabt, als wenn man in den Kreiſen der Hausbeſitzer ſich über die Wirkung der Steuer vollkommen falſche Vorſtellungen macht. Zunächſt wurde in den Debatten der Hausbeſitzer geſagt: halt, den unbebauten Beſitz zieht ihr zu ſtark heran — und es iſt eine entſprechende Abſchwächung vorgenommen. Jetzt iſt der Hausbeſitz herange⸗ nommen, und nun tritt der Hausbeſitz hervor und ſagt: wenn dieſe Steuer erhoben wird, gehts mit dem Hausbeſitz in Charlottenburg zu Ende. Nun, meine Herren, ich habe doch mehr Vertrauen zur Solidität unſeres Hausbeſitzes, als daß ich behaupten ſollte, mit dieſen 15 ℳ mehr auf 100 000 ℳ ſollte unſer Hausbeſitz ſtehen und fallen. Wenn die Ver⸗ hältniſſe des Hausbeſitzes ſo wären, dann wäre er überhaupt verloren, dann könnte ihm kein Menſch mehr helfen. Es iſt ſchwarz in ſchwarz gemalt, wie es bei Steuerprojekten üblich iſt. — Und ich verüble es den Herren auch gar nicht, denn ſchließlich ſind die Steuern am angenehmſten, die ein anderer zu zahlen hat. Der Hausbeſitz gönnt die Steuer den unbebauten Terrains, und das unbebaute Terrain gönnt ſie herzlich dem Hausbeſitz, es ſei denn, daß der Zufall ſie zuſammenfügt, und daß der eine und der andere Beſitz ſich in einer Hand zuſammenfindet. Alſo ich bin der Meinung: gehen wir über die Petitionen zur Tagesordnung über. Ich glaube, daß man auch in Haus⸗ und Grundbeſitzerkreiſen, wenn man ſich in Ruhe die Sache überlegt, zu dem Ergebnis kommen wird, daß an dem Vorſchlag der geſunde Grundbeſitz in Charlottenburg nicht zugrunde gehen wird. Wir legen keineswegs die Steuern auf die wirtſchaftlich ſchwächſten Schultern, wir verlaſſen nicht den Boden der Ge⸗ rechtigkeit, und wir haben außerdem den ange⸗ nehmen Vorteil, daß wir nach dem Antrage des Etatsausſchuſſes 200 000 ℳ mehr aus den Steuern herausſchlagen. Vorſteher Kaufmann: Herr Kollege Haack hat den Antrag geſtellt, Kapitel XV und die hierzu geſtellten Anträge an den Etatsausſchuß zurück⸗ zuverweiſen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren, daß wir rund 200 000 ℳ mehr aus den Beſchlüſſen des Etats⸗ ausſchuſſes herausſchlagen, als wenn wir die ur⸗ ſprüngliche Magiſtratsvorlage annehmen würden, beſtreite ich keinen Augenblick. Worauf es an⸗ kommt, iſt, aus weſſen Taſchen die 200 000 ℳ ge⸗ nommen werden. Und da bin ich weſentlich anderer Meinung als Herr Dr Crüger. Herr Kollege br Crüger ſteht auf dem Standpunkt, daß die Grund⸗ ſteuer unmöglich abgewälzt werden wird. Er ſagt, daß ein Hausbeſitzer, der ein Haus im Werte von 100 000 ℳ hat und 15 ℳ Steuer mehr zahlt als bisher, gar nicht den Verſuch macht, die 15 ℳ ab⸗ Sitzung vom 17. März 1909. zuwälzen. Zunächſt, Herr Kollege Crüger, handelt es ſich gegenüber der jetzigen Steuer nicht um 15 ℳ, ſondern um 25 ℳ, und Sie werden mir zugeben: wenn jemand ein Haus im Werte von 100 000 ℳ hat, und er hat vielleicht 6 kleine Mieter in dem Hauſe, dann ſagt er ſich: ich trage die Steuer nicht, und Sie können hundert gegen eins wetten, daß jeder dieſer kleinen Mieter 4 oder 5 ℳ mehr zu zahlen hat. (Zurufe bei den Liberalen.) Es ſind alſo gerade die kleinen Leute, die die Steuer zu tragen haben. Die Beſitzer von hochherrſchaft⸗ lichen Wohnungen werden die Steuer nicht ab⸗ wälzen, ja gar nicht den Verſuch machen; ſie werden nicht an ihre Mieter herantreten und ſagen: wir er⸗ höhen die Miete um 5 oder 10 ℳ. Wir haben hier mit den nackten Tatſachen zu rechnen, und wenn Herr Dr Crüger gerade die Häuſer mit kleinen Wohnungen ins Auge faßt, wird er zugeben, daß meine Befürchtungen berechtigt ſind. Nun habe ich nicht geſagt, daß die Magiſtrats⸗ vorlage den Gipfel der ſozialen Steuerpolitit bildet, ſondern ich habe nur geſagt, daß die Magiſtrats⸗ vorlage im Vergleich zu den Beſchlüſſen des Etats⸗ ausſchuſſes gewiſſe ſoziale Vorzüge hat. An dieſer Anſicht halte ich auch heute noch feſt. Ich ſtehe grundſätzlich auf dem Standpunkt, daß in erſter Linie, wenn überhaupt der Grundbeſitz beſteuert wird, der unbebaute Grundbeſitz zu beſteuern iſt, und zwar aus dem Grunde, weil der unbebaute Grundbeſitz den Vorteil von den Einrichtungen der Stadt hat, und weil gerade mit dem unbebauten Grund und Boden eine Spekulation getrieben wird, die der Stadt nicht zum Vorteil gereicht. Gewiß gebe ich Herrn Dr Crüger recht, daß die Be⸗ ſitzer des unbebauten Bodens auch frei ſein müſſen, daß ſie die Möglichkeit haben müſſen, den un⸗ bebauten Boden zu erſchließen und zu bebauen. Wenn Herr Kollege Crüger meine früheren Aus⸗ führungen durchleſen wird, wird er finden, daß ich das immer zur Bedingung geſtellt hatte, namentlich in bezug auf die Grundſtücke im Nordweſten der Stadt, daß ich immer verlangt habe, daß die Stadt Maßnahmen ergreift, um die Bebauung der Grund⸗ ſtücke zu ermöglichen. Wenn aber, trotzdem den Grundbeſitzern die Möglichkeit der Bebauung ge⸗ geben iſt, ſie ſich doch hartnäckig der Bebauung ver⸗ ſchließen, um abzuwarten, bis die Konjunktur noch günſtiger iſt, dann haben wir als Stadtgemeinde nicht nur das Recht, ſondern die Pflicht, eine recht hohe Steuer von ihnen zu nehmen, ſei es auch eine noch höhere Steuer, als ſie hier der Magiſtrat vor⸗ geſchlagen hat. Mit Herrn Kollegen Liſſauer ſtimme ich in⸗ ſofern nicht überein, als er meint, ich hätte dagegen Einſpruch erhoben, daß die Hauswirte ſich dagegen wehren, daß ſie Steuern zahlen ſollen. Das habe ich gar nicht geſagt. Es iſt natürlich das gute Recht der Steuerzahler, ſich gegen Steuern zu wehren. Was ich geſagt habe, iſt, daß es unerhört iſt, daß Hausbeſitzer hier, wo es ſich darum handelt, ihre eigenen Intereſſen wahrzunehmen, ſich als Vertreter der Intereſſen der Allgemeinheit aufſpielen. Das habe ich ausgeführt, und dabei bleibe ich. Nun, meine Herren, iſt meinem Antrage ein unerwarteter Gegner entſtanden in der Perſon des Herrn Kämmerers. Der Herr Kämmerer meint, mein Antrag ſei ja ganz ſchön, aber es fehlten dann ja 200 000 ℳ an dem Dispoſitionsfonds. Der Herr Kämmerer verkennt vollkommen die Situation.