Sitzung vom 19. Mai 1909 zu können. Kurz und gut, der Herr Stadtbaurat ſtellte auf Grund der Erfahrungen, die er gemacht hatte, beſtimmte Normalien auf, die bei der Anlage von Bedürfnisanſtalten zu berückſichtigen ſind. Da mittlerweile der Ingenieur Krohn verſtorben und der Abteilungsvorſteher verſetzt war — er hatte einen Ruf als Profeſſor nach Darmſtadt be⸗ kommen —, ſo bekam nun ein neuer Baumeiſter den Auftrag, die Anſtalt nach dieſen Normalien umzuprojektieren. Meine Herren, die Anderungen, die an dem urſprünglichen Projekte ſtattgefunden haben, erkannte die Kommiſſion in jedem einzelnen Punkte als eine Verbeſſerung an. Die Koſten der Anſtalt wurden dadurch aber wieder um 12 000 ℳ erhöht. Statt 35 000 ℳ. mußten 92 000 ℳ gezahlt werden. Ahnlich lagen die Verhältniſſe bei der Be⸗ dürfnisanſtalt an der Seſenheimer Straße, nur war hier das Heben der Fäkalwäſſer nicht not⸗ wendig, und es konnte infolgedeſſen die Maſchinen⸗ anlage in Wegfall kommen. Die Koſten für dieſe Anſtalt haben daher nicht 92 000, ſondern nur 80 000 ℳ betragen. Es entſtand die Frage, ob bei den Abweichun⸗ gen, die vom urſprünglichen Koſtenanſchlage oder vom urſprünglichen Projekte ſtattgefunden haben, ein vermeidbarer Luxus uſw. eingetreten iſt. Die Kommiſſion ſteht auf dem Standpunkt, daß das nicht der Fall geweſen iſt, daß die Bedürfnis⸗ anſtalten durchaus ſachgemäß in entſprechender Form und mit entſprechendem Aufwande von Mitteln ausgeführt worden ſind, daß nach der Lage der Sache ſelbſt keine Einwendungen gegen die Anſtalten zu erheben ſind. Die Kommiſſion ſteht weiter auf dem Standpunkt, daß die Bedürfnis⸗ anſtalten ſich an und ür ſich gut bewähren, große Vorzüge haben: ſie beengen den Verkehr auf der Straße nicht, es gibt auf den Straßen nur ein paar Eingänge, die hinunterführen, und unten kann ſich die ganze Bedürfnisanſtalt ausdehnen, ohne den Verkehr auf der Oberfläche, auf den Plätzen und Straßen irgendwie zu behindern. Meine Herren, es iſt vielfach darauf hingewieſen worden, daß in London die Bedürfnisanſtalten auch unterirdiſch ausgeführt worden ſind. Ich habe das ſelbſt ge⸗ ſehen. Wenn ich auch gefunden habe, daß in London durchaus nicht alle Bedürfnisanſtalten unterirdiſch ſind, ſondern nur da, wo Verkehrs⸗ zentren ſind, ſo habe ich mich doch auch überzeugen können, daß dieſe unterirdiſchen Bedürfnisanſtalten ganz außerordentlich wertvoll für den Verkehr und die Hygiene der Stadt ſind. Denken Sie daran, meine Herren, daß in dieſen Anlagen außer den Kloſetteinrichtungen für Männlein und Weiblein auch Schlafräume vorgeſehen ſind, wo ein Ver⸗ unglückter von der Straße hingebracht und ver⸗ pflegt werden kann, wo ein Betrunkener ſich aus⸗ ſchlafen kann, ja, wo ſelbſt ein müder Reiſender hinuntergehen und ſich für einige Stunden ein Bett mieten und ausruhen kann, daß ferner Ein⸗ richtungen vorhanden ſind, um die Kleider zu reinigen, ſich barbieren zu laſſen, ein Bad zu nehmen — kurz und gut, alle derartigen Dinge in dieſen unterirdiſchen Räumen zu befriedigen und zu ganz mäßigem Preiſe im Zentrum der Stadt zu befriedigen, wo alles ſonſt koloſſal teuer iſt. Sie werden dann finden, daß dieſe Anſtalten eine ganz außerordentliche Bedeutung haben. Die Kommiſſion ſtand auch auf dem Standpunkt, daß die hohen Koſten, die dieſe unterirdiſchen Anſtalten durchführbar wäre. 203 verurſacht haben, doch kein Grund für uns ſein könnten, um ein für allemal von der Anlage unter⸗ irdiſcher Bedürfnisanſtalten Abſtand zu nehmen, zumal uns von den bauleitenden Sachverſtändigen verſichert wurde, daß nach den Erfahrungen, die man jetzt habe — vorausgeſetzt, daß keine beſon⸗ deren Maſchinenanlagen dazu notwendig ſind —, eine Anſtalt etwa 40 000 ℳ koſten würde, während eine Rotunde 25 000 ℳ koſtet. Meine Herren, der Unterſchied zwiſchen 25 000 und 40 000 iſt nun zwar nicht derartig, daß man ſagen kann: wir wollen keine anderen Anſtalten mehr als unterirdiſche bauen, aber er iſt auch nicht derartig, um nicht an den betreffenden Stellen, wo durch eine unter⸗ irdiſche Anſtalt ein Vorteil erzielt wird, eine ſolche zu errichten; ſie braucht ja nicht gleich wieder 92 000 ℳ koſten. Meine Herren, in der Kommiſſion wurde weiter die Frage, die auch wohl für die heutige Be⸗ ratung von beſonderer Wichtigkeit iſt, beſprochen, ob bei dieſer Sachlage eine Regreßklage der Stadt bzw. Stadtverordnetenverſammlung gegen den Magiſtrat, gegen den Herrn Oberbürgermeiſter oder gegen den Herrn Stadtbaurat oder gegen den ausführenden Baubeamten angebracht, angemeſſen und von Erfolg ſein würde. In erſter Linie iſt da feſtzuſtellen, daß die Bauausführung an und für ſich zu tadeln keine Veranlaſſung gibt, nur hat die Geſchichte mehr gekoſtet, als bewilligt worden iſt; tatſächlich hat eine Überſchreitung der bewilligten Summe in hohem Maße ſtattgefunden. Nun wird von den Rechtsverſtändigen geſagt: wo ſteckt denn ein Schaden? Es ſind 35 000 ℳ bewilligt worden, und 92 000 ℳ hat die Sache gekoſtet. Die Anſtalt iſt zu ſachgemäßen Preiſen ausgeführt worden, wenn ſie auch vorher zu gering veranſchlagt worden iſt. Wo iſt der Schaden? — Es fragt ſich weiter: hätte die Stadtverordnetenverſammlung, wenn die Anſtalt von vornherein zu 92 000 ℳ veranſchlagt worden wäre, die Genehmigung nicht erteilt? Ja, meine Herren, das, meinen die Rechtsver⸗ ſtändigen, iſt wieder außerordentlich ſchwer feſt⸗ zuſtellen. Wenn ich gefragt worden wäre: würdeſt du damals 92 000 ℳ für den Zweck bewilligt haben, ſo würde ich vielleicht im Augenblick geſagt haben: das wäre mir gar nicht eingefallen; auf der andern Seite würden mich aber, wenn ich mir die Sache genau überlegt hätte, die Koſten von 92 000 ℳ wahrſcheinlich noch nicht abgehalten haben, dem Projekt zuzuſtimmen. Alſo, meine Herren, die Kommiſſion hat das nach allen Rich⸗ tungen hin erörtert und iſt zu der Meinung ge⸗ kommen, daß eine Regreßklage praktiſch nicht Ich bin kein Juriſt; nach meinem Laienverſtande muß ich mir ſagen: wenn 35 000 ℳ bewilligt worden ſind, und es hat ein Beamter auf ſeine Kappe eine Anſtalt zu 92 000 ℳ gebaut, ſo müßte doch eigentlich jemand ſein, der dafür auch mit ſeinem Portemonnaie verant⸗ wortlich iſt. Aber die Herren Juriſten denken wieder anders. Da wir in unſerer Verſammlung ſo hoch erleuchtete und berühmte Juriſten haben, (Heiterkeit) werden mich die Herren wahrſcheinlich im Laufe der Verhandlung noch darüber aufklären und mich belehren, ob eine ſolche Klage durchführbar iſt oder nicht. Die Kommiſſion kam zu dem Reſultat, eine derartige Klage wäre nicht durchführbar. Endlich, meine Herren, kam die Kommiſſion noch zu dem Beſchluß, auch in der Vorlage zum