Sitzung vom 21. April 1909 Referent eben abgegrenzt hat, in bezug auf derartige Vorlagen aufrecht erhalten zu wollen; zunächſt, was den allgemeinen Standpunkt anbetrifft: Wir haben uns bei der letzten Etatsberatung mit den ver⸗ ſchiedenen Beiträgen, die wir an Vereine zahlen, beſchäftigt und der Magiſtrat iſt erſucht worden — und hat auch zugeſagt —, vor der nächſten Etats⸗ aufſtellung eine eingehende Reviſion dieſer Bei⸗ träge, die zum Teil veraltet ſind und unter denen wahrſcheinlich ſolche ſein werden, die wir nicht mehr recht mit ausreichenden Gründen vertreten können, vorzunehmen. Wir haben uns aber noch nicht über irgendein Prinzip geeinigt, nach dem wir dabei vorgehen wollen. Wir ſind alſo vorläufig auch nicht in der Lage, irgendeinem Prinzip nach⸗ kommen zu können, ſondern müſſen von Fall zu Fall im einzelnen diejenigen Anträge, die an uns heran⸗ treten, prüfen. Sodann möchte ich zu dem beſondern, vor⸗ liegenden Antrage ſprechen. Meine Herren, wir ſind der Anſicht, daß es ſich hier nicht nur um ein gemeinnütziges Unternehmen an ſich handelt, ſondern um eine Frage, die gerade die großſtädtiſche Bevölkerung und vor allen Dingen die minder⸗ bemittelte großſtädtiſche Bevölterung erheblich be⸗ rührt. Der Obſtgenuß iſt in unſerer Bevölkerung noch lange nicht ſo weit verbreitet, wie er es verdient. Der Obſtgenuß iſt ſehr geſund, und es iſt durchaus zu wünſchen, daß unſere weniger wohlhabende Be⸗ völkerung in der Lage iſt, für geringes Geld gutes, ſchmackhaftes und geſundes Obſt zu erhalten. Das iſt aber nur möglich, wenn unſere Obſtzucht, die bei uns im Lande noch in den Kinderſchuhen ſteckt, gefördert wird. Ich bin hierher nach Charlotten⸗ burg aus einer Provinz gekommen, in der man die Beförderung dieſer Beſtrebungen ſich in erheblichem Maße angelegen ſein ließ, aus der Provinz Sachſen, wo den Bauern auf dem Lande durch Ausſtellungen vor Augen geführt wurde, daß es in ihrem eigenen lebhafteſten Intereſſe liegt, gute Obſtſorten zu pflanzen, wo ſie gelehrt wurden, welche Obſtſorten dem Klima angemeſſen ſind, welche den verſchiede⸗ nen Bodenklaſſen entſprechend zu pflanzen ſind, wo ihnen gezeigt wurde, wie überall Wege und offene Anger, die jetzt nicht genutzt werden, mit ſolchen Obſtbäumen zu beſetzen ſind. Dieſe Be⸗ ſtrebungen werden in derartigen Ausſtellungen in hervorragendem Maße gefördert, und verbreiten ſie ſich über unſer ganzes Vaterland von Jahr zu Jahr mehr, ſo wird die großſtädtiſche Bevölkerung davon die beſten Vorteile dadurch haben, daß ihr Obſt zu verhältnismäßig geringen Preiſen in guten Qualitäten zur Verfügung geſtellt werden wird. Sehen Sie ſich doch einmal unſere geringere Bevölke⸗ rung im Herbſt, wenn es Obſt gibt, auf unſern Straßen an! Überall finden Sie fliegende Obſt⸗ händler, denen wir das Geſchäft nicht legen, weil wir ſehen, daß unſere Bevölkerung ſcharenweiſe zu ihnen läuft und Obſt kauft. Dies vielbegehrte Obſt iſt aber immer noch nicht von der guten Qualität, wie wir es gern wünſchen. Es liegt alſo durchaus im wohlverſtandenen Intereſſe unſerer Großſtädte, daß wir derartige Beſtrebungen, wie ſie in einer Obſtausſtellung gefördert werden, unterſtützen. Nun tun wir das hier mit einem Betrage von 100 ℳ. Ich bin dem Herrn Referenten dafür dantkbar, daß er ſagte: wir wollen die 100 ℳ nicht ablehnen. Ich habe nur geſprochen, um zum Ausdruck zu brigen, daß wir nicht ſo aus a lge⸗ meinem nationalem Empfinden, um das Gute 161 zu unterſtützen, gehandelt haben, ſondern daß wir gerade auch Rückſicht genommen haben auf unſere großſtädtiſchen Intereſſen. Übrigens, meine Herren, ſind wir ſo bereits ſeit mehreren Jahren vorgegangen. Wir haben derartige Obſtausſtellungen immer aus den vorhin entwickelten Geſichtspunkten durch Prämienverleihung unterſtützt. Ich möchte Sie bitten, auch hier keine Ablehnung auszuſprechen. Im übrigen möchte ich dem Herrn Referenten ſagen, daß wir das, was wir verſprochen haben, halten werden: wir werden vor der nächſten Etats⸗ beratung eine eingehende Reviſion aller der Bei⸗ träge, die wir leiſten, vornehmen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Ma⸗ giſtrats, wie folgt: Zur Beſchaffung eines Ehrenpreiſes für die in der Zeit vom 4. bis 13. September 1909 in Cüſtrin ſtattfindende Provinzial-Obſt⸗ und Gartenbau⸗Ausſtellung wird der Betrag von 100 ℳ aus dem Dispoſitionsfonds bewilligt.) Borſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Wit kommen nun zu dem dringlichen Antrage der Stadtv. Bollmann und Gen. betr. die Reviſion des Normaletats. Antragſteller Stadtv. Meyer: Meine Herren, die Stadtverordnetenverſammlung hat am 15. April vorigen Jahres einen Beſchluß gefaßt, deſſen erſter Punkt lautete: Der Magiſtrat wird erſucht, ſobald als möglich, ſpäteſtens im Herbſt 1908, eine Vorlage betreffend die Reviſion ſämt⸗ licher Gehälter und Löhne vorzulegen und die Erhöhung mit rückwirkender Kraft vom 1. April 1908 ab einzurichten. Am 4. November 1908 iſt demnächſt von den Herren Kollegen Zietſch und Gen. die Anfrage an den Magiſtrat geſtellt worden, in welchem Stadium ſich die Vorarbeiten zu dieſer damals gewünſchten Vorlage befinden, und Herr Bürger⸗ meiſter Matting hat darauf erwidert, daß es wünſchenswert ſei, die bevorſtehende Regelung der Beſoldungsverhältniſſe in Reich und Staat abzuwarten. Er hat darauf hingewieſen, daß das Proviſorium, das durch die Teuerungs⸗ zulagen geſchaffen ſei, ausreiche, um die Er⸗ ledigung wenigſtens nmoch um einige Mo⸗ nate hinausſchieben zu können. Namens meiner Fraktion hat ſich damals Herr Kollege Otto mit dieſer Auffaſſung des Herrn Bürger⸗ meiſters einverſtanden erklärt, wobei er die Mög⸗ lichkeit ins Auge faßte, daß die Regelung unter Umſtänden in das neue Jahr, viel⸗ leicht ſogar in die erſten Monate des neuen Jahres ſich hineinziehen könnte. Auch Herr Kollege Zietſch hat, wenn er auch das fortwährende Proviſorium als einen unglück⸗ ſeligen Zuſtand bezeichnete, wenigſtens ſoweit es ſich um die Beamten und Lehrer handelte, nicht gerade den entgegengeſetzten Standpunkt vertreten, ſondern die Schwierigkeit einer ge⸗ ſonderten Regelung durch Reich und Staat an⸗ erkannt. Meine Herren, wie aus dem, was ich Ihnen aus der damaligen Sitzung berichtet habe, hervor⸗ geht, war die allſeitige Vorausſetzung der Stellung⸗