140 „Nachdem eine aus Vertretern des Königlichen Landwirtſchaftlichen Miniſteriums und des Char⸗ lottenburger Magiſtrats beſtehende Kommiſſion ſich im Dezember 1907 überzeugt hatte“ (Zuruf des Bürgermeiſters Matting) — die Stadtverordneten waren erſt nachher dort; ſie haben ſich aber nicht ſo bedingungslos über die Vorzüglichteit der Einrichtungen in Seegefeld aus⸗ geſprochen, ſondern es wurden ſehr lebhafte Zweifel geäußert, namentlich von meinen Freunden — „überzeugt hatte, daß die Seegefelder Anſtalt or dnungsgemäß ausgebaut ſei“ uſw. Und in der nächſten Spalte ſagt die Geſellſchaft wieder: „Von dieſem Verluſt in Höhe von ½ Million Mark iſt ein bedeutender Teil auf den Verluſt an der Schweinemaſt durch Schweinepeſt und Seuchen, ein anderer durch verkehrte Anlagen her⸗ vorgerufen“. Die Kommiſſion, die damals den Betrieb beſichtigt hatte, ſcheint demnach nicht aus Mitgliedern beſtanden zu haben, die eine für unſere Intereſſen erforderliche, genügende Sachkenntnis beſaßen. Ich nehme es den Herren vom Magiſtrat nicht übel, wenn ſie nicht genügende Kenntniſſe von der Schweinemäſterei haben; aber die Herren vom preußiſchen Landwirtſchaftsminiſterium ſollten doch ſo viel Kenntniſſe von der Schweinemäſterei beſitzen. (Zuruf des Bürgermeiſters Matting.) — Die wollen Sie jetzt nicht mehr mitnehmen? Das wird auch bedeutend beſſer ſein. Aber dieſer verunglückte Verſuch hat ergeben, daß die Herren vom preußiſchen Landwirtſchaftsminiſterium auch keine eingehendere Kenntnis von der Schweine⸗ mäſterei haben als die Herren von Magiſtrat. Jedenfalls ſteht feſt, daß die Stadt bei dem ganzen Unternehmen ſehr ſchlecht abgeſchnitten hat. Die Schuld daran liegt zum Teil aber auch auf Seiten der Stadt: die Stadt hatte damals dieſer Geſellſchaft in erſter Linie deshalb den Zu⸗ ſchlag erteilt, weil die Geſellſchaft das billigſte Angebot gemacht hatte. Man hatte damals nicht genügend nachgeprüft, ob die Geſellſchaft zu dem Satze von 1,30 ℳ pro Kopf der Bevölkerung auch ihre Verpflichtung würde erfüllen können. Daß die Geſellſchaft ſich mit dem Satze von 1,30 ℳ nicht hat abfinden laſſen, ſehen Sie ja jetzt. Weil die Stadt damals auf das niedrigſte Angebot ein⸗ gegangen iſt, hat ſie weitere Verpflichtungen für die Zukunft auf ſich geladen. Der erſte Schritt iſt getan, Sie müſſen den zweiten, dritten und eventuell noch weitere Schritte tun. Sie kommen jetzt zu einer Erhöhung des Satzes auf 1,60 %c. Damals hatte der nächſte Anbieter pro Kopf der Bevölkerung 1,97 ℳ gefordert. Wenn Sie den Satz von 1,60 ℳ zahlen wollen und außerdem die verſchiedenen Verpflichtungen in Betracht ziehen, welche die Stadt während dieſer Zeit gegen die Geſellſchaft hat eingehen müſſen, ſo werden Sie finden, daß ſich die Differenz zwiſchen dem Satz von 1,30 und 1,97 ℳ ganz erheblich vermindert hat. (Zuruf.) — Das konnte der Magiſtrat freilich nicht wiſſen, Herr Kollege Dr Landsberger. Aber der Ma⸗ giſtrat will doch ſonſt immer etwas weitſichtiger ſein. Und jedenfalls mußte man einer neuen Sache gegenüber beſonders vorſichtig handeln. Jetzt macht ein Konkurrenzunternehmen, die Ber⸗ üner Müllabfuhrgeſellſchaft, der Stadt das Angebot, die Müllabfuhr in Charlottenburg für eine Quote Sitzung vom 24. März 1909. von 1,67 ℳ pro Kopf der Bevölkerung zu überneh⸗ men. Das iſt ſelbſtverſtändlich das Miſchſyſtem; aber die neue Geſellſchaft hat doch gerade aus der Dreiteilung des Mülls ſo und ſo viele neue Vorteile herausſchälen wollen, die bei dem Miſchſyſtem nicht gegeben ſind! Wir hatten ſchon im vergangenen Jahre von Ihnen verlangt: wenn Ihnen an der Aufrechter⸗ haltung des Dreiteilungsſyſtems gelegen wäre, ſollten Sie nicht die Zinsgarantie übernehmen, ſondern die Stadt ſollte ſich bemühen, die Sache in eigener Regie zu betreiben. Sie haben damals den Schritt nicht mit uns tun wollen; jetzt kämen Sie ohne weiteres dazu, einen Teil des Eigentums der Geſellſchaft ablöſen zu müſſen. Vielleicht wird unſerer Oppoſition von ſeiten des Magiſtrats oder von anderer Seite die Be⸗ hauptung gegenübergeſtellt werden, daß der Kauf dieſer Mülltäſten zum Preiſe von 69 000 ℳ ſchon den erſten Schritt zur Ablöſung der Geſellſchaft bedeute. Wir ſind prinzipielle Freunde der Ab⸗ löſung aller Gemeindeaufgaben erfüllenden Privat⸗ geſellſchaften durch die Stadt; aber ich muß Ihnen offen geſtehen: für dieſes Syſtem der Ablöſung würden wir uns bedanken. Wenn es ſo weiter geht, wie die Geſellſchaft bisher gearbeitet hat — der Herr Referent hat dafür recht draſtiſche Beiſpiele ausgeführt —, dann werden Sie zu dem Zeitpunkt, wenn Sie die Geſellſchaft gänzlich ablöſen wollen, überhaupt nichts mehr zum Ablöſen finden. Bisher ſind ja ſchon die wert⸗ vollſten Beſitzſtände des Unternehmens teilweiſe verpachtet, zum andern Teil verkauft, man kann wohl ſagen, verpfändet worden. Wir können aber mit einer Geſellſchaft, die hauptſächlich nur noch mit geborgten Betriebsmitteln arbeitet, für die Zukunft nicht in der Weiſe weiter arbeiten, wie es nach der Anſicht des Magiſtrats geſchehen ſoll. Eine Geſellſchaft, die ſich ſo inſolvent gezeigt hat wie dieſe, die weder mit eigenen Betriebsmitteln arbeitet, und deren Schuldenlaſt über alle Voraus⸗ ſicht gewachſen iſt, kann nicht mehr als geeignete Kontrahentin angeſehen werden, mit der eine Stadt wie Charlottenburg dauernde Geſchäfte machen kann. Wir würden ohne weiteres dafür ſein, daß eine möglichſt ſchnelle Ablöſung der Ge⸗ ſellſchaft ſtattfindet. Der Herr Referent hat ja auch mit Recht geſagt, die Müllkäſten dürften die Summe gar nicht wert ſein, die dafür gezahlt werden ſoll. Sie wiſſen auch nicht, wie nachher die Müllkäſten, wenn ſie Eigentum der Stadt ſind, von den Angeſtellten der Abfuhrgeſellſchaft be⸗ handelt werden. Wir kennen das; wir haben bei der Straßenreinigung mit dem Wagenmaterial entſprechende Erfahrungen gemacht. Den 69 000ℳ, welche die Stadt zahlen muß, ſteht kein Gegenwert gegenüber, und wo nichts mehr iſt, kann die Stadt nichts holen. Der koloſſalen Schuldenlaſt von 2½¼ Millionen, welche die Geſellſchaft hat auf⸗ nehmen müſſen, ſteht ein gleichwertiges Inventar nicht gegenüber. Wir ſind alſo gegen die Vorlage. Wir hoffen, daß, wenn Sie vorher nicht unſerem Wunſche ge⸗ folgt ſind und den Weg der eigenen Regie nicht mit uns gehen wollten, die neueren Erklärungen der Geſellſchaft, daß ſie nicht mehr weiter kann, Sie veranlaſſen werden, auf unſeren Wunſch jetzt ein⸗ zugehen, die Geſellſchaft in möglichſt kurzer Zeit abzulöſen; denn über kurz oder lang ſehen Sie ſich doch vor dieſe Notwendigkeit geſtellt. Meine Freunde