Sitzung vom 24. März 1909. Stadtv. Becker: Ich möchte an den Magiſtrat die Anfrage richten, ob die Bahn in der Neuen Kantſtraße ihr Ende finden ſoll, oder ob die Abſicht beſteht, ſpäter die Bahn über die Ringbahn weiter, insbeſondere in das Terrain hinein zu verlängern, das der Stadt Charlottenburg dort oben gehört. Stadtbaurat Bredtſchneider: Die Bahn wird vorläufig an der Ringbahn ihr Ende erreichen müſſen. Ich glaube, man kann auch ſchon heute überſehen, daß ſie auch ſpäter nicht weiter geführt werden wird. Es liegt dazu kein Bedürfnis vor, ſie weiter zu führen. Die Rentabilität für eine Fortführung der Bahn über die Ringbahn hinaus — das kann man heute wohl ſchon überſehen — würde ſehr in Frage geſtellt ſein. Stadtv. Zietſch: Der Herr Referent hat in ſeinen Ausführungen bemerkt, daß ein Mitglied der Stadtverordnetenverſammlung, das zur äußer⸗ ſten Linken im Saale gehört, im Ausſchuſſe geſagt habe: wer Charlottenburg lieb habe, müſſe für dieſes Bahnprojekt ſtimmen. Das iſt richtig, das iſt geſagt worden und mit vollem Bewußtſein ge⸗ ſagt worden. Wir haben aber immer auf dieſem Standpunkt geſtanden. Und aus Liebe für Char⸗ lottenburg, für die Geme inde, in der wir mit⸗ arbeiten, haben wir ſeit jeher verlangt, daß die Stadt ſolche Bauten unternehmen ſoll. Wenn Sie dieſe Liebe ſeit je mit uns beſeſſen hätten, wären wir im Ausbau ſtädtiſcher Bahnen ſchon viel weiter. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Ma⸗ giſtrats, wie folgt: 2) Der vorgelegte allgemeine Entwurf für den Bau einer Untergrundbahn vom Nollendorf⸗ platz durch die Kleiſt⸗ und Tauentzinſtraße, den Kurfürſtendamm, die Gieſebrecht⸗, Mommſen⸗, Kaiſer⸗Friedrich⸗ und Kantſtraße bis zur Ringbahn wird genehmigt. Die Koſten für die Herſtellung der Unter⸗ grundbahn im Betrage von etwa 20 Millionen Mark ſind aus einer neuaufzunehmenden Anleihe zu decken.) b) Vorſteher Kaufmann: Ich ſtelle feſt, daß dieſe Vorlage einſtimmig angenommen worden iſt. (Bravo!) Wir kommen nunmehr zu dem eben ver⸗ laſſenen Punkt 4 zurück. Stadtrat Boll: Meine Herren, nach den mir vorliegenden Akten wurden bis zum 2. März für Schneeabfuhr verausgabt 8295 ℳ, vom 2. bis 6. März 8 793 ℳ, und von da an ſind die Zahlen geſchätzt, und zwar auf täglich 1500 ℳ. Für ſpezielle Notſtandsarbeiten befindet ſich in dieſer Summe kein Poſten. (Stadtv. Zietſch: Wieviele Tage lang iſt dieſe Summe gezahlt worden?) Bis geſtern. Stadtv. Wöllmer: Herr Kollege Zietſch ſagte, ich hätte in der vorigen Verſammlung den Antrag der Kollegen Zietſch und Gen. auf Bewilligung von 10 000 ℳ, wenn ich recht verſtanden habe, als gegenſtandslos oder überflüſſig bezeichnet in Rückſicht auf die Vorlage betr. Schneeabfuhr. Es iſt richtig, ich habe darauf hingewieſen, daß dieſe 125 10 000 ℳ wenig bedeuten gegenüber den Ausgaben für außerordentliche Schneebeſeitigung. Ich halte es aber für erforderlich, darauf hinzuweiſen, daß das für uns weder der alleinige noch der Hauptgrund unſerer ablehnenden Stellung geweſen iſt, ſondern der Hauptgrund war bekanntlich der, daß dieſer Antrag etwas abſolut Neues für uns bedeutet, daß es ſich um Bewilligung von Unterſtützungen handelt ohne eine Gegenleiſtung, und daß wir die gemiſchte Deputation für die geeignete Stelle halten, zunächſt einmal dieſe Frage grundſätzlich zu erörtern. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Ma⸗ giſtrats, wie folgt: Zur Verſtärkung der Etatsnummer Ord. Kapitel IX Abſchnitt 4 Nr. 2 für 1908 — außerordentliche Schneebeſeitigung — werden 130 000 ℳ aus laufenden Mitteln bewilligt.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 5 der Tages⸗ ordnung: Mitteilung betr. Arbeiterausſchüſſe. — Druck⸗ ſache 77. Stadtv. Zietſch: Meine Herren, bei dieſer Vorlage beruft ſich der Magiſtrat auf die Beſchlüſſe, die in der Stadtverordnetenverſammlung ſchon vor mehreren Jahren gefaßt worden ſind. Die Be⸗ ſchlüſſe gingen in letzter Linie darauf hinaus, daß der Magiſtrat erſucht wurde, für alle diejenigen ſtädtiſchen Betriebe, die mindeſtens 50 Arbeiter und mehr dauernd beſchäftigen, Beſtimmungen zu treffen, durch welche Arbeiterausſchüſſe für dieſe Betriebe eingeführt werden. Von dieſen Betrieben ſollte in erſter Linie der Feuerwehrbetrieb aus⸗ genommen werden. An dieſe Vorſchrift, die die Notwendigkeit von Arbeiterausſchüſſen nach unten hin abgrenzt, hat ſich der Magiſtrat ſehr ängſtlich gehalten. Und weil er ſich in dieſer, wie mir ſcheint, faſt übertrieben ängſtlichen Weiſe daran feſtge⸗ klammert hat, Arbeiterausſchüſſe nur für Betriebe, die 50 Arbeiter und mehr beſchäftigen, zu errichten, hat die Vorlage bei mir den Eindruck hervorgerufen, als wenn ſie mit wenig Neigung und wenig Liebe von dem Magiſtrat ausgearbeitet worden iſt. Wenn der Magiſtrat auf dem Standpunkt der Mehrheit der Stadtverordnetenverſammlung geſtanden hätte und in dem Sinne die Vorlage ausgearbeitet haben würde, der die Stadtverordnetenmehrheit bei ihren damaligen Beſchlüſſen leitete, dann hätte er viel⸗ leicht nicht ſo ängſtlich die Grenze nach unten ge⸗ wahrt, ſondern namentlich auch für die Kanali⸗ ſationsarbeiter Arbeiterausſchüſſe ins Leben ge⸗ rufen. Und ſchließlich für jede der drei Abteilungen der Kanaliſationsarbeiter, die jetzt in ihren einzelnen Abteilungen noch nicht dauernd bis 50 Leute be⸗ ſchäftigen. Was ſoll nun werden, wenn die Be⸗ triebe ſich ausdehnen? Soll dann die Beſtimmung, betreffend die Errichtung von Arbeiterausſchüſſen sans facon auf dieſe Betriebe Anwendung finden, oder behält ſich der Magiſtrat in dieſem Falle vor, beſondere Beſtimmungen für die Kanaliſations⸗ arbeiter zu treffen? Der Magiſtrat ſagt in ſeiner Begründung der Vorlage, daß die vorliegenden Beſtimmungen nur diejenigen Vorſchriften wiederſpiegeln, die ſich