Sitzung vom 24. März 1909. haben ein ſehr ſtarkes Mißtrauen Geſellſchaft. Wir wünſchen, daß dieſes Mißtrauen auch auf die Teile der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung übergehe, die heute noch Vertrauen in die Geſellſchaft ſetzen. Um die Berechtigung dieſes Miß⸗ trauens nachzuweiſen, werden wir gern mit Ihnen im Ausſchuß arbeiten. (Bravo! bei den Sozialdemotraten.) Stadtv. Jacobi: Meine Herren, ich halte es auch für meine Pflicht, die Intereſſen der Geſell⸗ ſchaft zu ſchonen und zu ſchützen, wie es der Herr Berichterſtatter gewünſcht hat. Aber ich glaube doch, die Zahlen, die uns die Geſellſchaft ſelbſt an⸗ geführt hat, ſprechen eine zu beredte Sprache für jeden denkenden Menſchen und namentlich für jeden Kaufmann. Man hat es wahrhaftig nicht nötig, ſich über dieſen Gegenſtand beſonders zu äußern, wenn man dieſe Zahlen lieſt. Ich beſchränte mich daher darauf, aus der Denkſchrift zwei Dinge hervorzuheben. Es iſt in der Dentſchrift geſagt, daß die Geſell⸗ ſchaft erſt ihre Erfahrungen in den paar Jahren, während welcher ſie die Abfuhr betreibt, geſammelt habe. Das möchte ich einfach den Tatſachen als nicht entſprechend bezeichnen; denn der Unter⸗ nehmer, dem der Zuſchlag erteilt worden iſt, iſt Fachmann, er iſt gerade auf dieſem Gebiete Spezialiſt, er hat das Abfuhrweſen ganz genau ge⸗ kannt und kann ſich nicht darauf beziehen, ſeine Er⸗ fahrungen erſt in dieſem Unternehmen geſammelt zu haben. Ferner heißt es in der Denkſchrift, daß der größte Teil der Unterbilanz auf die Abfuhr entfalle. Das beſtreite ich ebenfalls; die Abfuhr iſt es wirklich nicht, die eine Unterbilanz hervor⸗ gerufen hat. Im Gegenteil, nach meiner Über⸗ zeugung muß das Abfuhrunternehmen ein ſehr lukratives Geſchäft ſein. Ich halte es für ſo lukrativ, daß ich mir vorbehalte, Anträge, die eigene Regie betreffend, zu ſtellen. Meine Herren, wir haben auch nicht nötig, das Teilungsſyſtem aufzugeben. Ich möchte als ein Verdienſt des Magiſtrats bezeichnen, daß er die Bürgerſchaft von Charlottenburg dazu erzogen hat, das Müll zu teilen. Es iſt durchaus nicht nötig, daß eine Dreiteilung ſtattfindet. Ich behaupte, daß die Speiſereſte, die fortwährend Schweinepeſt und Seuche erzeugten, ſo mißliche Verhältniſſe ge⸗ ſchaffen haben. Ich würde das Müll in zwei Teile teilen. Den einen Teil möchte ich als den gewerb⸗ lichen Teil bezeichnen; der zweite Teil würde aus Aſche, Kehricht und Speiſereſten beſtehen. Meinc Herren, man muß daran denken, daß der weſent⸗ lichſte Koſtenpunkt der Müllabfuhr nicht etwa in der Unterhaltung von Wagen, Pferden und Mann⸗ ſchaften beſteht: durchaus nicht. Die Verfrachtung iſt das Koſtſpieligſte bei der ganzen Müllbeſeitigung. Wenn eine Zweiteilung ſtattfindet und die Hälfte des Mülls auf einem der Stadt gehörigen Grund⸗ ſtücke verwertet reſp. verkauft werden kann — es gibt ja Unternehmer, die ſo etwas für Jahre hinaus gern ankaufen —, ſo daß nur die eine Hälfte ver⸗ frachtet zu werden braucht, ſo würde ſich daraus für die Stadt ein durchaus gewinnbringendes Reſultat erzielen laſſen. Ich behalte mir dahin⸗ gehende Anträge vor. Für jetzt bitte ich nur, den Ausſchußantrag anzunehmen. (Die Beratung wird geſchloſſen.) gegenüber der 141 Berichterſtatter Stadtv. Wöllmer (Schluß⸗ wort): Meine Herren, geſtatten Sie mir als Bericht⸗ erſtatter noch ein kurzes Schlußwort. Die Debatte hat, glaube ich, in ſachlicher Beziehung weſentlich neue Geſichtspunkte nicht ergeben. Es iſt nur als neue Idee von den beiden Herren Rednern in die Debatte geworfen worden: die eigene Regie. Wir werden uns in dem gegenwärtigen Stadium am allerwenigſten entſchließen dürfen, zur eigenen Regie überzugehen, weil es den Anſchein haben könnte, als wären wir durch die Verhältniſſe ge⸗ zwungen, dies zu tun. Auch die Erfahrungen bei der Vergebung der Fuhrleiſtungen vorher⸗ gehender Punkt der Tagesordnung — haben nicht dazu beigetragen, die Gegner der eignen Regie geneigter zu ſtimmen. Ich möchte noch einmal die Herren, die in den Ausſchuß gehen, dringend davor warnen, dieſe wichtige Angelegenheit übers Knie zu brechen und etwa zu glauben, daß ſie mit einer Ausſchußſitzung bereits zu einem Reſultat kommen werden. Wir dürfen das bei dieſer außerordentlich wichtigen Sache einmal nicht der Bürgerſchaft gegenüber und zweitens — das ſind Momente, die die Herren Vorredner in die Debatte geworfen haben — auch deshalb nicht, weil wir ſehr ſorgfältig prüfen und Vorbereitungen treffen müſſen, auf daß wir nicht eines ſchönen Tags plötzlich gezwungener⸗ maßen zur eigenen Regie übergehen müſſen. Die Anſichten müſſen ſorgfältig geklärt werden, bevor ſich die Stadtverordnetenverſammlung ent⸗ ſcheiden ſoll, ob ſie für die Müllabfuhr die eigene Regie einführen will. (Die Verſammlung beſchließt dem Antrage des Berichterſtatters entſprechend die UÜberweiſung der Vorlage an einen Ausſchuß von 15 Mitgliedern.) Vorſteher Kaufmann: Es liegt noch der An⸗ trag vor, die Nrn. 8 und 9 der Tagesordnung dem⸗ ſelben Ausſchuß von 15 Mitgliedern zu überweiſen. Der Herr Berichterſtatter hat aber Bedenken ge⸗ äußert, die Angelegenheit demſelben Ausſchuß zu überweiſen. Ich glaube auch, daß es bei der Wichtigkeit der Vorlage beſſer iſt, die Gegenſtände voneinander zu trennen. Stadtv. Dr. Landsberger (zur Geſchäfts⸗ ordnung): Ich ziehe meine Anregung zurück. Vorſteher Kaufmann: Dann werden wir die beiden Ausſchüſſe getrennt in Vorſchlag zu bringen haben. Ich verleſe zuerſt die für den Ausſchuß zu Nr. § der Tagesordnung in Vorſchlag gebrachten Mitglieder: es ſind das die Herren Kollegen Berg⸗ mann, Bollmann, Braune, Brode, Freund, Gebert, Jacobi, Jolenberg, Kern, Klau, Rackwitz, Scharn⸗ berg, Stein, Wenig und Wilk. Für den Ausſchuß zu Nr. 9 der Tagesordnung ſind in Vorſchlag gebracht die Herren Kollegen Becker, Bergmann, Dr Crüger, Dr Flatau, br Frentzel, Freund, Gebert, Jacobi, Jolenberg, Kaufmann, Klau, Scharnberg, Stein, Wöllmer und Zietſch. Wenn kein Widerſpruch erfolgt, ſtelle ich feſt, daß beide Ausſchüſſe in der vorgeleſenen Zuſam⸗ menſetzung gewählt worden ſind. — Ein Wider⸗ ſpruch erfolgt nicht; es iſt ſo beſchloſſen.