Sitzung vom 19. Mai 1909 ſtändig unſchön, wenn ein Arbeitgeber nicht den Mut hat, ſeinen Arbeitern zu ſagen: das und das 41.— Gründe, darum biſt du entlaſſen worden. daß man einen Ich glaube, es iſt beſſer, man ſagt ihnen klipp und flar: aus dieſem Grunde biſt du entlaſſen. Nun betreffend das Wahlalter! Ich will anführen, daß wir eigentlich ja auf einem ganz andern Standpunkt ſtehen, daß wir uns eigentlich ſagen⸗ das Wahlrechtsalter kann 21 Jahre ſein. Aber um Ihnen entgegenzukommen, um den Wünſchen der Arbeiter allmählich mehr und mehr Rechnung zu tragen, haben wir das Alter diesmal in unſerm Antrage auf 24 Jahre — das iſt ja wohl das Alter des Majorennwerdens — beſtimmt, und da wird es weiß Gott dem Magiſtrat doch nicht wehe tun, wenn er dieſen Wünſchen Rechnung trägt und ſagt: nun gut, wir ſtreichen noch das eine Jahr, anſtatt 25: 24. Denn ich bin der Überzeugung, daß ein Arbeiter mit 24 Jahren genau ſo objektiv urteilen kann wie ein Arbeiter mit 25 Jahren — ohne Unterſchied. Betreffend die Zeitdauer der Beſchäftigung im Betriebe ſtehen wir auf dem Standpuntt: in einem Jahre iſt der Betreffende vollſtändig eingeweiht in die Art der Betriebe, und er weiß ganz genau den Wünſchen der einzelnen Arbeiter Rechnung zu tragen. Ich glaube auch, daß unſere Betriebe nicht allzu ſehr kompliziert ſind, daß wohl ein ein bißchen aufgeweckter Arbeiter ſich ſehr ſchnell und ſehr leicht in ſeinem Rayon zurechtfinden kann. Aus dieſem Grunde iſt es wohl berechtigt, wenn wir ſagen: wenn der Arbeiter ein Jahr un⸗ unterbrochen in dem Betriebe beſchäftigt iſt, ſo kann er wählbar ſein. Zu § 7 ſtehen wir auf dem Standpunkt, daß alle Arbeiter, gleichviel welcher Art Arbeiter, und Arbeiterinnen wählen können. Da brauchen wir, wie der Ausſchuß beiſpielsweiſe vorgeſehen hat, die in Frage kommende Arbeitszeit innerhalb des Betriebes nicht in Anrechnung zu bringen. Denn es kommt doch immerhin auf die Willensmeinung des Betreffenden an, und wenn der Arbeiter zu der Überzeugung gelangt iſt, daß er ſeinen Willen bemerkbar machen kann in Form ſeiner Wahl, ſeiner Stimme, dann ſpielt es keine Rolle, ob er ein beſtimmtes Alter hat oder eine beſtimmte Be⸗ ſchäftigungsdauer im Betriebe haben muß. Aus dieſem einfachen Grunde ſagen wir einfach: alle Arbeiter und Arbeiterinnen ohne Unterſchied. Nun der Antrag: die Ausſchüſſe werden er⸗ mächtigt, zu ihren Sitzungen Vertreter der Ge⸗ werkſchaften hinzuzuziehen. Das glaube ich an⸗ nehmen zu dürfen, daß bei der heutigen Zuſammen⸗ ſetzung unſeres Stadtparlaments und des Ma⸗ giſtrats dieſer Wunſch wohl noch Wunſch bleiben wird. Aber wir werden uns dieſem Wunſche auf die Zeitdauer nicht entgegenſetzen können. Wir müſſen uns mit den Gewertſchaften einmal be⸗ ſchäftigen, da ſie ja als die Vertreter der Arbeiter im allgemeinen anerkannt ſind. Und wenn wir nun einen Vertreter zu den Verhandlungen des Arbeiterausſchuſſes hinſenden können, ſo bin ich der feſten Überzeugung, daß weit eher und weit ſchneller die Verhandlungen, die mit dem Ma⸗ giſtrat gepflogen werden, erledigt werden können, (ſehr richtig! bei den Sozialdemokraten) weil eben der Vertreter der Arbeiterſchaft das Weſen und Denken der Maſſe der Arbeiter oftmals glaube, das kann man ruhig einfügen, ohne Streit mit den Arbeitern herbeiführt. 215 „weit beſſer kennt als der Arbeitgeber ſelbſt. Aus dieſem Grunde wird mancher gute Fingerzeig vom Gewertſchaftsvertreter dem Arbeitgeber im In⸗ tereſſe des Friedens gegeben werden können⸗ Ich verweiſe auf Hamburg: in Hamburg ſtehen mo⸗ mentan die Straßenreiniger in einer Lohnbe⸗ wegung, und wohlweislich hat ſich an dem heutigen Tage, wie die Berichte lauten, der Vertreter des Staates ſchon bequemen müſſen, einen Gewerk⸗ ſchaftsvertreter anzuerkennen. Es geht eben nicht anders. Aus dieſem einfachen Grunde, wollen wir ganz loyal und ganz demokratiſch oder ganz liberal ſein, müſſen wir ſagen⸗ wir vergeben uns gar nichts, wenn der Gewertſchaftsvertreter mit zu den Verhandlungen hinzugezogen werden kann; und das kann doch immer erſt geſchehen, wenn der Arbeiterausſchuß dieſen Wunſch zum Ausdruck ge⸗ bracht hat. Wir haben ſeinerzeit mit einem Privat⸗ betriebe, der uns ja ziemlich nahe liegt, mit der Müllverwertung, einen derartigen Vertrag gehabt. Erkundigen Sie ſich bei den Herren: die Herren haben erklärt, es ließe ſich mit den Vertretern der Gewerkſchaft weit beſſer verhandeln — und das iſt erklärlich, das iſt begreiflich. Wenn nun geſagt wird, daß politiſche Mo⸗ mente in die Verhandlungen hineingetragen wer⸗ den — meine Herren, das iſt nicht der Fall. Wenn ein Vertreter der Gewerkſchaften zu den Verhand⸗ lungen zugelaſſen wird, ſo vertritt er lediglich rein gewertſchaftliche Fragen. Ich möchte einen Ver⸗ treter in dieſem Hauſe ſehen, der das Gegenteil behaupten und beweiſen kann. Das kann es nicht geben; das liegt gar nicht im Weſen der gewerk⸗ ſchaftlichen Einrichtung, politiſche Tendenzen auf dieſem Gebiete hineinzutragen. Das iſt ausge⸗ ſchloſſen. Ich möchte Ihnen empfehlen, nach dieſer Richtung hin unſern Wünſchen allerdings mehr Rechnung zu tragen, als uns von dem Vertreter des Magiſtrats bereits angedeutet worden iſt. Nun will ich noch hinzufügen: „Die Ein⸗ berufung muß erfolgen auf Wunſch von einem Drittel der Mitglieder der Arbeiterausſchüſſe“. Das iſt eine prinzipielle Frage inſofern, als man doch eine beſtimmte Norm ſchaffen muß, in der die Einberufung des Arbeiterausſchuſſes zu erfolgen hat. Den § 38 wünſchen wir geſtrichen, und zwar deshalb, weil er unſeres Erachtens einſeitig iſt. Er räumt dem Magiſtrat ein gewaltiges Recht ein, gibt aber den Arbeiterausſchüſſen gar kein Recht — nur das Recht, daß der Arbeiterausſchuß hinweg⸗ gefegt werden kann, weiter nichts. Gibt es nicht auch Momente, daß es ſich beiſpielsweiſe mit einem Magiſtratsvertreter nicht verhandeln läßt? Und wenn ſich beiſpielsweiſe eine Perſon innerhalb des Arbeiterausſchuſſes oder die Geſamtheit des Arbeiterausſchuſſes mit den Ausführungen oder Handlungen des in Frage kommenden Magiſtrats⸗ vertreters nicht im Einverſtändnis erklären kann, ſo kann der Magiſtrat doch einfach ſagen: der Arbeiterausſchuß iſt unfähig, und er verliert ſeine Wirkung. Hoffen wir und nehmen wir auch an: ſolange unſer gegenwärtiger Magiſtrat an der Spitze ſteht, wird er auch ſehr loyal handeln; aber wer bürgt uns dafür, ob wir in etlichen Jahren einen ſolchen loyalen Magiſtrat noch haben? Da kann er erzreaktionär geworden ſein. Aus dieſem Grunde bin ich der Meinung, daß man hier den Arbeiterausſchüſſen ein Recht einräumen muß, und dieſes Recht liegt nachher lediglich in den Händen der Arbeiterſchaft ſelbſt. Der Magiſtrat