Sitzung vom Ich verweiſe Sie darauf, daß das gleiche in Schöne⸗ berg bereits geſchehen iſt. Von den andern Städten, die Herr Kollege Gebert erwähnte, iſt es mir nicht betannt; er wird ſich aber von der Richtigkeit ſeiner Behauptung überzeugt haben. Ich ſehe keinen triftigen Grund, warum unſer Magiſtrat nicht das tun will, was die Magiſtrate jener Städte getan haben. Gegenüber den Ausführungen des Herrn Kollegen Gebert möchte ich mich im weſentlichen darauf beſchränken, dasjenige zu berühren, was in meinen Ausführungen noch nicht enthalten geweſen iſt. Hierhin gehört zunächſt ſein Wunſch, eine Be⸗ ſtimmung einzufügen, der zufolge der Magiſtrat Mitgliedern der Arbeiterausſchüſſe, denen er kündigt, den Entlaſſungsgrund angeben muß. Ich halte dieſen Antrag für überflüſſig deshalb, weil die Beſtimmung des § 4: Den Mitgliedern der Arbeiterausſchüſſe und den Erſatzmitgliedern tann das Arbeits⸗ verhältnis nur vom Magiſtrat, nicht von der betreffenden Verwaltungsdeputation gekün⸗ digt werden. meiner Anſicht nach die nötige Sicherheit gewährt. Aber ich muß ihn weiter deshalb bekämpfen, weil wir den Magiſtrat nicht in den Rechten verkürzen ſollen, die allen andern Unternehmern das Geſetz gewährt. (Stadtv. Wilt: Er iſt ja doch kein Privatunter⸗ nehmer; darin unterſcheidet er ſich ja doch von dieſem!) — Gewiß, gerade weil er kein Privatunternehmer iſt, gerade weil wir die Kontrolle der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung haben, fehlt jeder Anlaß zu einer ſolchen Beſtimmung! Was die Wählbarkeit und Wahlfähigkeit an⸗ langt, ſo habe ich ja ſelbſt ausgeführt, daß es not⸗ wendig iſt, die Beſtimmungen der Magiſtrats⸗ vorlage zu mildern. Ich gehe aber nicht ſo weit wie der Vertreter der ſozialdemokratiſchen Fraktion. Die Arbeiterausſchüſſe ſollen ein Seniorenkonvent der Arbeiter ſein — nicht in dem Sinne, daß die Gewählten gerade ein hohes Alter haben müſſen; aber eine gewiſſe Autorität ſoll vorhanden ſein, die gewährleiſtet wird, außer durch ein beſtimmtes Alter durch eine vermöge einer längeren Dienſtzeit in der ſtädtiſchen Verwaltung gewonnene Er⸗ fahrung. Ebenſo reichen hinſichtlich der Wahl⸗ fähigkeit die von mir befürworteten Anderungen vollſtändig aus, um dem Gros der Arbeiterſchaft die Beteiligung an den Wahlen zu ermöglichen. Dann hat Herr Kollege Gebert wieder den Antrag geſtellt, daß den Arbeiterausſchüſſen das Recht eingeräumt werden ſoll, Gewerkſchafts⸗ beamte hinzuzuziehen. Ich will nicht wiederholen, was ich ſchon geſagt habe. Aber wenn Herr Kollege Gebert es für ausgeſchloſſen hält, daß die Gewerk⸗ ſchaftsbeamten politiſche Fragen hineinziehen, dann muß ich ihm doch widerſprechen, und ich darf viel⸗ leicht dieſen Widerſpruch damit erklären, daß über das, was politiſche Fragen ſind, zwiſchen Herrn Kollegen Gebert und mir verſchiedene Anſichten beſtehen. Ich ſelbſt, meine Herren, habe einige Erfahrungen in Verhandlungen mit Gewerkſchafts⸗ vertretern. (Stadtv. Wilk: Gute!) — Gewiß, Herr Kollege, gute Erfahrungen. Aber, in den Verhandlungen, die ich mit Gewerkſchafts⸗ beamten im Intereſſe einer mir naheſtehenden 19. Mai 1909 212 Induſtrie geführt habe, iſt immer die Forderung der Freigabe des 1. Mai als Feiertag geſtellt worden. Ich halte das für eine politiſche Forderung. (Stadtv. Wilk: Eine rein gewerkſchaftliche Forderung!) Das iſt das, was ich wollte; der Zwiſchenruf über⸗ hebt mich aller Ausführungen. Er beweiſt, was ich beweiſen wollte. (Sehr richtig!) Nun, meine Herren, noch ein Wort über das Auflöſungsrecht. Herr Kollege Gebert hat ge⸗ meint: gleiche Rechte ſtänden ſich hier nicht gegen⸗ über. Aber er ſelbſt hat doch mit gutem Grunde Bedenken getragen, dieſe Idee bis in ihre letzte Konſequenz zu verfolgen; denn ſonſt hätte er ver⸗ langen müſſen, daß, wie der Magiſtrat das Recht hat, den Arbeiterausſchuß aufzulöſen, der Arbeiter⸗ ausſchuß das Recht hat, den Magiſtrat aufzulöſen. (Große Heiterkeit. Rufe bei den Sozialdemo⸗ kraten: Das wäre ſehr richtig!) — Ja, meine Herren, derartige Grundſätze laſſen ſich nicht verfolgen, eben aus dem einfachen Grunde, weil der Magiſtrat verantwortlich iſt für die Auf⸗ rechterhaltung der Betriebe, verantwortlich iſt dafür, daß die Arbeiten erledigt werden. Und deshalb müſſen ihm Rechte gewährt werden, die dem Unternehmer an ſich, der Sache wegen, dem Weſen nach zukommen. Zum Schluß, meine Herren, glaube ich es nicht unterlaſſen zu dürfen, mich noch mit Nachdruck gegen eine Bemerkung zu wenden, die Herr Kollege Gebert im Anfange ſeiner Ausführungen gemacht hat, und die ungefähr dahin ging, daß dieſe Stadt⸗ verordnetenverſammlung, wie ſie heute zuſammen⸗ geſetzt iſt, immer zögert und immer Bedenken trägt, wenn es ſich darum handelt, den Arbeitern Rechte zu gewähren. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Meine Herren, das wußte ich, daß Sie hier „ſehr richtig“ rufen werden; aber ich weiß auch, daß die andern Herren „ſehr richtig“ rufen werden, wenn ich feſtſtelle, daß dieſer ungerechtfertigte Vorwurf noch nie ſo deplaziert war als in einem Augenblick, wo wir an einer Vorlage arbeiten, die den Arbeitern der ſtädtiſchen Betriebe neue Rechte gewährt, und wo der Ausſchuß der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung Ihnen vorſchlägt, die Vorlage des Magiſtrats zu verbeſſern im arbeiterfreundlichen Sinne. (Lebhafte Zuſtimmung. Stadtv. Wilk: Wir wollen ſie auch nur verbeſſern!) Ich ſchließe meine Ausführungen mit der nochmaligen Bitte, die Anträge des Ausſchuſſes anzunehmen. (Bravo!) Vorſteher Kaufmann: Wir kommen zur Ab⸗ ſtimmung. Ich werde zuerſt die Gebertſchen An⸗ träge, die in allen Punkten weiter gehen als die Ausſchußanträge, zur Abſtimmung ſtellen, dann werde ich über die Ausſchußanträge in ihrer Ge⸗ ſamtheit abſtimmen laſſen bis über die Punkte d und e; über dieſe beiden Punkte laſſe ich dann noch getrennt abſtimmen, damit die Herren, die den An⸗ trag e nicht wollen, in der Lage ſind, anders zu ſtimmen als zu d. Wenn ich keinen Widerſpruch höre, ſtelle ich feſt, daß Sie mit dieſem Abſtimmungs⸗ modus einverſtanden ſind. — Ich konſtatiere das.