Sitzung vom 19. Mai 1909 211 uns vom Magiſtrat „zur Kenntnisnahme“ mit⸗ Arbeiterordnung und der Beſtimmungen über die und wir ſtanden bei der vorigen Beratung vor der Frage, wie wir dieſer Vorlage gegenüber zu verfahren haben. Die Frage fand ihre Erledigung dadurch, daß Herr Bürgermeiſter Matting namens des Magiſtrats erklärte, ſich im Ausſchuß „über den Wert der Arbeiterausſchüſſe und über den Inhalt der Beſtimmungen, die er der Tätigkeit der Ausſchüſſe zugrunde zu legen beab⸗ ſichtigte“, mit der Stadtverordnetenverſammlung auseinander zu ſetzen. Dieſe Auseinanderſetzung iſt in dem Ausſchuſſe mit dem Ernſte erfolgt, welcher der ſozialpolitiſchen Bedeutung der zu ſchaffenden Inſtitution entſpricht, und wir emp⸗ fehlen Ihnen heute, eine Reihe von Veränderungs⸗ wünſchen dem Magiſtrat auszuſprechen, die aus dem Ihnen vorliegenden Bericht erſichtlich ſind. Ich halte es für angezeigt, hier nur die weſentlichen Punkte zu erörtern und die weniger erheblichen Einzelheiten zu übergehen, ſofern nicht die Dis⸗ kuſſion Anlaß gibt, ſie noch näher zu behandeln. Meine Herren, in der Erkenntnis, daß die ErrichtungvonArbeiterausſchüſſen für die ſtädtiſchen Betriebe nicht nur im Intereſſe der Arbeiter, ſondern darüber hinaus im wohlver⸗ ſtandenen Intereſſe der ſtädtiſchen Verwaltung liegt, waren wir von dem Beſtreben geleitet, ſolche Ausſchüſſe für möglichſt viele Kategorien der ſtädtiſchen Arbeiter einzurichten. Deshalb bean⸗ tragt der Ausſchuß, daß zu den von dem Magiſtrat vorgeſchlagenen Ausſchüſſen noch ein weiterer hin⸗ zutritt für die Kanaliſationsarbeiter, obwohl der Magiſtrat anfangs hiervon wegen der geringen Zahl der bei der Kanaliſation beſchäftigten Arbeiter abſehen wollte. Dagegen erſchien es der Mehrheit des Ausſchuſſes nicht angängig, in gleicher Weiſe noch Arbeiterausſchüſſe eingerichtet zu wünſchen für die Rieſelfeldarbeiter und für die Arbeiter und Arbeiterinnen der Krankenhäuſer, und zwar nicht nur wegen der geringen Zahl der hier in Betracht kommenden Arbeitnehmer, ſondern vor allen Din⸗ gen, weil der Unterſchied ihrer Beſchäftigungsart und ihres Dienſtverhältniſſes ſo mannigfaltig iſt, daß eine gemeinſame Vertretung durch einen Ar⸗ beiterausſchuß für jede dieſer beiden Kategorien nicht angängig erſcheint. Anderſeits ſoll aber auch dieſen Arbeitern eine Vertretung geſichert werden, und wir empfehlen Ihnen deshalb, den Magiſtrat zu erſuchen, für eine derartige Vertretung zu ſorgen in der Geſtalt von „Vertrauensperſonen“, die in der Lage ſind, die Wünſche dieſer Arbeiter dem Magiſtrat zu übermitteln. Hinſichtlich der Aufgaben der Ar⸗ beirerausſch üſ ſe iſt der Ausſchuß im weſent⸗ lichen mit der Magiſtratsvorlage einverſtanden ge⸗ weſen. Nur in einer Beziehung haben ſich Be⸗ denken ergeben, nämlich inſofern, als nach der Vorlage nur Anträge, Wünſche und Beſchwerden allgemeiner Art zum Vortrage gelangen ſollen, obwohl unter Uumſtänden doch auch Wünſche, Beſchwerden und Anträge eines einzelnen von allgemeinem Intereſſe ſein und ſo ein Arbeits⸗ gebiet für den Ausſchuß bilden können. Wir empfehlen deshalb, die Worte: „allgemeiner Art“ zu erſetzen durch die Worte: „von allgemeinem Intereſſe“, wodurch die Bedenken beſeitigt werden. — Verſchieden waren im Ausſchuſſe die Anſichten darüber, ob es, wie der Magiſtrat vorſieht, zur Aufgabe des Arbeiterausſchuſſes nur gehören ſoll, ſich zur Abänderung des Dienſtvertrages, der geteilt worden, Errichtung der Arbeiterausſchüſſe zu ä u ßern, oder ob darüber hinaus die 3 u ſtimmung der Arbeiterausſchüſſe zu derartigen Anderungen er⸗ forderlich gemacht werden ſoll. Die Mehrheit des Ausſchuſſes iſt mit dem Magiſtrat für die erſtere Regelung geweſen. Sie entſpricht der beratenden Rolle, die den Arbeiterausſchüſſen vom Geſetz zu⸗ geteilt iſt, und gerade in öffentlichen Betrieben er⸗ ſcheint es nicht angezeigt, hierüber hinauszugehen. Denn, meine Herren, ſo ſehr man auch die Tätigkeit der Arbeiterausſchüſſe ſchätzen wird, ſo unerläßlich iſt es auf der andern Seite, den öffentlichen Be⸗ trieben die volle Bewegungsfreiheit zu erhalten, da ihre ungeſtörte Aufrechterhaltung jederzeit und unter allen Umſtänden im Intereſſe der Geſamtheit notwendig iſt. Was die Zuſammenſetzung und Wahl der Arbeiterausſchüſſe anlangt, ſo haben wir mit Befriedigung in der Magiſtrats⸗ vorlage das Wahlverfahren einer geheimen, di⸗ rekten, gleichen und allgemeinen Wahl gefunden. Im Ausſchuſſe iſt davon geſprochen worden, daß zugleich ein Proportionalwahlrecht angemeſſen ſein könnte, und ich habe als Referent des Ausſchuſſes nachträglich noch mit Herrn Bürgermeiſter Matting hierüber Rückſprache genommen. Herr Bürger⸗ meiſter Matting hat dabei den Standpunkt ein⸗ genommen, daß im gegenwärtigen Augenblick ein Bedürfnis für ein Proportionalwahlrecht nicht vor⸗ handen iſt, weil es ſich um einen geringen Kreis von Wählern handelt und eine Parteiung kaum zu erwarten iſt. Dieſe Meinung iſt durch die Er⸗ fahrungen des Arbeiterausſchuſſes für die Gas⸗ anſtalt begründet. Herr Bürgermeiſter Matting iſt aber mit mir darüber einig geweſen, daß ſich ein ſolches Bedürfnis wohl ſpäter herausſtellen kann, ſei es durch die wachſende Zahl der Arbeit⸗ nehmer, ſei es dadurch, daß ſich erhebliche Minder⸗ heiten bei den Wahlen zeigen, und daß dann in Erwägung zu ziehen ſein wird, dieſem Bedürfniſſe durch Einführung eines Proportionalwahlrechtes abzuhelfen. Hinſichtlich der Sählbarkeit und Wahl⸗ fähigkeit iſt bereits in der vorigen Beratung im Plenum von verſchiedenen Seiten bemängelt worden, daß die Vorſchriften der Magiſtratsvorlage in dieſer Beziehung außerordentlich eng ſind. Ich erinnere nur daran, daß für die Wahlfähigkeit eine lange Dienſtzeit in dem betreffenden Betriebe vor⸗ geſchrieben und für die Wählbarkeit außerdem ein Alter gefordert wird, welches nicht nur das für die Wählbarkeit als Stadtverordneter, ſondern auch das für die Wählbarkeit als Reichstagsabgeordneter vorgeſchriebene erheblich überſteigt. Wir ſchlagen hier, wie Sie aus dem Bericht erſehen, eine Reihe von Abänderungen vor, die ſämtlich in der Richtung der Erleichterung ſowohl der Wahlfähigteit als der Wählbarkeit liegen. Was den Geſchäftsgang anlangt, ſo dürfen wir anerkennen, daß die Magiſtratsvorlage namentlich auch im Vergleich zu der Regelung in anderen Städten eine durchaus fortſchrittliche Tendenz hat. Wir begrüßen es, daß die Leitung eines Arbeiterausſchuſſes nicht in die Hände eines Magiſtratsdezernenten gelegt, ſondern einem zum Vorſitzenden gewählten Mitgliede des Ausſchuſſes übertragen werden ſoll. Wir halten es anderſeits für zweckmäßig, daß einem Beamten der Ver⸗ waltung jederzeit das Recht zuſtehen ſoll, den Ver⸗