216 ſagt: wir können es ihm nicht verargen oder ver⸗ bieten, wenn er Arbeiterausſchüſſe ſchafft — und ich wage zu behaupten: Sie oder wir können den Arbeitern nicht verbieten, wenn ſie die geſchaffenen Arbeiterausſchüſſe nicht haben wollen. (Zuruf des Bürgermeiſters Matting.) — Ich meine: wenn der Arbeiterausſchuß im In⸗ tereſſe der Arbeiter nichts wert iſt. Solche Mo⸗ mente kommen auch vor. Aus dieſen einfachen Geſichtspunkten heraus ſoll man nach allen Rich⸗ tungen hin den Weitblick haben und nicht immer behaupten: ſo wie es heute iſt, ſo wird es bleiben, ſondern man ſoll ſagen: immer mehr ſoll und muß der demokratiſche Zug, muß der Freigeiſt in unſere Unternehmungen Einzug halten. Aus dieſen geſamten Geſichtspunken heraus möchten wir Sie bitten, unſere Wünſche — es iſt ja bedauerlich, daß man hier nur Wünſche aus⸗ ſprechen kann — dem Magiſtrat mit auf den Weg zu geben, und ich glaube, bei etwas liberalem Willen und Zuvorkommenheit, wie ſie unſer Ma⸗ giſtrat doch nun einmal zeigt, wird er auch über dieſe harte Nuß, die unſere Wünſche vielleicht für ihn darſtellen, hinweg kommen, er wird ſie an⸗ nehmen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, den Ausführungen des Herrn Stadtv. Gebert gegenüber möchte ich den Standpunkt einhalten, den ich vorhin ſchon gekennzeichnet habe: ich möchte auf die ein⸗ zelnen Ausführungen nicht mehr eingehen. Nur den letzten Satz möchte ich doch beſonders unter⸗ ſtreichen; er hat nämlich ganz recht: wir können keinen Arbeiter zwingen, einen Arbeiterausſchuß zu beſchicken oder zu dulden, den er nicht haben will, den er nicht als eine Wahrnehmung ſeiner Intereſſen anerkennt. Wir können eben die Arbeiter nicht zwingen, Vertreter in den Arbeiterausſchuß zu wählen, und wir können auch den Arbeiterausſchuß nicht zwingen, zuſammenzutreten und zu arbeiten. Es gibt keine Beſtimmungen darüber. Dem ent⸗ ſpricht als notwendiges Korrelat, daß Sie auch dem Magiſtrat das Recht geben müſſen, einen Arbeiterausſchuß, den er nicht in ſeinem Intereſſe und im allgemeinen Intereſſe als zweckmäßig aner⸗ kennt, nicht beſtehen zu laſſen. Ich hoffe zuver⸗ ſichtlich, daß das nicht eintreten wird; aber als ultima ratio iſt dieſe Beſtimmung meiner Meinung nach unentbehrlich. Sie ſchaffen kein einſeitiges Recht, ſondern im Gegenteil, Sie ſtellen nur die Parität her. (Stadtv. Otto: Sehr richtig!) Deshalb möchte ich Sie bitten, ganz beſonders dieſe Ausführungen des Herrn Stadtv. Gebert zu be⸗ herzigen. Ich hatte im übrigen vorher überſehen, meiner⸗ ſeits ausdrücklich zu beſtätigen, daß ich mit den Aus⸗ führungen des Herrn Referenten einverſtanden bin, ſoweit es ſich um die zukünftige Möglichkeit der Einführung des Proportionalwahlrechts handelt. Nach der Rückſprache mit dem Herrn Referenten habe ich mir Mühe gegeben, mich noch weiter zu informieren. Ich habe mir das allerneueſte, über⸗ haupt zugängliche Material, das über die Ange⸗ legenheit zu haben geweſen iſt in den Beiträgen zur Arbeiterſtatiſtik, Nummer 10, die noch nicht einmal im Buchhandel zu haben iſt, beſchafft. Es gibt augenblicklich noch keine Stadt, die das Propor⸗ tionalwahlrecht eingeführt hat. Aber die Sache iſt auch noch ſehr jung. Es ſind jedoch Verhältniſſe Sitzung vom 19. Mai 1909 denkbar, die die Inſtitution des Proportionalwahl⸗ rechts als zweckmäßig erſcheinen laſſen können. Ich will allerdings dieſer Frage durchaus nicht vor⸗ gegriffen ſehen, und der Magiſtrat hat ihr auch nicht dadurch vorgreifen wollen, daß er das direkte Wahl⸗ recht eingeführt hat. Nun möchte ich noch einmal, wenn auch frucht⸗ los, den Appell an Sie richten, hier nicht unnötiger⸗ weiſe einen Konfliktsſtoff, wenn auch im Augenblick noch ohne den Charakter eines ſolchen, zu ſchaffen. Nach den Ausführungen des Herrn Stadtv. Meyer möchte ich allerdings annehmen, daß der Frage von Ihrer Seite eine größere Grundſätzlichkeit bei⸗ gemeſſen iſt, als es zunächſt den Anſchein hat und es auch aus den Ausführungen des Herrn Stadtv. Gebert ſich ergibt, der ſich in dieſem Falle dem Maigſtrat gegenüber mit freundlicher Zurede be⸗ gnügt. Aber wenn Sie wirtlich mit den praktiſchen Verhältniſſen rechnen, wenn Sie von theoretiſchen Erwägungen abſehen, ſo werden Sie ſich doch vielleicht auf den Standpunkt ſtellen können, daß es nicht nötig iſt, eine derartige Reſolution hier zu faſſen, die nach meiner Meinung der Magiſtrat nicht akzeptieren kann. Daß Sie in anderm Falle, wenn Sie auf dieſe Reſolution verzichten, ſich keinesfalls des Rechtes begeben, bei Anderung der jetzt erlaſſenen Arbeiterausſchüſſe mitzureden, das ſteht ja zweifellos feſt; denn der Magiſtrat wird Ihnen ja zuſichern, Ihnen jede Anderung zur Kenntnis zu geben, genau wie er Ihnen dieſe Ent⸗ würfe zur Kenntnis gegeben hat. Und wie er in dieſem Falle durchaus bereit iſt, den Wünſchen, die Sie ihm unterbreiten, ſoweit es ſich eben um die Sache ſelbſt handelt, zu entſprechen, ſo wird er aller Wahrſcheinlichkeit nach auch in Zukunft handeln. Aber was eine derartige grundſätzliche Rechtsfrage anbetrifft, da kann es meiner Anſicht nach Konzeſſionen wegen des freundwilligen Über⸗ . , nicht geben. Da heißt es: principiis obsta! (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Meyer (Schlußwort): Meine Herren, ich glaube, ich tue gut daran, wenn ich nicht nach dem Rezept, von allem nur das Nein zu hören, die Worte des Herrn Bürgermeiſters auffaſſe, ſondern wenn ich feſtſtelle, daß er in dan⸗ kenswerter Weiſe uns die Erklärung abgegeben hat, daß der Magiſtrat jederzeit ſachlichen Wün⸗ ſchen der Stadtverordnetenverſammlung hinſichtlich der Abänderung dieſer Beſtimmungen Rechnung tragen wird. Aber, meine Herren, trotzdem kann ich Ihnen nicht empfehlen, darauf zu verzichten, den prinzipiellen Antrag des Ausſchuſſes anzunehmen. Der Magiſtrat wechſelt, meine Herren, und wir haben die Pflicht, auch für den Fall vorzubeugen, daß im Magiſtrat einmal eine Richtung herrſchend ſein könnte, die mit der der Stadtverordneten⸗ verſammlung, mit der der Vertretung der Bürger⸗ ſchaft in ſozialen Fragen nicht ganz übereinſtimmt. Und wenn der Herr Bürgermeiſter ſo weit geht, das Kontrollrecht der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung unbedingt anzuerkennen, dann iſt es für den Magiſtrat doch auch nur ein kleiner Schritt, die wirklichen Garantien für die Ausübung des Kon⸗ trollrechtes zu gewähren, die nur darin beſtehen können, daß Anderungen dieſer Beſtimmungen der Zuſtimmung der Stadtverordnetenverſammlung bedürfen. (Sehr richtig!)