Sitzung vom 24. März 1909. Ecken und Kanten den Hebel der Sparſamkeit an⸗ zuſetzen, um nach Möglichkeit viel herauszuwirt⸗ ſchaften. Wir werden dasſelbe Bild haben, wie es bei Fricke war: er wird jugendliche Arbeits⸗ träfte einſtellen, wird mit ganz ſcheußlichem Ma⸗ terial in den Straßen herumfahren, er wird die⸗ ſelben alten Klepper haben, wie wir ſie bei Fricke geſehen haben — kurz und gut, dieſelben Begleit⸗ erſcheinungen werden wir wiederfinden. Ich bitte Sie daher, meine Herren, die Vorlage an einen Ausſchuß von 15 Mitgliedern zu ver⸗ weiſen. Da können wir die Sache gründlich be⸗ raten. Hoffentlich kommt der Ausſchuß zu dem Reſultat, daß nicht dem Unternehmer Hennecke der Zuſchlag erteilt wird, ſondern einem von den an⸗ dern Unternehmern, die ſich hier noch angeboten haben. Es braucht nicht einer der billigſten zu ſein, aber es muß nur einer von denjenigen ſein, von denen wir eine gewiſſe Garantie haben. Vor allen Dingen kommt aber auch in Betracht, daß der Unternehmer ſeine Arbeiter in anſtändiger Weiſe entlohnt. Hennecke wird das jedenfalls auf Koſten ſeiner Arbeitskräfte machen. Ich bitte Sie, den Antrag, den Zuſchlag an Hennecke zu erteilen, abzulehnen. Stadtrat Boll: Meine Herren, ich halte es zunächſt für meine Pflicht, gegen den Ausdruck „Schweinerei“ Widerſpruch einzulegen. (Stadtv. Wilk: So ungefähr haben Sie ja ſelbſt, glaube ich, ſich ausgedrückt! — Heiterkeit.) — Bitte, wir ſind hier doch in einer öffentlichen Verſammlung; es kommt hier nicht in Frage, was privatim geſagt worden iſt. Zunächſt beſtreite ich auch — ich kann mich nicht darauf beſinnen —, ſolchen Ausdruck gebraucht zu haben. Jedenfalls kann man nicht öffentlich von dem Syſtem Fricke ſagen, es ſei eine Schweinerei. Er hat vielleicht minderwertige Pferde geſtellt, hat vielleicht nicht die beſten Kutſcher gehäbt — Sie wiſſen ja die Monita, die gezogen worden ſind. Vorſteher Kaufmann (unterbrechend): Ich möchte den Herrn Magiſtratsvertreter darauf auf⸗ merkſam machen, daß die Ordnung in dieſem Hauſe von mir gehandhabt wird. Er kann den Unter⸗ nehmer in Schutz nehmen; aber Worte zurück⸗ weiſen, das iſt meine Sache. Stadtrat Boll (fortfahrend): Herr Vorſteher, ge⸗ ſtatten Sie mir, zu bemerken, daß ich gegen die Ord⸗ nung des Hauſes mich abſolut nicht vergehen will, auch durchaus nicht die Abſicht gehabt habe, das zu tun; ich habe nur etwas richtigſtellen wollen im In⸗ tereſſe eines augenblicklichen Unternehmers der Stadt. Das hielt ich für eine Ehrenpflicht, daß der zuſtändige Dezernent gegen dieſen Ausdruck, der den Unternehmer doch in der Offentlichkeit ſehr ſtark herabſetzt, Verwahrung einlegt. Ich betone nochmals, daß es mir abſolut nicht eingefallen iſt, in Ihr Ordnungsrecht einzugreifen; das hat mir ſtets ferngelegen. Was die Sache ſelbſt anbetrifft, meine Herren, ſo habe ich zunächſt dieſelbe Empfindung gehabt, daß der Unternehmer Hennecke ſich vielleicht geirrt haben könnte. Ich habe doch in allererſter Linie das lebhafteſte Intereſſe daran, daß ſolche minder⸗ wertigen Pferde und Kutſcher, und was ſonſt noch moniert worden iſt, nicht wieder in den Straßen 133 Mann hat mir auf meine Frage erwidert, er ſei kein Neuling im Betriebe. (Stadtv. Wilk: Pferdehändler iſt er!) — Er iſt nebenbei auch Pferdeliebhaber. — Ich habe ſeine Pferde ſelbſt geſehen; ein Pferdelieb⸗ haber ſorgt doch auch für ſeine Pferde, mit minderwertigen Pferden wird er nicht auf der Straße erſcheinen. Er hat mir verſichert, daß er an zuſtändiger Stelle bei der Berliner Straßen⸗ reinigung mit Leuten geſprochen hat, die auf dem Gebiete erfahren ſind, und daß er erſt ſeine Offerte dann abgegeben hat. Ich habe ihm keinen 3weifel darüber gelaſſen, daß er, wenn er in das Vertrags⸗ verhältnis eingetreten iſt, keine Schonung von unſerer Seite zu erwarten hat. Der Mann iſt ausdrücklich darauf hingewieſen worden, daß wir nur das Allerbeſte verlangen. Er hat ſich im übrigen auch vorgeſehen. Wenn Sie einen Blick in die Tabelle werfen wollen, ſo werden Sie aus den dort angeführten Preiſen erſehen, daß der Herr doch ſchon in der Hauptſache andere höhere Preiſe fordert, die ihn ſichern werden. Alſo er kennt ſein Schickſal. Da er außerdem nachgewieſen hat, daß er im Fuhrbetriebe ein erfahrener Mann iſt, ſo wird er nicht unüberlegt uns mit dieſem An⸗ gebot gegenübergetreten ſein. Ich hoffe natürlich auch, daß er das Allerbeſte leiſten wird. Ich möchte Sie davor warnen, ohne weiteres Geld wegzu⸗ werfen, wenn wir glauben, mit dieſem Unternehmer ſchon gute Reſultate zu erzielen. Das iſt auch die Meinung der Deputation ge⸗ weſen. Der Herr Referent hat betont, daß in der Deputation gegen eine Stimme beſchloſſen worden iſt, dem Unternehmer Hennecke den Zuſchlag zu erteilen, und in der Deputation ſind doch alle dieſe Sachen ſorgfältig erwogen worden. Ich bitte Sie, die Magiſtratsvorlage anzunehmen. Stadtv. Rackwitz: Meine Herren, ich bin einiger⸗ maßen überraſcht geweſen, daß in der Vorlage von dem Deputationsbeſchluß: Stellungnahme zu der Erbauung von Stallungen, abſolut nicht die Rede geweſen iſt. Ich habe ja gehört, daß der Herr Dezernent dem Herrn Referenten mitgeteilt hat: das iſt noch zu erwarten, dazu werden wir ſpäter Stellung nehmen. Ich bin aber der Meinung, daß das eine unbedingt mit dem andern zuſammen⸗ hängt, und daß man nur über eine Sache ab⸗ ſtimmen kann, über die man vollkommen Klarheit hat. Nach der Vorlage koſtet die Anlage von Stallungen ein onormes Geld. 380 000 ℳ ſollen die Gebäude koſten, das Grundſtück hinzugerechnet zuſammen etwas über ꝙ Millionen Mark. Dem⸗ gegenüber möchte ich erklären, daß man die Sache ſehr viel billiger machen kann, und zwar habe ich dafür Unterlagen. Ich weiß, daß der jetzige Unternehmer bemüht iſt, auf dem früher Luckmannſchen Grundſtück Stallungen zu bauen, ganz nach dem Wunſche der Deputation, ähnlich den ſchon beſtehenden, die die Müllverwertungsgeſellſchaft hat. Dieſe Stallungen ſind von Fachleuten als gut anerkannt, und ſie ſind ſehr preiswert hergeſtellt. Wenn wir derartige Stallungen herſtellen laſſen und außerdem noch Stellmacherei und Schmiede ſowie vier Wohnungen mit mehreren Zimmern und Küchen vorſehen, ſo koſtet die ganze Anlage nach dem Anſchlage, den Herr Hennecke eingereicht hat, 120 000 bis 150 000ℳ, Charlottenburgs in die Erſcheinung treten. Der alſo keine 380 000 ℳ.