124 Sitzung vom zugehen. Man iſt nun weiter daran gegangen, das Geltungsgebiet oder vielmehr die Geltungsgebiete der einzelnen in Betracht kommenden Verkehrs⸗ unternehmungen gegeneinander abzugrenzen und auszugleichen, indem man geſagt hat, daß in dem Viertel, wo elektriſche Bahnen, Untergrundbahnen, Stadtbahn miteinander konkurrieren, nach der Be⸗ rechnung ſo und ſo viel Fahrkarten auf den Kopf der Bevölkerung kommen werden. Wir waren darüber alle einig: man hat dieſe Reduktion in weitgehendem Maße und vorſichtig durchgeführt. Weiter kam man dazu, pro Hektar der bebauten Fläche die Bevölkerung feſtzuſtellen. Das iſt auf Grund unſerer Statiſtik unzweifelhaft möglich. Wir gelangten ſo zu einer Zahl von Fahrkarten, die vor⸗ ausſichtlich zu dem und dem Termin zum Verkaufe gelangen werden, und auf dieſe Weiſe zur unge⸗ fähren Berechnung der Einnahmen. Demgegen⸗ über ſtellte man die Ausgaben. Man kam zu einer Zahl, die pro Wagenkilometer auf Grund der be⸗ reits vorliegenden Erfahrungen errechnet worden iſt, und in die man noch 4% für Verzinſung und 12% für Amortiſation hineinrechnete. Wenn ich Ihnen das Reſultat aller dieſer Überlegungen ſchildern ſoll, ſo ergibt ſich daraus allerdings, daß wir in den erſten Jahren Zuſchüſſe werden leiſten müſſen, und zwar rechnet ſich die Sache ungefähr ſo, daß wir in den erſten 4 Jahren durchſchnittlich einen Zuſchuß von je 90 000 ℳ zu leiſten haben werden. Nun, meine Herren, bitte ich Sie, ſich nicht zu feſt an dieſe Zahl klammern zu wollen; ſie erſcheint ſo überaus günſtig, daß man annehmen muß, weitere gründliche Berechnungen werden dieſe Zahl wahrſcheinlich noch ad pejus verändern. Aber auch wenn dem ſo iſt, wenn wir ſchließlich aus den 4 Jahren des Zuſchuſſes 6 oder vielleicht 7 machen werden, wenn wir auch die Geſamtſumme pro Jahr noch werden erhöhen müſſen, ſo liegen doch gar keine Bedenken vor, etwa aus dieſem Grunde der Vorlage ablehnend gegen⸗ überzuſtehen. Denn auf der andern Seite haben wir durch das Kommunalabgabengeſetz ein außer⸗ ordentlich gutes und, wie ich auch finde, überaus mildes Mittel, die Adjazenten der in Frage kom⸗ menden Gegenden heranzuziehen. Wenn wir das tun, indem wir nach dem jetzt feſtgelegten gemeinen Wert, ohne die Wertſteigerung, die durch die Untergrundbahn hervorgerufen wird, zu berechnen, nur 1% mehr an Grundſteuer erheben, ſo ergibt ſich eine Summe von 270 000 ℳ pro Jahr. Noch neueſte Berechnungen haben ergeben, daß dieſe Summe durch den Zuſchuß niemals wird erreicht werden können. Ich glaube, daß dieſes Mittel den Adjazenten gegenüber ſehr milde iſt, viel milder als das, das die Gemeinde Wilmersdorf anſtrebt, welche mit hohen geforderten Kapitalbeiträgen, alſo mit Summen, die für die Adjazenten verloren ſind, diejenigen Vorteile ausgleichen will, die die Unter⸗ grundbahn denſelben gewährt. Sodann, meine Herren, liegt noch ganz unangetaſtet und unbe⸗ rechnet die große Reſerve da, die wir in der Kapital⸗ ſteigerung unſerer eigenen Grundſtücke haben, ein Poſten, den ich in meinem letzten Referat als wert⸗ volles Aktivum mit eingeſetzt habe. Der iſt bei dieſen Berechnungen noch ganz außer Acht ge⸗ blieben. Endlich, meine Herren, haben wir uns auch mit dem Tarif beſchäftigt, und das war eine ſehr leichte und ſehr dankbare Aufgabe. Aufgebaut iſt die ganze Berechnung auf einem Tarif, nach 24. März 1909. welchem man in der dritten Wagenklaſſe für 20 „, von der Neuen Kantſtraße bis nach dem Zentrum fährt. Sie werden mir zugeben, daß dieſe Zahl eine ſehr günſtige iſt, und daß ein Unternehmen, das derartiges leiſtet, ganz entſchieden lebens⸗ kräftig ſein wird und ſein muß. Meine Herren, das iſt in großen Zügen der Inhalt der Verhandlungen, die wir gepflogen haben. Lückenlos reihten ſich die Bilder und die Betrachtungen im einzelnen zu einem großen, in ſich gefeſtigten Ganzen, dem gegenüber nicht nur jeder Widerſpruch verſtummte, ſondern daß auch die ſpontan ausgeſprochene rückhaltloſe Zuſtimmung der meiſten unſerer Mitglieder fand. Eine Vor⸗ ausſetzung iſt allerdings bei allen dieſen Berech⸗ nungen gemacht worden, und dieſe Vorausſetzung muß auch ein jeder machen, der dem Plan des Magiſtrats ſeine Zuſtimmung geben will: wir müſſen an die Zukunft unſerer Stadt glauben, wir müſſen die feſte Zuverſicht haben, daß zweckmäßig gewählte Maßregeln, richtig eingeſchlagene Wege uns auch in Zukunft die Stellung, die wir im Rah⸗ men von Groß⸗Berlin einnehmen, und die wir auch bei der weiteren Ausbildung dieſes Gebiets im friedlichen Wettbewerbe der Gemeinden einnehmen wollen, behaupten laſſen werden. Ich glaube, wir können das beanſpruchen; wir können es bean⸗ ſpruchen auf Grund alles deſſen, was unſere Stadt⸗ verwaltung in den letzten Jahren und Jahrzehnten für unſere Bürgerſchaft in dieſer Beziehung ge⸗ leiſtet hat. Im Laufe der Beratung fiel von einem Mit⸗ gliede ein Wort, das ich Ihnen zitieren möchte, weil ich es ſo ſchön und richtig fand. Der Redner, der unſerer Verſammlung erſt ſeit kurzer Zeit an⸗ gehört, und der auf der äußerſten Linken ſeinen Platz einnimmt, ſagte: man müßte unſere Stadt nicht lieben, wenn man hier Nein ſagen wollte. Ich möchte mir dieſes Wort zu eigen machen; denn es kennzeichnet, glaube ich, ſehr fein und richtig den Standpunkt, den man dieſer Vorlage gegen⸗ über einnehmen ſoll, einer Vorlage, die wahrlich verdient, daß man ihr mit etwas mehr Wärme und mehr herzlicher Empfindung entgegenkommt, als es ſonſt bei unſern geſchäftlichen Verhandlungen üblich und möglich iſt. Man braucht deswegen noch lange nicht in Hurraſtimmung und in lärmende Be⸗ geiſterung überzugehen, bei der die Stimme der Kritik oft mehr überſchrien als gewürdigt wird. Dieſe Arbeit des Magiſtrats iſt ſo gut, daß ſie ihre Anerkennung auch ohne dies finden wird. Der Aufbau, in dem ſich Stein auf Stein feſt inein⸗ ander fügt, wird weit mehr gewürdigt, wenn man ihn ruhig prüfend betrachtet, er wird beſſer gewür⸗ digt durch eine vorurteilsloſe Prüfung, die es uns allein ermöglicht, dieſer verantwortungsreichen Vor⸗ lage unſere Zuſtimmung zu geben und mit freu⸗ diger Zuverſicht unſer Ja auszuſprechen und zu ſagen: Ich hab's gewagt. Meine Herren, es iſt jetzt draußen Saatzeit. Laſſen Sie uns auch heute eine Saat ausſtreuen und eine Ernte vorbereiten, die zwar langſamer reifen wird als das Weizenkorn, das draußen dem Acker anvertraut wird, die aber, wenn ihre Zeit kommt, unſerer Stadt reichlich Gewinn und gute Frucht bringen wird. Laſſen Sie das uns in dieſer vielleicht folgenſchweren Stunde hoffen; denn wir dürfen es hoffen: quod felix faustumque sit. (Allſeitiges Bravo.)