Sitzung vom 5. Mai 1909 Bis zum Nollendorfplatz fährt ſie 3 Minuten! Wir könnten bei dieſer kurzen Fahrzeit nur wenige Setunden ſparen, und das fällt in der Tat gar nicht ins Gewicht. Dann iſt in der Vorlage das Geräuſch gerügt, das die Straßenbahnwagen machen. Ich habe Vergleiche angeſtellt zwiſchen der Tauentzien⸗ und der Hardenbergſtraße. Ich gebe zu, daß ein kleiner Unterſchied beſteht. Ich führe den aber einzig und allein darauf zurück, daß die Gleiſe in der Tauent⸗ zien⸗ und Kleiſtſtraße ſich in ſtandalöſem Zuſtande befinden. Die Weſtliche Vorortbahn hat damit ge⸗ rechnet, die Gleiſe in dieſem Frühjahr verlegen zu dürfen, und deshalb hat ſie nichts mehr getan; die Reparaturen ſind nur in den erſten Jahre, nachdem die Untergrundbahn gebaut war, häufig geweſen:; in den letzten Jahren habe ich nichts gemertt, daß ſie öfter vortamen als in den anderen verkehrs⸗ reichen Straßen. Die damaligen Reparaturen ſind darauf zurückzuführen, daß die Fundamente und Wände der Untergrundbahn unter den Gleiſen ſich geſackt haben und ſo die Gleiſe der elektriſchen Bahn in Mitleidenſchaft zogen. Aus dieſem Grunde hatte die Untergrundbahn ſich bereit erklärt, einen Teil der Koſten zu tragen; ſie hat nachher dieſe Zuſage zurückgezogen, als ſie ſich überzeugt hat, daß dieſer Zuſtand beſeitigt war, daß der Unterbau ſich nicht mehr ſackte und die Gleiſe feſt liegen blieben. Ich meine, wir müſſen vor allen Dingen die Weſtliche Vorortbahn anhalten, die Gleiſe in einwandfreien Zuſtand zu ſetzen. Jetzt hat ſie teilweiſe mit Aſphalt und teilweiſe mit Pflaſterſteinen, teilweiſe gar nicht ausgebeſſert. Die ganze Vorlage liegt nur im In⸗ tereſſe der Weſtlichen Vorortbahn, nicht im Intereſſe der Stadt. Denn wenn der Bahnkörper nur von der Straßenbahn befahren wird, hat ſie natürlich wenig Reparaturen. Wenn aber andere Fuhrwerte auch darauf fahren, hat ſie allerdings mehr auszubeſſern. Nun wird erwähnt, die Sicherheit würde größer werden, wenn die Gleiſe in der Mitte liegen. Ich verſtehe das nicht: die elektriſchen Bahnen ſollen ſchneller fahren, trotzdem ſoll die Sicherheit größer werden. Ich meine, wenn wir in dieſer ſchönen Anlage von Fahrdämmen keine Sicherheit mehr finden, dann haben wir überhaupt in Groß⸗ Berlin keine einwandfreie Straße mehr. Was nun die Schönheit des Straßenbildes anlangt, ſo bin ich ganz entſchieden der Anſicht, daß es verunſtaltet wird, wenn wir die Gleiſe in die Mitte legen. Wenn wir jetzt am Wittenbergplatz auf der Mittelpromenade ſtehen und ſehen auf der einen Seite nach der Kaiſer⸗Wilhelm⸗Gedächtnis⸗ kirche, ſchräg zur Achſe gelegen, dahinter das Romaniſche Haus —, auf der anderen Seite nach dem Nollendorfplatz, wo die Züge der Untergrund⸗ bahn herunter und hinaufſauſen, im Hintergrund der rote Turm von der Lutherkirche am Dennewitz⸗ platz — ſo iſt das ein ſo wundervolles Straßenbild, wie es in Groß⸗Berlin kein ſchöneres gibt und dem überhaupt nur wenige zur Seite ſtehen können. (Sehr richtig!) Sie haben vom Bürgerſteig aus dieſes Bild nicht: denn die Tauentzienſtraße bildet an der Ansbacher⸗ Straße einen ſtumpfen Winkel; Sie können deshalb hier nur das Bild nach der einen Seite genießen, nicht beide miteinander. Auch hindern vom Bürgerſteig aus die Bäume die Ausſicht. Nicht dort im Tier⸗ garten, wo Sie die Millionenbrücke errichtet haben, iſt heute das Haupteingangstor nach Charlottenburg, 197 ſondern am Nollendorfplatz; über die Kleiſt⸗ und Tauentzienſtraße flutet der Vertehr! Wir laſſen uns dieſen prächtigen Straßenzug nicht verunſtalten! Ich beantrage, die Magiſtratsvorlage glatt ab⸗ zulehnen. (Bravo!) Stadtbaurat Bredtſchneider: Meine Herren, auf einen Punkt habe ich bisher noch nicht hin⸗ gewieſen; ich bitte um Entſchuldigung. Das iſt die Gefahr, die der Straßenbahnverkehr mit ſich bringt, ſofern er ſich auf den Straßenfahrdämmen abſpielt. Dieſe Gefahr ſoll nach unſerer Vorlage, wenn nicht total beſeitigt, ſo doch weſentlich eingeſchräntt werden. Gerade das war die Haupturſache, wes⸗ wegen wir die beſonderen Straßenbahnkörper in der Hardenberg⸗ und in der Bismarckſtraße geſchaffen haben. Aus den Ausführungen des Herrn Stadtv. Dunck ging nicht hervor, ob er dieſen Vorteil über⸗ haupt einſchätzt oder nicht, dieſer Vorteil iſt aber doch ganz weſentlich. Die Straßenbahnwagen kommen leicht in Gefahr, mit anderen Fuhrwerten zuſammen, zuſtoßen, und es können dabei, ſowohl in den Straßenbahnwagen als auch auf den Fuhrwerken, Perſonen in Gefahr geraten, von ſachlichen Be⸗ ſchädigungen ganz abgeſehen. Einen gefährlichen Punkt bilden ferner die Straßenkreuzungen, na⸗ mentlich für das die Straßendämme überſchreitende Publitum. Bei einigem Vertehr iſt es ſchwierig, vor dem Überſchreiten der Straße den Verkehr und die Entfernungen ſowie die Gefahr richtig einzuſchätzen, namentlich da man zugleich den Fuhrwerks⸗ und den Straßenbahnvertehr zu treuzen hat. Man läuft daher Gefahr, bei der Kreuzung der Straße überfahren zu werden. Wenn aber die Gleiſe auf beſonderem Straßenbahnkörper in der Mitte liegen und die Paſſanten unmittelbar vor den Gleiſen Inſeln finden, auf denen ſie unbeläſtigt von jedem Verkehr ſtehen können, dann können ſie ſich für das Überſchreiten einerſeits der Straßenbahn⸗ gleiſe, anderſeits der Fahrdämme den günſtigſten Augenblick ausſuchen und haben in jedem Fall nur eins von beiden zu kreuzen, den Straßenbahn⸗ oder den Fuhrwerksverkehr, nie beides zugleich. Dieſer Vorteil iſt doch nicht zu unterſchätzen. Dieſer Vorteil wird aber durch unſere Vorlage herbei⸗ geführt. Wenn ich vorhin geſagt habe, daß der Straßen⸗ bahnvertehr bei Schaffung beſonderer Straßenbahn⸗ körper ſchneller vor ſich gehen kann, ſo iſt dieſe Tat⸗ ſache doch nicht zu bezweifeln. Daß auf der kurzen Straßenecke, um die es ſich in dieſem Fall handelt, nur ein paar Sekunden, wie Sie ſich ausgerechnet haben, geſpart werden, das iſt nicht von erheblicher Bedeutung. Wenn nämlich eine Strecke hinter der anderen geſchaffen wird, dann verlängert ſich der Weg immer mehr und mehr, dann werden aus den Sekunden Minuten; und dann tritt der Vorteil ſchon mehr in die Erſcheinung. Betrachten Sie, bitte, die Strecke Hardenbergſtraße, Tauentzien⸗ und Kleiſtſtraße oder gar Berliner Straße, Hardenberg⸗, Tauentzien⸗ und Kleiſtſtraße, und nehmen Sie an, hier wären durchweg beſondere Straßenbahnkörper vorhanden, was ja nach unſerer Abſicht eingerichtet werden ſoll, ſo würde der Vorteil des eigenen Bahnkörpers in dieſem ganzen Straßenzuge ſchon eher in die Erſcheinung treten, es würde doch eine Zeiterſparnis von einigen Minuten her⸗ auskommen. Wenn aber die Straßenbahn auf dem Wege durch die Straßenfuhrwerke aufgehalten