116 Berichterſtatter Stadtv. Dr. Frentzel (Schluß⸗ wort): Ich muß zu meinen vorigen Ausführungen zweierlei Dinge nachtragen, die allerdings jetzt etwas post festum klingen, nämlich daß hier zwei Petitionen des Charlottenburger Haus⸗ und Grundbeſitzer⸗ vereins von 1894 und eines anderen Grundbeſitzer⸗ vereins, von dem Herr Kollege Hirſch ſchonge⸗ ſprochen hat, des Haus⸗ und Grundbeſitzervereins von 1895, eingegangen ſind. Ich möchte bitten, dieſe Petitionen durch die Beſchlußfaſſung für er⸗ ledigt zu erklären. Im übrigen möchte ich Herrn Kollegen Hirſch bloß noch eine Frage vorlegen, nämlich die: wie er ſich eigentlich die Verhältniſſe denkt. Herr Kol⸗ lege Hirſch hat ausgeführt, daß die Steuer auf unbebaute Grundſtücke gar nicht hoch genug ſein könnte, und zwar deswegen, um die Beſitzer dieſer Grundſtücke zum Häuſerbau zu erziehen. Er hat ſich nachher ſelber auf die Bemerkung meines Freundes Crüger hin dahin berichtigt, daß aller⸗ dings dieſe ſeine Vorausſetzung nur zuträfe, wenn gleichzeitig der Magiſtrat den Hausbeſitzern die Möglichteit zum Bauen gäbe; denn heute iſt ihnen das Bauen zum Teil unmöglich. Worauf würde denn dieſe Erziehung der Haus⸗ beſitzer hinauskommen? Wir würden — um gerecht zu ſein im Sinne des Herrn Kollegen Hirſch — uns veranlaßt ſehen müſſen, überall, auch da, wo heute noch abſolut kein Bedürfnis dafür iſt, Straßen zu bauen für ſehr viel Geld, und wir würden die Zinſen dieſes Geldes aus unſerer Taſche geben müſſen. Die Erziehung der Grundbeſitzer zum Hausbau würde uns ſehr, ſehr teuer werden, viel, viel teurer, als wenn wir beſchließen, die un⸗ bebauten Grundſtücke nach Maßgabe des Kom⸗ munalabgabengeſetzes mit dem höchſtmöglichen Betrage heranzuziehen. Alſo ich möchte Sie bitten, meine Herren, von dieſen Erziehungsverſuchen des Herrn Kollegen Hirſch Abſtand zu nehmen. Im übrigen möchte ich noch einmal im Namen des Ausſchuſſes bitten, die Anträge desſelben anzu⸗ nehmen, und ich möchte darauf aufmerkſam machen, daß der Eventualantrag des Herrn Kollegen Jolen⸗ berg eigentlich nur aus der einen Kanne ſchöpft, um in die andere hineinzutun; denn diejenige Klaſſe von Einwohnern, die er höher heranziehen will, iſt genau dieſelbe Klaſſe wie die, die er er⸗ leichtern will. Ich bitte alſo um Annahme der Ausſchußanträge. Stadtv. Liſſaner (perſönliche Bemerkung): Ich bedaure ſehr, daß der Schluß der Diskuſſion herbeigeführt iſt: denn ich hätte gerade auf die Zahlen des Herrn Kollegen Crüger außerordentlich viel zu erwidern gehabt. Ich habe weder geſagt, daß, wenn dieſe Steuererhöhung eingeführt würde, es dann mit dem Hausbeſitzertum zu Ende wäre, noch habe ich geſagt, wie Herr Kollege Jolenberg angeführt hat, daß, wer Terrain beſitzt, in Zeit von zwei oder drei Jahren Millionär wird. Das habe ich nicht geſagt. (Zurufe: So ungefähr!) 5 Aber dagegen möchte ich mich doch wenden, daß in eine ſachliche“ Diskuſſion immer Worte hinein⸗ geworfen werden, die abſolut und ausſchließlich perſönlicher Art ſind. Was bedeutet denn das, wenn jemand ſeine Anſichten ausführt und zufällig das Unglück hat, anderer Meinung zu ſein als Herr Dr Crüger, daß dann Herr Dr Crüger dies als „Redensarten“ bezeichnet? Ich habe ausgeführt, Sitzung vom 17. März 1909. daß die Terrainbeſitzer zu den plutokratiſchen Kreiſen und die Hausbeſitzer mit zu denen der kleineren Rentiers und Steuerzahler gehören. Das ſind doch keine Redensarten? Herr Dr Crüger muß es doch erlauben, daß jemand exiſtiert, der eine andere Meinung hat wie er, und die muß auch von ihm achtungsvoll angehört und widerlegt werden. Stadtv. Dr. Crüger (perſönliche Bemerkung): Ich habe durchaus nichts dagegen, die Anſichten des Herrn Stadtv. Liſſauer hier zu erdulden. Aber er muß es auch ſchon mit in den Kauf nehmen, daß, wenn ich es dulden muß, daß er ſeine Anſicht hier äußert, ich auch den Verſuch mache, von meinem Standpunkt aus ſeinen Anſichten entgegenzutreten und ihn zu kritiſieren. Stadtv. Dr. Stadthagen (perſönliche Bemer⸗ kung): Durch den Schluß der Debatte bin ich leider verhindert worden, zu begründen, daß ich für den Antrag des Ausſchuſſes ſtimme. Ich hoffe, daß die Verſammlung: ſo beſchließt. (Heiterkeit. — Zuruf: Nicht perſönlich!) Vorſteher Kaufmann: Wir kommen zur Ab⸗ ſtimmung. Ich teile zunächſt mit, daß der Antrag Haack zurückgezogen iſt. Ich werde folgendermaßen verfahren. Ich werde zuerſt abſtimmen laſſen über den Antrag Hirſch auf Abänderung der Grundſteuerordnung; wird dieſer Antrag angenommen, dann würde ich über ſeine Steuerſätze abſtimmen laſſen; wird dagegen dieſer Antrag abgelehnt, ſo ſind auch ſeine Anträge auf anderweitige Feſtſetzung der Steuer⸗ ſätze gefallen. Dann würde ich über den Antrag des Ausſchuſſes abſtimmen laſſen, weil dieſer weiter geht als der Eventualantrag Jolenberg, und an dritter Stelle über den Antrag Jolenberg, und zwar über die beiden Teile des Antrages Jolenberg getrennt, weil er im zweiten Teil ſich auf die Ge⸗ werbeſteuer bezieht. (Zuſtimmung.) Ich laſſe alſo nunmehr zuerſt abſtimmen über den Antrag Hirſch, einen Nachtrag II zur Grund⸗ ſteuerordnung zu beſchließen. (Die Verſammlung lehnt den Antrag ab.) Wir kommen nun zu dem Ausſchußantrage. Ich laſſe zunächſt über die Steuerſätze abſtimmen, die in der Ziffer beantragt werden, und zwar zunächſt auch wieder nur über die Nr. 1 dieſer Ziffer. Ich muß einſtweilen ſo abſtimmen laſſen und werde Ihnen vorſchlagen, dies als erſte Leſung zu betrachten und eine zweite Leſung ſofort folgen zu laſſen; denn wenn Sie jetzt definitiv abſtimmen, würde der Antrag Jolenberg eventuell erledigt ſein. Ich werde jetzt abſtimmen laſſen über den An⸗ trag des Etatsausſchuſſes, die Sätze der 1. und II. Gewerbeſteuerklaſſe auf 150% zu erhöhen, die der 111. und IV. Klaſſe dagegen bei 100% zu belaſſen. (Die Verſammlung beſchießt“ demgemäß.) Nun laſſe ich darüber abſtimmen, ob die Herren die Gemeindegrundſteuer mit 2,65% des gemeinen Wertes der bebauten und mit dem doppelten Satz, 5,3%,, des gemeinen Wertes der unbebauten Grundſtücke erheben wollen. (Die Verſammlung beſchließt demgemäß.)