162 nahme ſowohl des Magiſtrats als der Herren ordnung, Redner aus der Stadtverordnetenverſammlung die, daß der Landtag die Beſoldungsgeſetze derart verabſchieden wird, daß ſie ſpäteſtens am 1. April 1909 in Kraft treten würden. Dieſe Voraus⸗ ſetzung war auch voll gerechtfertigt durch den bekannten Paſſus, der ſich in der Thronrede be⸗ fand, auf den ich hier nicht zurückzugreifen brauche, und durch verſchiedene Kundgebungen nam⸗ hafter Abgeordneter aller Parteien. Sie wiſſen, daß der Gang der Dinge jedoch eine überraſchende Wendung genommen hat, daß ſich die Beratung der Beſoldungsvorlage im preußiſchen Abge⸗ ordnetenhauſe bereits verzögert hat, und, nach⸗ dem hier endlich eine Einigung über die Geſetze erfolgt iſt, die Kommiſſion des Herrenhauſes wider alles Erwarten große Schwierigkeiten ge⸗ macht, an einem verhältnismäßig unbedeutenden Punkte Anſtoß genommen hat, und infolgedeſſen iſt nun damit zu rechnen, daß noch einmal die Vorlagen mit einer Abänderung wieder an das Abgeordnetenhaus zurückgehen und die Bera⸗ tungen ſich mehr oder weniger in die Länge ziehen werden. Wir ſtehen vor den Sommerferien der Parlamente, und wenn wir es auch nicht hoffen wollen, ſo iſt es doch nicht ganz ausge⸗ ſchloſſen, daß die Parlamente auch noch bis über die Sommerferien hinaus die Verabſchiedung dieſer Angelegenheit verzögern werden. Damit ſind die Vorausſetzungen, unter denen wir und auch der Magiſtrat die endgültige Regelung im Staate abwarten wollten, hinfällig geworden, und wir werden uns fragen müſſen, ob es unter dieſen Umſtänden nicht angezeigt iſt, der endgültigen Regelung des Staates vorzu⸗ greifen und unſererſeits ſchleunigſt die Reviſion vorzunehmen. Meine Herren, wir ſtehen auf dem Stand⸗ punkt, daß es keineswegs mehr notwendig iſt, die Regelung des Staates abzuwarten, und zwar hauptſächlich deshalb nicht, weil ſich ſeit jener Beratung im November ja die Situation inſofern völlig verändert hat, als, während damals noch eine vollſtändige Unklarheit über das, was werden würde, herrſchte, nunmehr doch ungefähr feſt⸗ ſteht, was im Staate aus den Beſoldungsgeſetzen werden wird, jetzt die weſentlichen Geſichts⸗ punkte geklärt ſind. Es dreht ſich dort nur noch um ein Herumhandeln an verhältnismäßig un⸗ bedeutenden Punkten, namentlich beim Woh⸗ nungsgeldzuſchuß, und, meine Herren, wir ſind uns wohl alle darüber einig, daß wir uns an dieſer Wettknauſerei nicht zu beteiligen gedenken. Wenn das Abwarten nicht notwendig iſt, ſo iſt es erſt recht nicht wünſchenswert; denn das Proviſorium, das nun ſchon ſeit Jahr und Tag beſteht, hat alle Fehler eines Proviſoriums. Es war gut und ge⸗ eignet als eine vorübergehende Regelung. Aber auf Jahre hinaus wird es von den Beamten, Lehrern und Arbeitern unliebſam empfunden, und die natürlichen Mängel, die ihm namentlich im Vergleich zu dem anhaften, was wir von der endgültigen Reviſion erwarten, rechtfertigen voll⸗ ſtändig dieſe Mißſtimmung, die in den Kreiſen der ſtädtiſchen Angeſtellten herrſcht. Als ein neuer Punkt iſt hinzugetreten, daß die Stadt Berlin ſich bereits entſchloſſen hat, der endgültigen Regelung im Staate vorzugreifen, und der dortige Magiſtrat ſoeben eine neue Be⸗ ſoldungsordnung vorgelegt hat, eine Beſoldungs⸗ Sitzung vom 21. April 1909 die ſich allerdings nur auf die ſtädtiſchen Beamten und Bedienſteten bezieht, die Lehr⸗ perſonen nicht mit berückſichtigt. Die Ausnahme, die hier in bezug auf die Lehrer gemacht worden iſt, iſt natürlich unliebſam, und wir hoffen, daß es unſer Magiſtrat ermöglichen wird, in die Vor⸗ lage, die er uns bringen wird, auch die Lehrer einzubegreifen. Denn auch für die Lehrer ſteht das Weſentliche der künftigen ſtaatlichen Be⸗ ſoldung ſchon feſt, und es dürften ſich daher dem Verſuche, auch ihre Beſoldung in der Kommune alsbald zu regeln, zwingende Hinderniſſe nicht entgegenſtellen. Wenn uns allerdings hier die Erwartung täuſchen und der Magiſtrat ſich nicht in der Lage ſehen ſollte, in dieſer Beziehung vor der ſtaatlichen Regelung vorzugehen, und wenn was wir, wie geſagt, nicht hoffen wollen — wirk⸗ lich die ſtaatliche Regelung über die Sommer⸗ ferien hinaus ſich hinziehen ſollte, in dieſem Not⸗ falle würden wir allerdings dazu ſchreiten müſſen, hinſichtlich der Beamten und der Arbeiter allein vorzugehen, weil es ſich doch auf die Dauer nicht rechtfertigen ließe, dieſe beiden Kategorien deshalb warten zu laſſen, weil außerordentlich bedauer⸗ licherweiſe die Regelung für die dritte Kategorie von der ſich verzögernden Regelung im Staate abhängig gemacht werden ſoll. Meine Herren, wir ſind überzeugt, daß auch unſer Magiſtrat, ebenſo wie der Berliner Ma⸗ giſtrat, die ſorgfältigſten Vorarbeiten getroffen hat und in der Lage iſt, ohne einen weſentlichen Zeitaufwand unſerem Wunſche Folge zu leiſten. Wir ſind weiter davon überzeugt, daß es uns dann gelingen wird, in Gemeinſchaft mit dem Magiſtrat etwas zuſtande zu bringen, was die gerechten Forderungen der Beamten, Lehrer und der Arbeiter befriedigen wird, ohne die Grenzen zu überſchreiten, die uns durch unſere Finanzlage geſteckt ſind. Meine Herren, die impoſante Kundgebung, welche die Beamten⸗ ſchaft und Lehrerſchaft am 18. April veranſtaltet haben, hat ja bewieſen, daß auch ſie ſich der Grenzen wohl bewußt ſind, die in dieſer Be⸗ ziehung innezuhalten ſind. Um ſo dringender iſt die Verpflichtung von Reich, Staat und Kom⸗ munen, die gerechten Forderungen zu erfüllen. Denn wir alle wiſſen, daß es ſich nicht um Ge⸗ ſchenke handelt, ſondern um Gegenleiſtungen für Leiſtungen, die bereits ſeit langem fällig ſind. Aus dieſen Gründen bitten wir Sie, ein⸗ mütig dem eingebrachten Antrage zuzuſtimmen, und wir haben die Hoffnung und das Vertrauen, daß der Magiſtrat unſerm Beſchluſſe die Wür⸗ digung und Berückſichtigung zuteil werden laſſen wird, die der moraliſchen und ſachlichen Be⸗ deutung der Angelegenheit entſprechen. (Bravo!) Stadtv. Zietſch: Herr Kollege Meyer hat ſchon darauf hingewieſen, daß uns die vorliegende Frage des öfteren beſchäftigt hat. Wenn ich die zwei Etatsberatungen von 1908 und 1909 hinzunehme, dann ſind es allein ſechs Sitzungstage geweſen, an denen wir uns mit dieſer Angelegenheit zu be⸗ ſchäftigen gehabt haben: Es waren der 25. März, der 15. April, der 20. Mai, der 4. November, dann die Etatsberatung 1909 und jetzt. Wir hatten damals ſchon, als wir am 4. November unſere Anfrage an den Magiſtrat begründeten, darauf hin⸗ gewieſen, daß das Proviſorium nicht nur von der