Sitzung vom 31. März 1909 alſo durchaus wünſchenswert, daß, wenn die Stadt nicht zu dem eigenen Regiebetrieb übergeht, daß, wenn die Stadt die Arbeiten an einen Unter⸗ nehmer doch wiederum verleiht, ſie dann in dieſem Falle ebenfalls darauf dringt, daß der Unternehmer dieſe Löhne zahlt. IIch bitte Sie daher, unter allen Umſtänden unſern Antrag anzunehmen, in erſter Linie aber die ganze Angelegenheit noch einmal an den Aus⸗ ſchuß zurückzuverweiſen. Stadtv. Wilt: Meine Herren, es werden hier bezüglich der Lohnverhältniſſe ſo außerordentlich widerſprechende Angaben gemacht, daß ich mich doch veranlaßt ſehe, eine Außerung des Herrn Hennecke ſelbſt wiederzugeben. Herr Hennecke verfolgt nämlich eine ganz außergewöhnliche Praxis. Er fährt alle Tage bei Stadtverordneten herum, um ſie zu beeinflußen — — (Unruhe.) Vorſteher Kaufmann (unterbrechend): Herr Kollege Wilk, die Stadtverordneten laſſen ſich nicht beeinfluſſen. Stadtv. Wilt (fortfahrend): wenigſtens nicht beeinflußt. (Heiterkeit.) Mich hat E1 Borſteher Kaufmann (unterbrechend): Was Sie von ſich denken, ſollten Sie auch von anderen denken. (Heiterkeit.) Stadtv. Wilt (fortfahrend): Alſo, meine Herren, ich habe Herrn Hennecke danach gefragt, was er für Löhne zahlt. Da hat er mir erklärt: er zahlt ſeinen Kutſchern Löhne von 24ℳ, 28 ℳ; den andern ſagte er zahlt 30 ℳ; das ſind alles widerſprechende An⸗ gaben. Die hieſigen Fuhrherren zahlen faſt durch⸗ weg Löhne von 30 ℳ bis 34 ℳ; das iſt doch ein ganz außerordentlicher Unterſchied. Außerdem ſind bei den Charlottenburger Fuhrherren doch auch ganz annehmbare Arbeitsverhältniſſe. Ich möchte Sie bitten, die Vorlage noch einmal an den Ausſchuß zu verweiſen, damit ſie noch einmal gründlich beraten wird, und dann auch unſern An⸗ trag anzunehmen, der die Aufnahme einer Be⸗ ſtimmung über die zwiſchen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern vereinbarten Lohnverhältniſſe for⸗ dert. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Stein (Schlußwort): Meine Herren, es iſt mir heute wieder gewiſſer⸗ maßen zum Vorwurf gemacht worden, daß ich die Annahme der Vorlage beantrage, trotzdem ich früher das Benehmen der Kutſcher, das ſchlechte Material an Pferden uſw. getadelt habe. Ja, meine Herren, ich habe das mit vollem Fug und Recht getadelt, weil es ſchlecht war und auch jetzt noch nicht viel beſſer iſt. Deshalb bin ich für die eigene Regie ge⸗ weſen; die Stadtverordnetenverſammlung hat die eigene Regie aber abgelehnt, und damit iſt ſie doch gefallen. Da kann ich doch jetzt nicht von neuem kommen und ſagen: laßt das ſein und macht die eigene Regie! Nachher kommen wir zu der Drei⸗ teilung; da bin ich fürs Verbrennen geweſen — ja, Sie haben es anders beſchloſſen. Da werde ich mich doch auch nicht auf den Kopf ſtellen (Stadtv. Hirſch: Warum nicht?) 151 und ſagen: laßt die Dreiteilung ſein, ich bin fürs Verbrennen! Ich bin doch nur ein einzelnes Mit⸗ glied der Verſammlung und kann doch nicht ſagen: was ich ſage und denke, iſt das allein Wahre. Nein, wir müſſen uns der Majorität fügen; (Stadtv. br Crüger: Bravo!) was die will, geſchieht, und ich hoffe, das wird auch in dieſem Falle geſchehen. Nun iſt hier geſagt worden, daß ich gegen Herrn Gehl etwas geſprochen habe. Herr Gehl iſt auch bei mir geweſen — ja, es ſind viele bei mir geweſen! Herr Hennecke iſt auch nur einmal bei mir geweſen — es war ja auch gerade genug. (Große Heiterkeit.) Ich bin doch auch nicht ohne Sachkenntnis bei Pferden und Fuhrwerken; ſo ein alter Artilleriſt hat davon ein bißchen Ahnung wenigſtens, ſo daß er ſich nicht ohne weiteres übers Ohr hauen läßt und alles glaubt, was geſagt worden iſt. Ich habe mich durch Reden und Schriften nicht beſtimmen laſſen. Trotzdem glaube ich, daß augenblicklich der einzig richtige Weg iſt, daß wir die Vorlage an⸗ nehmen. Ob es nun in zwei oder drei Jahren wieder zu Klagen kommen wird — das wiſſen wir bei all den andern Herren auch nicht! Ob der eine ein bißchen Lohn mehr zahlt als der andere, — der Lohn allein macht es auch nicht, die Behandlung kommt dazu. Wir wiſſen doch auch nicht, wie Herr Gehl das nach⸗ her macht uſw. (Sehr richtig!) Dann können wir nachher eben nur ſagen: fort du Traum! dann gehen wir eben zu etwas anderm über. Nun iſt der Antrag geſtellt worden, die Be⸗ dingung in den Vertrag einzuſtellen: Der Unternehmer wird verpflichtet, die zwiſchen den Arbeitgeber⸗ und Arbeitnehmer⸗ organiſationen vereinbarten Lohn⸗ und Ar⸗ beitsverhältniſſe hochzuhalten. (Heiterkeit.) Ja, meine Herren, ich weiß nicht, was das heißt. (Stadtv. Wilk: Na, Sie werden es ſchon verſtehen 1) — Nein, ich verſtehe es wirklich nicht. (Große Heiterkeit.) Sie müſſen ſchon ſo freundlich ſein und dazu eine Erläuterung geben. Was heißt das: hochhalten? (Stadtv. br Crüger: Die Debatte iſt geſchloſſen!) Meine Herren, ich bitte alſo noch einmal, die anderweiten Anträge zu verlaſſen und einfach den Magiſtratsantrag anzunehmen. Stadtv. Dr. Stadthagen (perſönliche Be⸗ merkung): Herr Kollege Borchardt hat mir die Außerung unterſtellt, unter allen Umſtänden müſſe man bei einer Submiſſion dem Billigſten den Zu⸗ ſchlag erteilen. Ich muß mit aller Entſchiedenheit hier feſtſtellen, daß ich eine ſolche Außerung weder dem Wortlaut noch dem Sinne nach getan habe, wie das Stenogramm auch ausweiſen wird. Vorſteher Kaufmann: Wir kommen zur Ab⸗ ſtimmung. Herr Kollege Gebert hat beantragt, die ee. an den Ausſchuß noch einmal zurückzuver⸗ weiſen. (Die Verſammlung lehnt die Zurückverweiſung der Vorlage an den Ausſchuß ab.)