148 verehrter Herr Kollege Stein, haben wir denn die Garantie, daß das aufhören wird? Ich ſage: nein, dieſe Garantie haben wir nicht, dieſe Garantie bietet uns das billige Angebot des Herrn Hennecke nicht. Aus dieſem Grunde können wir Herrn Hennecke den Zuſchlag abſolut nicht erteilen. Wenn wir uns die früheren Debatten durch⸗ leſen, die hier gepflogen worden ſind, als Herr Fricke ſich um dieſe Arbeit bewarb, dann müſſen wir auch konſtatieren, daß geſagt worden iſt: bei Herrn Fricke ſind die Zuſtände großartig, alles klappt, alles geht wie am Schnürchen; im Ausſchuß wurde geſagt: Herr Fricke iſt ein ſehr zuvorkommender Mann, er hat alles getan, was er tun konnte — und dabei klappte die Sache doch nicht. Wenn wir aber das Angebot des Herrn Fricke und das Angebot des Herrn Hennecke gegenüberſtellen, ſo müſſen wir das Empfinden haben: es kann auch bei Herrn Hennecke nachher nicht klappen, das iſt eine Un⸗ möglichkeit. Ich bitte Sie dringend: lehnen Sie die Vorlage des Magiſtrats ab! Borſteher Kaufmann: Herr Kollege Gebert, ich möchte Sie darauf aufmerkſam machen, daß es nicht Brauch iſt, Mitteilungen aus dem Ausſchuß unter Nennung einzelner Namen zu machen; das iſt hier niemals Gepflogenheit geweſen. Es kann über Vorgänge im Ausſchuß berichtet werden, aber einzelne Namen nennen, entſpricht nicht dem Brauch der Verſammlung. Ich wollte das be⸗ merken. Dann iſt wohl irrig von Ihnen gemeint worden, daß bei der Abſtimmung der Vorſitzende den Ausſchlag gegeben hat. Sie ſelbſt erwähnen: 8 gegen 7 Stimmen, alſo kann nicht die Stimme des Vorſitzenden ausſchlaggebend geweſen ſein, da das nur bei Stimmengleichheit geſchehen kann. Stadtv. Bergmann: Meine Herren, Herr Kollege Gebert hat als Hauptargument gegen die Ablehnung der Vorlage angeführt, daß Herr Hennecke ſeine Leute ſchlecht beſoldet. In der Annahme, daß Herr Kollege Gebert die Zahlen, die er im Ausſchuß angeführt hat, auch hier an⸗ führen wird, habe ich mich informiert und kann nur ſagen, daß Herr Kollege Gebert irrig berichtet iſt. Ich beſitze das ſchriftliche Zeugnis von vier An⸗ geſtellten des Herrn Hennecke, Stalleuten und Kutſchern, die übereinſtimmend bekunden, daß die Leute bei Herrn Hennecke gut geſtellt ſind; ſie er⸗ halten 30 bis 35 ℳ Wochenlohn; (hört, hört!) das iſt ein ganz ausreichender Lohn, der mindeſtens den Löhnen entſpricht, die in Charlottenburg ge⸗ zahlt werden. Es liegt auch kein Grund vor, an der Leiſtungsfähigkeit des Herrn Hennecke zu zweifeln, und ich weiß keinen Grund, der uns beſtimmen ſollte, Herrn Hennecke den Zuſchlag nicht zu erteilen. Herr Hennecke hat das billigſte Gebot abgegeben, er behandelt ſeine Leute gut, er iſt in guten pekuniären Verhältniſſen, ſo daß er aller Vorausſicht nach ſeinen Vertrag aufrecht erhalten wird. Ich empfehle deshalb dringend, Herrn Hennecke den Zuſchlag zu erteilen. Stadtv. Wilk: Meine Herren, auf unſeren Plätzen liegt heute ein gedrucktes Schreiben des Vereins der Charlottenburger Fuhrherren. Dieſes Schreiben muß doch zu Bedenken Anlaß geben. Es heißt in dem einen Satze: Sitzung vom 31. März 1909 Es iſt von ſeiten des Herrn Hennecke unſern Mitgliedern Richard Gehl und Julius Nien⸗ dorf nach der Submiſſion der Vorſchlag ge⸗ macht worden, gemeinſchaftlich mit ihm die Fuhrenleiſtungen zu ſtellen. Daraus geht doch hervor, daß Herr Hennecke ſich allein nicht getraut, die Sache zu übernehmen, und daß er ſich jetzt ſchon hinterrücks mit den Char⸗ lottenburger Fuhrherren in Verbindung geſetzt hat, um ſein Geſchäft ſich zu erleichtern. Im weiteren heißt es hier auch — und das war ausſchlaggebend für die Mehrheit, daß man Herrn Gehl den Vorwurf machte, daß er der Vor⸗ ſitzende der Ringbildung wäre und Herrn Hennecke eine Abſchlagsſumme zu zahlen hätte —: Unſer Vereinsmitglied Herr Gehl hat bei dem Vorſtand die eidesſtattliche Erklärung abgegeben, daß das Gerücht, er hätte Herrn Hennecke, falls er auf Erteilung des Zu⸗ ſchlages für die Fuhrenleiſtungen in Char⸗ lottenburg verzichtet, eine Abfindungsſumme in irgendeiner Weiſe angeboten, unwahr iſt. Alſo, meine Herren, hier ſtehen ſich jetzt ein paar Außerungen ganz diametral gegenüber, und ich bin der Meinung, daß nach dem, was uns in dem Schreiben hier erzählt wird, die Sache doch noch einmal geprüft werden müßte. Wir haben außerdem die Abſicht, folgenden Antrag zu ſtellen, dem Vertrage mit dem Fuhr⸗ unternehmer beizufügen: Der Unternehmer wird verpflichtet, die zwiſchen den Arbeitgeber⸗ und Arbeitnehmer⸗ organiſationen vereinbarten Lohn⸗ und Ar⸗ beitsverhältniſſe hochzuhalten. Ich möchte Sie daher bitten, in Anbetracht dieſer ganz veränderten Sachlage die Vorlage noch einmal an den Ausſchuß zurückzuverweiſen. Vorſteher Kaufmann: Herr Kollege Wilt, Sie beabſichtigen, dieſen Antrag einzubringen, oder bringen Sie ihn ein? Stadtv. Wilk: Ich bringe den Antrag ein; ich hatte mich vorhin verſprochen. Stadtv. Gebert: Ich will nur darauf hin⸗ weiſen, daß Herr Kollege Bergmann doch irriger Anſchauung iſt. Es trifft zu, Herr Kollege Berg⸗ mann, daß dieſer Betrieb Löhne zahlt in der von Ihnen angegebenen Höhe — aber beileibe keinem Kutſcher! Das ſind die Stalleute, welche bei Herrn Hennecke beſchäftigt werden, welche mir in Gegenwart des Herrn Hennecke und zweier Per⸗ ſonen dasſelbe geſagt haben; aber es iſt doch ein weſentlicher Unterſchied zwiſchen einem Kutſcher und einem ordentlichen Stallmann! Das möchte ich Sie bitten ja auseinanderzuhalten. Ich werde Ihnen aber auch hier auf Grund von mir ein⸗ gezogener Erkundigungen bekannt geben, welche Löhne Herr Hennecke zahlt: er zahlt für ſeine vier Koppelknechte — das iſt der gewöhnliche, volks⸗ tümliche Ausdruck für dieſe Stalleute — den von mir geſagten Lohn von 30 bis 35 ℳ, den Herr Berg⸗ mann ja auch angeführt hat; den Kutſchern aber, die wir nachher draußen bei uns haben — nicht dieſen Stalleuten, die kommen zu uns nicht heraus —, zahlt Herr Hennecke einen Lohn von 18 bis 25 . Und als in einer Zeitung ein Aufruf ſtand: „Geſucht 50 tüchtige Kutſcher“, hatte ſich auch ein großer Teil von meinen Kollegen als Kutſcher bei Herrn