202 Sitzung vom Sitzung gewählt haben, um die Vorlage des Ma⸗ giſtrats betr. Verzichtleiſtung auf zwei Bedürfnis⸗ anſtalten zu beraten, hat vor acht Tagen getagt; das Reſultat der Beratungen finden Sie in dem heutigen gedruckten Berichte zur Tagesordnung. Die Kommiſſion hat in erſter Linie zu ergründen geſucht, durch welche Urſachen die gewaltigen Über⸗ ſchreitungen bei den Koſten für die unterirdiſche Bedürfnisanſtalt am Knie herbeigeführt worden ſind. Als ſeinerzeit der Antrag auf Anlage der unterirdiſchen Bedürfnisanſtalten eingebracht wurde, hatte der Magiſtrat für dieſe unterirdiſche Bedürf⸗ nisanſtalt eine Summe von 35 000 ℳ errechnet, hatte die Summe mit 4 multipliziert, als für vier Anſtalten ausreichend, und hatte ſich dabei geſagt: die Bedürfnisanſtalten werden in ihrem Preiſe ziemlich verſchieden ſein, je nachdem die Anſtalt zur Kanaliſation gelegen iſt. Liegt das Kanali⸗ ſationsrohr ſo tief, daß die Abwäſſer, die Fäkalien, direkt in die Kanaliſation abfließen können und nur Vorrichtungen notwendig ſind, um den Rückſtau aus der Kanaliſation in die Bedürfnisanſtalt zu vermeiden, ſo werden die Anſtalten erheblich billiger werden, als wenn das benachbarte Kanaliſations⸗ rohr ſo hoch liegt, daß erſt eine maſchinelle Anlage geſchaffen werden muß, um das Fäkalwaſſer in die Kanaliſation hineinzuheben. Das letztere iſt bei der Bedürfnisanſtalt am Knie der Fall. Dieſes Heben der Abwäſſer iſt ja verhältnismäßig einfach, ſeitdem der elektriſche Strom zur Verfügung ſteht. Man hat in einem Raum einen Dynamo aufgeſtellt, dieſen mit einer Pumpe gekuppelt, und wenn die Abwäſſer in dem Sammelraum der Fäkalwäſſer bis auf einen beſtimmten Punkt ſteigen, wird durch Schwimmervorrichtung ein Kontakt geſchloſſen, der Dynamo wird in Gang geſetzt und pumpt ſo lange, bis das Waſſer aus dem Sammelbaſſin entfernt iſt. Das iſt in etwa 5 Minuten geſchehen. Dann ſetzt der Strom wieder aus und wartet, bis wieder eine entſprechende Anſammlung von Fäkalwaſſer ſtatt⸗ gefunden hat, und ſetzt ſich dann wieder automatiſch in Betrieb. — Solche Vorrichtung iſt alſo bei der Anſtalt am Knie notwendig geweſen. Deshalb hat man die Anſtalt am Knie ſpeziell projektiert und hat ſich geſagt: dieſe Zahl können wir mit 4 multi⸗ plizieren und werden dann für die übrigen An⸗ ſtalten reichlich Mittel zur Verfügung haben. Der Gedankengang war ganz gut und richtig, er hatte aber zwei Haken. Der erſte Haken war, daß der Ingenieur, der den Koſtenanſchlag aufzuſtellen hatte, offenbar nicht der Sache gewachſen war. Das Projekt dieſer Bedürfnisanſtalt war im Bau⸗ amt entworfen worden, hatte dem Abteilungsvor⸗ ſteher, der leitenden Perſönlichkeit, vorgelegen und war auch vom Stadtbaurat genehmigt worden. Der Koſtenanſchlag, der auf Grund dieſer ge⸗ nehmigten Zeichnung aufgeſtellt wurde, war von dem Ingenieur Krohn bearbeitet, ſeinem Ab⸗ teilungsvorſteher zur Prüfung vorgelegt, von dieſem genehmigt worden und gelangte, nach der Art der Geſchäftsordnung, nicht mehr zur Kenntnis des Herrn Stadtbaurats. Die beiden Herren haben ſich gründlich verhauen. Die Einheitspreiſe, die in den Koſtenanſchlag hineingeſetzt worden ſind, ſind eben nicht gehauen und geſtochen geweſen. (Heiterkeit.) Sie ſehen das aus der Druckvorlage, die wir Ihnen gemacht haben. Da iſt aufgeführt worden, was die Anſtalt nach dem Koſtenanſchlage koſten ſollte und dann, wie ſich die Koſten ſtellten, nachdem die 19. Mai 1909 Preiſe für die Ausführung durch die öffentliche Verdingung ermittelt waren. Die Preiſe, die die öffentliche Verdingung ergab, bewirkten, daß der Koſtenanſchlag ſtatt 35 000 ℳ auf 80 000 ℳ an⸗ ſchwellen mußte. Meine Herren, es iſt ja ſchon höchſt auffallend, daß ſachverſtändige Perſonen, auch wenn ſie ver⸗ hältnismäßig unbekannte Sachen projektieren, in dieſer Weiſe ſich irren können, daß ſtatt 35 000 ℳ in Wirklichkeit 80 000 ℳ Koſten entſtehen, und man hätte vielleicht annehmen können, daß die Unternehmer einen Ring gebildet und die Preiſe für die Stadt in die Höhe getrieben haben, daß die Preiſe, die in der Verdingung herausgekommen ſind, viel höher ſind, als ſie ſachgemäß ſein können. Das iſt aber nicht der Fall geweſen; die Bauver⸗ waltung hat die durch die öffentliche Verdingung erzielten Angebote für angemeſſen erachtet und den Zuſchlag darauf erteilt. Daß eine Ringbildung nicht ſtattgefunden hat, ergibt ſich ſchon einfach daraus, daß die Überſchreitung bei ſämtlichen Poſitionen ſtattgefunden hat. Es iſt nicht etwa eine einzelne Poſition überſchritten worden und die anderen ſind richtig geweſen, ſondern in ſämt⸗ lichen Poſitionen ſind die Anſchläge zu gering ge⸗ weſen, und es ſind durch die öffentliche Verdingung erhebliche Mehrkoſten herbeigeführt worden. Meine Herren, wenn nun auch die Perſonen, die den Koſten⸗ anſchlag aufgeſtellt haben, falſche Zahlen geſchätzt und eingeſetzt haben, ſich geirrt haben — ja, meine Herren, in dem Augenblick, wo die Verdingung ſtattgefunden hatte, mußte man doch klar über⸗ ſehen, daß die Überſchreitung vorhanden ſein würde. Ich kann nicht umhin, es auszuſprechen: es iſt ein entſchiedener Fehler in der Organiſation unſerer Stadtbauverwaltung, daß nicht ſofort, nachdem die Verdingung ſtattgefunden hat, die leitende und verantwortliche Perſönlichteit davon benach⸗ richtigt worden iſt, daß die für die Ausführung be⸗ willigten Summen nicht ausreichen, daß eine Mehr⸗ bewilligung eintreten muß. Daß der Herr Stadt⸗ baurat das nicht erfahren hat, muß ich als einen Mangel in der Organiſation unſerer Verwaltung anſehen. Noch ein Zweites kam hinzu. Der Herr Stadt⸗ baurat machte zurzeit eine Dienſtreiſe und hatte auf dieſer Dienſtreiſe Gelegenheit, unterirdiſche Bedürfnisanſtalten in Leipzig und Wien zu ſehen. Er hat davon pflichtſchuldigſt Kenntnis genommen und iſt zur Erkenntnis gekommen, daß bei dem Projekt, das von ihm vorher genehmigt war, ver⸗ ſchiedene Punkte doch noch einer Überlegung ev. einer Abänderung bedurften. Der Herr Stadt⸗ baurat ließ ſich das alte Projekt noch einmal wieder vorlegen, prüfte es nach den Erfahrungen, die er mittlerweile gemacht hatte, und kam zu dem Re⸗ ſultat, daß eine ganze Reihe von Sachen geändert werden mußte. Beiſpielsweiſe war in dem erſten Bauprojekt die lichte Höhe auf 2,20 m angenommen. Der Herr Stadtbaurat kam zu der Überzeugung, daß die lichte Höhe mindeſtens 3 m betragen mußte. Meine Herren, denken Sie ſich, daß eine ſolche An⸗ lage von 2,20 m auf 3 m Höhe heruntergebracht wird, das bedingt natürlich eine ganze Menge von Mehrkoſten. Dann ergab ſich, daß der Raum, in dem die Maſchinen aufgeſtellt werden ſollten, größer gemacht werden mußte, um einen Umgang um die Maſchinenanlagen zu laſſen und auch noch andere Einrichtungen, elektriſche Warnungseinrichtungen, Einrichtungen für die Waſſerſtände uſw. anbringen