174 oder wenn ſie vollendet ſind. Die angedeutete Annahme hat auch dem Magiſtrat die Veranlaſſung gegeben, unſern Antrag abzulehnen, um dann zu dieſer Vorlage zu kommen. Ich will mich heute nicht in theoretiſche Erörterungen einlaſſen, was das Richtigere iſt. Ich ſtimme jedenfalls der Auf⸗ faſſung meiner Parteifreunde zu, daß ſchon die an⸗ gefangenen 50 000 zu weiteren 6 Stadtverordneten berechtigen, aus der einfachen Erwägung heraus, weil es im § 12 der Städteordnung heißt: von 90 001 bis zu 120 000 Mitgliedern wird die Zahl der Stadt⸗ verordneten auf 60 feſtgeſetzt. D. h., ganz ohne Rückſicht darauf, ob die Zahl 120 000 ſchon erreicht iſt oder nicht, tritt, wenn nur 1 Einwohner über 90 000 in der betreffenden Gemeinde feſtgeſtellt iſt, ohne weiteres eine Erhöhung der Zahl der Stadtverordneten ein. Das muß man logiſcher⸗ weiſe auch übertragen können auf jede angefangenen, nicht abgeſchloſſenen 50 000 der Einwohnerzahl. Wenn der Magiſtrat im Jahre 1901 geſagt hat, jedes angefangene 50 000 berechtige ſchon zu einer weiteren Vermehrung der Stadtverordnetenziffer, dann müßte er doch eigentlich jetzt auf demſelben Standpunkt ſtehen. Es iſt richtig, die Ergebniſſe der letzten Volkszählung im Jahre 1905 haben das weitere 50 000 der Einwohnerzahl in Char⸗ lottenburg noch nicht voll gemacht. Aber dem Magiſtrat wäre es leicht geweſen, in Konſequenz ſeiner Stellung im Jahre 1901 dem Wunſche der Stadtverordneten reſp. meiner Freunde um ſo eher Rechnung zu tragen, als ja in Wirklichkeit die Einwohnerzahl der Stadt Charlottenburg über dieſe 50 000 hinaus angewachſen iſt. Die letzten Beranntmachungen des Statiſtiſchen Amts der Stadt Charlottenburg ergaben für Ende Februar 1909 eine Einwohnerziffer von 274 594. (Zuruf vom Magiſtratstiſch.) — Gewiß, die Volkszählung iſt maßgebend — hätten Sie nur zugehört, Herr Stadtrat: ich ſagte ja, daß die Volkszählung ſelbſtverſtändlich im Jahre 1905 abgeſchloſſen wurde und daß das fertige Re⸗ ſultat damals noch nicht vorgelegen hat; die Städte⸗ ordnung beſtimmt als Maßſtab das Reſultat der Volkszählung. Wenn aber der Magiſtrat ent⸗ ſprechend ſeiner Stellung von 1901 konſequent handeln wollte, ſo könnte er mit um ſo größerem Fug und Recht das angefangene 50 000 als maß⸗ gebend betrachten, weil ja die 31ffer jetzt ſchon überſchritten iſt. Die Perſonenſtandsaufnahme ergab für 1907 die Zahl von 260 322 Einwohnern, ſie iſt gegen das Vorjahr um rund 14 000 geſtiegen: die Zählung wird jetzt ſicher eine Ziffer von 270 000 und darüber ergeben. Die Gründe, die der Magiſtrat ferner ange⸗ führt hat, ſind für mich ebenfalls nicht ſtichhaltig. Die vergleichende Tabelle anderer Städte kann für mich teilweiſe ſchon aus denſelben Erwägungen heraus, die Herr Kollege Stein geltend gemacht hat, nicht ausſchlaggebend ſein. Es kommen ver⸗ ſchiedene Städteverfaſſungen dabei in Frage. Auch die Erſchwernis der Geſchäfte kann micht ohne weiteres daraus hergeleitet werden, daß man ſagt: wenn mehr Mitglieder da ſind, wird die Führung und Erledigung der Geſchäfte ſchwieriger werden. Der Magiſtrat hat ja noch vor verhältnismäßig turzer Zeit eine Vermehrung ſeiner Mitglieder gewünſcht, und die Stadtverordnetenverſammlung hat dieſem Wunſche Rechnung getragen. Iſt des⸗ wegen eine Erſchwerung oder Verſchleppung der Arbeiten im Magiſtrat eingetreten? Wenn man Sitzung vom 21. April 1909 den Gang der Arbeiten bei der Beratung des Normaletats verfolgt, ſo könnte man faſt zu der Auffaſſung kommen, daß eine Erſchwerung ein⸗ getreten iſt. Aber die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung, die vom Jahre 1901 ab um 6 Mitglieder ver⸗ mehrt worden iſt, hat nicht langſamer, ſondern in demſelben flotten Tempo, event. noch ſchneller gearbeitet, als es früher der Fall geweſen iſt. Das werden die älteren Mitglieder der Verſammlung beſſer zu beurteilen vermögen als ich. Wenn in der Magiſtratsvorlage ferner ge⸗ ſagt worden iſt: die Belaſtung des einzelnen iſt jetzt nicht ſo beſonders groß, daß ſie nicht aus⸗ gehalten und event. ſtärker werden könnte, ſo hat Herr Kollege Stein ſchon das, was gegen dieſe Annahme des Magiſtrats ſpricht, zur Genüge aus⸗ geführt. Ich möchte mich darauf beſchränken, zu zeigen, daß aus den heute vorliegenden Angaben des Wahlausſchuſſes erſichtlich iſt, daß ein Kollege, der jetzt die Stadtverordnetenverſammlung ver⸗ laſſen hat, allein vier Deputationen und einem ſtändigen Ausſchuſſe angehörte. Wenn jemand das Amt und die Arbeit in vier Deputationen und einem ſtändigen Ausſchuß ernſt nimmt, dann hat er reichlich damit zu tun, ſeine Aufgaben zu er⸗ füllen. Auch die Raumverhältniſſe können uns nicht abſchrecken, einer eiwaigen Vermehrung der Stadt⸗ verordnetenziffer das Wort zu reden. Wenn die Magiſtratsvorlage angenommen wird, dann müßten wir doch auch, wenn wir zu 90 Stadtverordneten kommen, den Raum erweitern; oder glaubt der Magiſtrat, daß zu der Zeit die Mitglieder ſchon ſo zuſammengeſchrumpft ſein werden, daß ſie ſich enger als bisher aneinander ſetzen laſſen können? — Alſo dieſelben Schwierigkeiten und dieſelben Ein⸗ wände, die heute geltend gemacht werden, liegen ſpäter ebenfalls vor. — Und mit dieſen Einwänden könnte für ewige Zeiten eine Vermehrung der Gemeindevertreter in Charlottenburg bekämpft werden. Auch die Wahlkreiseinteilung, die am Schluſſe der heutigen Vorlagebegründung als Milderungs⸗ grund für dieſe Vorlage vom Magiſtrat angeführt worden iſt, kann mich nicht zu einer anderen Auf⸗ faſſung beſtimmen. Dieſe Neueinteilung der Wahl⸗ kreiſe hat mit dem Wunſche, die Stadtverordneten⸗ zahl entſprechend den Beſtimmungen der Städte⸗ ordnung zu erhöhen, abſolut nichts zu tun. Aber darin hat Herr Stadtrat Seydel recht, wenn er ſagt: der Magiſtrat iſt zu der Vorlage auf Grund der Stellung der Mehrheit der Stadt⸗ verordnetenverſammlung vom 17. Juni des ver⸗ gangenen Jahres gekommen. Damals hat die Mehrheit der Verſammlung — und die Herren von der liberalen Fraktion haben auch im Ausſchuß auf dem Standpunkt geſtanden, daß unſerm Antrage nicht ſtattzugeben ſei — unſeren Antrag bekämpft, weil momentan das Bedürfnis dazu nicht vorliege. Erfreulicherweiſe hat jetzt Herr Kollege Flatau einen andern Standpunkt vertreten, (Zuruf bei den Liberalen) — wenigſtens für einen Teil ſeiner Fraktions⸗ kollegen. Wir freuen uns auch über dieſe teilweiſe Beſſerung Ihrer Anſichten in dieſer Beziehung. Aber wir ſehen noch nicht gar zu optimiſtiſch in die Zukunft, um zu glauben, daß es bei dieſer Ihrer Auffaſſung zugunſten unſeres früheren Antrags bleiben wird.