224 Beſonderer Betonung bedarf es, daß zu den Löhnen, die unter den Normalbeſoldungsplan fallen, nicht die Löhne gehören, die den in den ſtädtiſchen Betrieben beſchäftigten Betriebsarbeitern gezahlt werden. Natürlich ſind auch für dieſe von den zuſtändigen Deputationen — große Er⸗ höhungen in Ausſicht genommen, wobei es ſich gleichfalls um ſehr erhebliche Summen handelt: für 1908 um rund 120 000 ℳ, für 1909 um eine noch höhere Summe. Die Löhne dieſer Arbeiter paſſen ſich der Konjunktur an, und es iſt erfreulich, feſtzu⸗ ſtellen, daß die Erhöhungen, die der Magiſtrat für die übrigen Kämmereiarbeiter vorſieht, durchaus nicht hinter den Erhöhungen zurückbleiben, welche für die ſtädtiſchen Betriebsarbeiter erfolgen. Das nicht ſt ändige Arbeiterper⸗ ſonal hat bereits bei Einführung der Teuerungs⸗ zulagen Berückſichtigung gefunden, indem ihm da⸗ mals ſchon Lohnzuſchläge gewährt worden ſind. Infolgedeſſen iſt eine eingehende Behandlung an dieſer Stelle nicht erforderlich. Ich komme nun zu dem ferneren Punkt der Magiſtratsvorlage: zu den Familienzu⸗ lagen. Am 15. April 1908 hat die Stadtver⸗ ordnetenverſammlung beſchloſſen, daß der Magiſtrat das Problem der Gewährung von Familienzulagen prüfen ſoll, und Sie werden ſich erinnern, daß dieſer Beſchluß nur mit einer kleinen Mehrheit gegen eine recht erhebliche Minderheit gefaßt worden iſt. Die Minderheit zerfiel in grundſätzliche Gegner von Familienzulagen und in ſolche, die aus Opportunitätsrückſichten damals mit Nein geſtimmt haben. Zu den letzteren gehörte ich. Ich hatte die Befürchtung, daß unter den Familienzulagen die Normalgehälter leiden könnten. Zu meiner Genug⸗ tuung hat ſich dieſe Befürchtung als unbegründet erwieſen. Der Magiſtrat will die Familienzulagen als eine außerhalb der Normalbeſoldung beſtehende Vergünſtigung gewähren und hat keineswegs im Hinblick auf ſie eine Reduktion der Gehälter vor⸗ geſehen. Schwer natürlich, meine Herren, wird die Bekehrung der grundſätzlichen Gegner ſein. Von ihrer Seite iſt das vorige Mal der Standpunkt ein⸗ genommen worden, daß das Gehalt das Entgelt für die Leiſtung des einzelnen iſt, und es wurde, ab⸗ geſehen hiervon, vor allen Dingen geltend gemacht, daß die Gewährung von Familienzulagen ſehr leicht zu groben Ungerechtigkeiten führen kann, indem derjenige die Familienzulage bekommt, der durch eigenes Privatvermögen oder reiche Heirat in ſo glücklichen Verhältniſſen iſt, daß er keinesfalls darauf angewieſen iſt, während ſie dem nicht zugute kommt, der nicht hat heiraten können, weil er erwerbsun⸗ fähige Eltern oder Geſchwiſter ernähren muß. Meine Herren, ich will heute an dieſer Stelle gegen jene Auffaſſung nicht polemiſieren; aber ich kann meine perſönliche Meinung dahin äußern, daß Un⸗ vollkommenheiten wie die letztgenannte allen Ein⸗ richtungen, die wir ſchaffen, anhaften; wir werden immer nur darauf ſehen können, im allgemeinen das Richtige zu treffen, ohne Ausnahmen in Betracht zu ziehen, die eben nicht vermeidlich ſind. (Stadtv. Zietſch: Sehr richtig!) Und im allgemeinen wird der Beamte und Arbeiter mit zahlreicher Familie ſchwerer mit ſeinem Gehalt auskommen als der mit kleiner Familie oder der Junggeſelle. Meine Herren, die Familienzulagen würden — das erſcheint mir ebenfalls als ein Vorzug — einen Vorteil beſonders für unſere minderbeſoldeten Sitzung vom 26. Mai 1909 Angeſtellten bilden. Der Magiſtrat hat feſtgeſtellt, daß nach der von ihm vorgeſchlagenen Regelung 39 Beamte und auf Privatdienſtvertrag Ver⸗ pflichtete und 126 ſtädtiſche Arbeiter die Vergünſti⸗ gung der Familienzulage erhalten würden. Dabei wirft ſich die Frage auf, ob es notwendig iſt, alle Beamten unter die Familienzulagen fallen zu laſſen. Ich habe Bedenken, die Frage zu bejahen. Den meiſten Beamten wird es gewiß ſchwer genug ſein, eine große Familie ſelbſt mit den jetzt erhöhten Gehältern zu erhalten. Aber andere werden der Zulage nicht bedürfen, und deshalb dürſte die Feſtlegung eines Maximaleinkommens, bis zu welchem nur die Gewährung von Familien⸗ zulagen angängig ſein ſoll, angezeigt ſein. Die Höhe der Familienzulage, die der Magiſtrat vorſchlägt, beläuft ſich auf 300 bis 500 ℳ, und zwar ſollen Beamte und auf Privatdienſtvertrag Verpflichtete, die 4 und 5 Kinder unter 18 Jahren haben, 300 ℳ betommen, bei 6 Kindern und mehr 500 ℳ,; Arbeiter, welche 4 und 5 Kinder unter 16 Jahren haben, ſollen 10% Zuſchlag auf ihren Lohn bekommen, nicht mehr als 300 ℳ, und ſolche, die mehr als 6 Kinder haben, 15% Zuſchlag, nicht mehr als 500 ℳ. Als beſonders erfreulich will ich hervorheben, daß der Magiſtrat bei Kindern keinen Unterſchied macht zwiſchen ehelichen und un⸗ ehelichen Kindern. Im übrigen wird es auch hier der Prüfung bedürfen, ob nicht die Alters⸗ grenze zu hoch gegriffen iſt, ob noch achtzehn⸗ bzw. ſechzehnjährige Kinder zum Bezug der Fa⸗ milienzulagen berechtigen ſollen, die oft bereits ſelbſt verdienen, ſo daß das Bedürfnis nicht vorliegen dürfte. Es wird dem Ausſchuſſe möglicherweiſe gelingen, auf dieſem Gebiete gewiſſe Reduktionen herbeizuführen, die den noch nicht genügend berückſichtigten Angeſtellten bei der Gehaltsbe⸗ meſſung zugute kommen könnten. Als Grundlage für die Berechnung des Status der Familie ſoll der 1. März dienen. Nun liegt ja die Frage nahe — und das iſt auch bei der Ver⸗ handlung im April 1908 vorgebracht worden —, was geſchehen ſoll, wenn vielleicht kurz vor dem 1. März ein Kind verſtorben iſt, wenn die Familie dadurch Aufwendungen gehabt hat durch Krankheit, durch das Begräbnis, ob es gerechtfertigt iſt, in einem ſolchen Falle die Familienzulage zu ſchmälern oder zu entziehen. Vielleicht empfiehlt es ſich, in dieſer Richtung die Magiſtratsvorlage zu er⸗ gänzen; geſchieht das nicht, ſo würde ſicherlich der Magiſtrat in ſolchen Fällen durch Gewährung von außerordentlichen Unterſtützungen Härten aus⸗ zugleichen in der Lage ſein. Meine Herren, was mir an der Magiſtrats⸗ vorlage über die Familienzulage beſonders gefällt, das iſt, daß nicht ein Unterſtützungsfonds geſchaffen werden ſoll, ſondern eine Zulage, von der der Magiſtrat mit Recht ſagt, daß er es für gerecht und billig hält, die Wohltat nach im weſentlichen gleichen Grundſätzen zuteil werden zu laſſen, und von der er es für ratſam erklärt, ſie grundſätzlich „von vornherein ſo feſtzulegen, daß die Anwendung für den Einzelfall zweifelfrei iſt, ſo daß von vornherein der Schein der Willkür vermieden wird, welcher geeignet iſt, das Vorurteil zu ſtärken, als ob es ſich um eine perſönliche, nicht auf rein ſachliche Erwägungen geſtützte Prämie für Wohl⸗ verhalten handle“. Es ſcheint mir aber in einem gewiſſen Gegenſatze dazu zu ſtehen, daß trotzdem nach der Magiſtratsvorlage ein Rechtsanſpruch