150 Sitzung vom meine Herren, was wir tun können; weiter können wir nicht gehen. Im übrigen haben wir uns nach Herrn Hennecke in Berlin erkundigt, wo er bereits ſeit 3 Jahren im Betriebe tätig iſt, und haben da die allerbeſte Auskunft erhalten. Alſo es liegt gar kein Grund vor, mit irgendwelchem Mißtrauen Herrn Hennecke zu begegnen. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, die Ausführungen des Herrn Oberbürgermeiſters ent⸗ heben mich deſſen, Ihnen weitere Gründe anzu⸗ führen, die mich veranlaſſen, Sie zur Ablehnung des Antrages der Sozialdemokraten aufzufordern. Ich möchte nur hinzufügen, daß, wenn eine Frak⸗ tion des Hauſes derartig wichtige, einſchneidende Anträge hat, ſie doch gut tun würde, ſie im Aus⸗ ſchuß vorzubringen. Es iſt ja keine ſo neue Auf⸗ faſſung der Herren von der Linken, daß ſie ſolche Wünſche haben; dann hätten ſie aber doch im Ausſchuß Gelegenheit gehabt, ihre Wünſche vor⸗ zubringen, und dann hätten ſie dort erledigt werden können. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Da haben wir ja das Schreiben noch gar nicht gehabt!) Nun möchte ich einer Außerung, die hier ge⸗ fallen iſt, doch energiſch entgegentreten. Es iſt hier geſagt worden: der Unternehmer iſt ja viel zu billig, er kann dabei nicht beſtehen: und es iſt auf die Müllverwertungsgeſellſchaft exemplifiziert worden. Meine Herren, wenn wir weiter ſo vor⸗ gehen und bei jeder Vorlage, die wir haben, ſagen: der Unternehmer iſt viel zu billig — wohin ſollen wir da eigentlich kommen? (Sehr richtig!) Ich glaube, das Intereſſe der Bürgerſchaft wird mit ſolchen Worten nicht gefördert. (Sehr richtig!) Ich möchte doch bitten, daß wir alle un⸗ bewußt bleiben, daß wir die Intereſſen der Stadt zu ver⸗ treten haben und nicht die Unternehmer aufzu⸗ fordern haben, höhere Preiſe zu fordern, als ſie es tun. Der Vergleich mit der Müllverwertungsgeſell⸗ ſchaft trifſt übrigens nicht zu. Das war ein neues Unternehmen, bei welchem Grundlagen nicht vor⸗ handen waren, auf denen die Submittenten ihre Preiſe aufbauen konnten. Hier handelt es ſich um ein Unternehmen, worüber ſo viele Erfahrungen geſammelt ſind in allen möglichen Städten, daß gar teine Rede davon ſein kann, daß ſich einer in ſeinen Berechnungen vergaloppieren kann. Da würde ich es vollkommen ablehnen, nachher dem Unternehmer unter die Arme zu greifen; das iſt ſein Riſiko. Dazu haben wir Privatunternehmer herangezogen. Stadtv. Dr. Borchardt: Herrn Kollegen Stadthagen möchte ich zunächſt ſagen: er wird es ſchon uns überlaſſen müſſen, wann wir unſere Anträge einbringen wollen. Wir werden auch in Zukunft den Zeitpunkt zur Einbringung von An⸗ trägen nach unſerm Ermeſſen wählen, ohne bei ihm anzufragen. Der Herr Oberbürgermeiſter hat den Kern⸗ punkt nicht berührt. Es ſind ſeinerzeit, als die Sub⸗ miſſionsbedingungen beraten wurden, leider unſere Anträge, die dahin gingen, nur ſolche Firmen zu berückſichtigen, welche die im Gewerbe üblichen Löhne zahlen, nicht angenommen worden; aber es 31. März 1909 iſt bei den Beratungen doch gar kein Zweifel ge⸗ laſſen worden, auch von ſeiten des Magiſtrats nicht, daß der Magiſtrat ſich nicht auf den Stand⸗ punkt ſtellt, den ſoeben Herr Kollege Stadthagen vertreten hat, der mit aller Energie das Intereſſe der Stadt nur dadurch gewahrt ſieht, daß unter allen Umſtänden immer der billigſte Unternehmer den Zuſchlag bekommt, mag er Löhne zahlen, wie er will. Bei jenen Beratungen iſt nach meinen Erinnerungen auch von ſeiten des Magiſtrats der Standpunkt vertreten worden, daß die Stadt ſehr wohl Veranlaſſung hat, nicht an ſolche Unter⸗ nehmer Arbeiten zu vergeben, bei welchen ſo⸗ genannte Schundlöhne gezahlt werden, und die zu einem billigen Angebot nur durch ſolche Schund⸗ löhne kommen können. Dadurch war alſo doch wohl die Annahme berechtigt, daß der Magiſtrat ſich über die Lohn⸗ verhältniſſe durchaus orientiert, die in dem Be⸗ triebe gezahlt werden, der den Zuſchlag bekommen ſoll. Das ſcheint aber in ausreichendem Maße nicht geſchehen zu ſein, und nach alledem, was hier darüber geſagt iſt, iſt eine volle Klarheit darüber nicht vorhanden. Herr Kollege Bergmann verſichert mit vollſter Entſchiedenheit, daß auch die Kutſcher angemeſſene Löhne bekommen, Herr Kollege Gebert verſichert mit derſelben Entſchieden⸗ heit, daß der Unternehmer nicht, wie Herr Kollege Bergmann meint, nur in Zukunft derartig niedrige Löhne wird zahlen können, ſondern er verſichert mit derſelben Entſchiedenheit, mit der Herr Kollege Bergmann das Gegenteil verſichert, daß der Unter⸗ nehmer jetzt bereits an die Kutſcher derartig niedrige Löhne zahlt, Löhne, die ſich in den Grenzen von 18 dis 25 ℳ bewegen, und Löhne, die bei Tagesarbeit 3 ℳ, bei Nachtarbeit 3,50 ℳ betragen, Löhne alſo, die nicht als in denjenigen Grenzen liegend bezeichnet werden können, die in dieſem Gewerbe üblich ſind, und die unbedingt erforder⸗ lich ſind. Der Herr Oberbürgermeiſter hat uns nur geſagt, daß der Mann eben ortsübliche Löhne wird zahlen müſſen. Ja, das genügt doch nicht. Der Ausdruck „ortsüblicher Lohn“ iſt doch ſehr dehnbar; man fann da gar zu leicht an den Begriff des „orts⸗ üblichen Tagelohnes“ denken, der ja ein beſtimmter techniſcher Ausdruck iſt und keineswegs einen be⸗ ſonders hohen Lohn, ja nicht einmal den durch⸗ gängigen ortsüblichen Lohn bezeichnet, ſondern eher einen beſonders niedrigen Lohn. Nun exiſtieren aber in dieſem Gewerbe Ab⸗ machungen zwiſchen den Unternehmern und der Arbeiterorganiſation, und deswegen war es doch wohl zu erwarten, daß der Magiſtrat ſich darüber vergewiſſert, ob dieſe Abmachungen eingehalten werden. Da das nicht geſchehen iſt, ſo kann es noch immer geſchehen, und zwar um ſo eher, als in der Tat das uns zugegangene Schreiben des Vereins Charlottenburger Fuhrherren, wie ſchon ausgeführt iſt, einige nicht unbeachtliche Sätze enthält, die doch einer eingehenden Beleuchtung und Beratung in einem Ausſchuſſe wert ſind. Deswegen, meine ich, ſollten Sie ſich nicht dem Antrage verſchließen, da durch dieſes Schreiben die Dinge wirklich in einem andern Lichte erſcheinen, die Sache noch einmal in einem Ausſchuß zu be⸗ raten. Ich möchte noch hinzufügen, daß die Ab⸗ fuhrgeſellſchaft der Berliner Hausbeſitzer die zwi⸗ ſchen den Unternehmern und den Arbeitern ver⸗ einbarten tarifmäßigen Löhne zahlt. Es wäre