186 Die Hochbahngeſellſchaft will nun das Projekt ſo geſtaltet ſehen, daß ſie ſagt: der Wittenbergplatz ſoll der Knotenpunkt der Wilmersdorfer Bahn werden, und vom Wittenbergplatz ſollen die Züge dann durchlaufend geführt werden nach dem Oſten von Berlin, während vom Nollendorfplatz die Züge nur nach dem Spittelmarkt geführt werden ſollen, und die Kreuzung, die dann in die Nähe des jetzigen Gleisdreiecks gelegt werden ſoll, ſollte darin beſtehen, daß ein Umſteigebahnhof gebaut würde. Dort ſollten ſich die Züge vom Oſten und vom Weſten nach dem Spittelmarkt treuzen; aber alle Züge könnten vom Oſten nur durchgeführt werden bis zum Wittenbergplatz. Das würde ſelbverſtändlich eine enorme Beſchwernis des Verkehrs zwiſchen Charlottenburg und Groß⸗ Berlin bedeuten. Wer weiß, mit welchen Un⸗ bequemlichkeiten und welcher Zeitverſäumnis ſchon jetzt der Umſteigeverkehr auf dem Bahnhof Zoolo⸗ ſcher Garten und in der Bismarckſtraße verknüpft iſt, der wird es nicht mit Freude begrüßen, wenn noch eine weitere Umſteigeſtation errichtet werden muß. Aber es gäbe nach dem Projekt der Hoch⸗ bahngeſellſchaft ſpäter zwei Umſteigeſtellen: einmal am Wittenbergplatz und auf dem Umſteigebahnhof an der Luckenwalder Straße. Die Intereſſen Groß⸗Berlins ſind jedenfalls durch das Hochbahn⸗ geſellſchaftprojett, wie es bisher bekannt geworden iſt, nicht in der Weiſe berückſichtigt worden, wie die allgemeinen Verkehrsintereſſen, ſofern der Schnell⸗ verkehr und die Untergrundbahn zwiſchen den weſtlichen Vororten und Berlin in Frage kommen, durch das Projekt befriedigt werden können, das Charlottenburg geplant hat. Das Projekt von Charlottenburg, das eine ſchnelle Durchführung des Verkehrs nach dem Nollendorfplatz ermöglichen würde, würde auch geſtatten, daß man vom Nollendorfplatz einmal nach dem Zentrum von Berlin, nach der Behren⸗ ſtraße, kommen kann durch die Schöneberger Bahn. Und ebenſo ſchnell könnte man nach dem Spittel⸗ markt über die Bülowſtraße und den Potsdamer Platz gelangen. Drittens aber nach dem Oſten. Es ſcheint mir unſer Projekt das geeignetſte zu ſein, um den Verkehr von Charlottenburg zu heben. Und auch Wilmersdorf würde nur gut dabei fahren. Denn es bekommt auf dieſe Weiſe auch den direkten Anſchluß nach Berlin, wenn die Wilmersdorfer Linie in die Charlottenburger Linie eingeführt würde und ohne Umſteigeverkehr weiter⸗ geführt werden könnte auf der Charlottenburg⸗ Schöneberger Linie bis zur Mitte von Berlin, Behrenſtraße. Die Schwierigkeiten, die die Hochbahngeſell⸗ ſchaft gegen unſeren Plan geltend gemacht hat, beruhen ja darauf, wie in den Zeitungen meiner Anſicht nach mit Recht angeführt worden iſt, daß die Hochbahngeſellſchaft deswegen einen Knoten⸗ punkt im Wittenbergplatzbahnhof ſucht, weil dort ein Untergrundbahnhof iſt, während der Nollen⸗ dorfplatzbahnhof ein Hochbahnhof iſt. Dieſer Bahn⸗ hof könnte nur durch ſeine Verlegung unter die Erde ſo erweitert werden, wie es für die verſchiedenen Anſchlüſſe notwendig ſein würde. Jedenfalls kann das allgemeine Intereſſe, das mit Recht vom Miniſterium eventuell wahrgenommen werden kann, nur ſeine Erfüllung finden in der Durch⸗ führung des Projektes, das von Charlottenburg geplant worden iſt. Charlottenburg hat meiner Meinung nach gar kein Intereſſe daran, ſich den Sitzung vom 5. Mai 1909 Kopf zu zerbrechen, in welcher Art und Weiſe die Untergrundbahngeſellſchaft ihre Verpflichtung er⸗ füllt, das Gleisdreieck aufzulöſen. Das Gleis⸗ dreieck iſt eine verfehlte Anlage geworden; das große techniſche Meiſterſtück, das man zuerſt darin erblickt hat, iſt es tatſächlich nicht, wie die Praxis bewieſen hat. Ich meine, um dieſe verfehlte An⸗ lage gutzumachen, dazu können nicht die Geweinden verpflichtet und herangezogen werden, ſondern das muß Sache der Hochbahngeſellſchaft ſelbſt ſein. Zu unſerer Anfrage wurden wir in erſter Linie gedrängt durch die ungenauen Nachrichten, die in den Zeitungen über dieſe Fragen enthalten waren. Wenn ein Verbot gegen unſer Projekt tatſächlich ergangen ſein ſollte, ſo bedeutet das ſelbſtverſtänd⸗ lich eine ſchwere Schädigung der Charlottenburger Intereſſen. Denn die⸗ Charlottenburger Stadt⸗ verwaltung wird ja am eheſten wiſſen, in welcher Weiſe ihre Intereſſen am beſten gewahrt werden können, ob durch eine Bahn nach der Neuen Kant⸗ ſtraße oder durch eine Linie nach dem Bahnhof Halenſee, ob durch eine Bahn vom Nollendorfplatz oder vom Wittenbergplatz aus. Wir hätten gern vom Magiſtrat gehört, welche Schritte er ein⸗ zuſchlagen gedenkt, um die verſchiedenen Hinder⸗ niſſe und Hemmniſſe, die ſich der Durchführung des von uns angenommenen Projektes in den Weg ſtellen, zu beſeitigen. Wir wiſſen ohne weiteres — und könnten auch nicht auf ſolcher Forderung beſtehen —, daß der Magiſtrat uns eine Erklärung in klipp und klarer Form nicht geben kann, dahingehend: Das werden wir jetzt tun müſſen, und das könnten wir jetzt tun. Worum es ſich für uns in erſter Linie handelt, und woran die Bevölkerung Charlottenburgs, am meiſten intereſſiert iſt, iſt, daß von authentiſcher Stelle erklärt wird, daß die Charlottenburger Stadtverwaltung, Magiſtrat und Stadtverordneten⸗ verſammlung, an dem urſprünglichen Projekt nach wie vor feſthält und alle Kräfte anſetzen wird, um dasſelbe zu fördern. Ferner hätten wir gewünſcht, daß die allerengſte Fühlung zwiſchen dem Magi⸗ ſtrat und der Stadtverordnetenverſammlung in dieſer Frage aufrecht erhalten bleibt. Wir ſehen, wie eifrig Schöneberg den Bahnbau fördert, wie haſtig Wilmersdorf vorſtößt, um ſeinen Bahnbau zu fordern. Da iſt es ſelbſtverſtändlich, daß auch in Charlottenburg mit aller Energie darauf hin⸗ gedrängt wird, das fertig zu ſchaffen, was im Intereſſe der Stadt liegt., Und in dem Umfange, wie wir es damals mit Enthuſiasmus beſchloſſen haben. (Lebhafter Beifall.) Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, um zunächſt auf die Anfrage des Herrn Stadtv. Zietſch zu antworten, die er eingangs ſtellte, ſo bin ich in der Lage, feſtzuſtellen, daß die Aufſichtsbehörde einen Bahnbau durch Charlotten⸗ burg nicht verboten hat; das anzunehmen wäre eine irrtümliche Auffaſſung. Aber. meine Herren, es ſind Pläne vorgelegt von drei Städten für drei Bahnen, die alle drei unabhängig voneinander und ohne Rückſicht aufeinander projektiert worden ſind. Die Aufſichtsbehörde des Staates hat nun gegen die Durchführung aller dieſer drei Bahnen, ſo wie ſie projektiert ſind, erhebliche Bedenken gehabt, und zwar aus dem Geſichtspunkt der allgemeinen öffentlichen Verkehrsintereſſen, die zu verfolgen die Pflicht der Königlichen Staatsbehörde iſt. Die