226 legenheit nahm, dieſer Vorlage zu erinnern, wurden vom Magiſtrat aus Stimmen laut, die ausſprachen, daß es eigent⸗ lich wunderbar erſcheinen könne, warum die Stadt⸗ verordnetenverſammlung, ferner die Beamten und Arbeiter der Stadt Charlottenburg darauf drängen, die Reviſion des Normaletats ſchneller zu bekommen, als es doch den Umſtänden nach möglich ſei ſie aus⸗ zuarbeiten. Der Herr Bürgermeiſter hatte nament⸗ lich darauf Bezug genommen und geſagt, die Vor⸗ lage ſei gar nicht ſo eilig, da ja für die ſchlimmſte Not, die durch die Verteuerung der Lebensmittel geſchaffen ſein könnte, durch den Teuerungszuſchlag geſorgt ſei. Daß aber tatſächlich das Drängen der Stadtverordnetenverſammlung und der intereſſier⸗ ten Beamten und Arbeiter durchaus nicht gegen⸗ ſtandslos geweſen iſt, ſondern daß ſie in vollſter Berechtigung mit großer Sehnſucht dieſer Vorlage entgegengeſehen haben, beweiſt Ihnen die durchweg bedeutend ſtärkere Erhöhung der Gehälter, die nun endlich feſtgelegt werden ſoll gegenüber dem ge⸗ ringeren Betrage der Teuerungszulage. Die Teuerungszulage machte durchſchnittlich 7,5% aus mit der Maximalgrenze von 300 und der Minimal⸗ grenze von 150 ℳ aber dieſe Vorlage ſieht Ein⸗ kommenserhöhungen vor, die bis zu 45 und 60% gehen und durchweg den Durchſchnittsprozentſatz der Teuerungszulage überſchreiten. In bezug auf die Vorlage im allgemeinen werden auch meine Freunde keinen Anſtand nehmen, dem Magiſtrat für dieſe Vorlage eine gewiſſe An⸗ erkennung entgegenzubringen. (Zuruf bei den Liberalen.) — Ja, wir haben aber auch eine gewiſſe Kritik daran zu üben. Wir ſehen ohne weiteres ein, daß einige durchgehende fortſchrittliche Gedanken in der Vor⸗ lage enthalten ſind, die auch von uns begrüßt werden. Wir betrachten in allererſter Linie die Verkürzung der Wartezeit, die ſich aber nur auf 17 Beamten⸗ kategorien erſtreckt, als eine erfreuliche Neuerung. Auch erblicken wir darin einen Fortſchritt, den die Vorlage bringt, daß eine faſt durchgehende ſtarke Erhöhung der Bezüge der Privatdienſtverpflichteten der Stadt Platz gegriffen hat. Und auch das er⸗ kenne ich gern an, daß in allererſter Linie die unteren Kreiſe der Privatdienſtverpflichteten von dieſer Erhöhung in beſonders ſtarkem Maße ge⸗ troffen worden ſind. Ich erinnere vor allen Dingen an die Klaſſe der Kanzliſten, Maſchinenſchreiber, Bürogehilfen uſw., die ja eine Erhöhung ihrer Ein⸗ kommen von 51, 62 und 34% durch die Vorlage erlangen werden. Dann iſt ſelbſtverſtändlich von uns mit lebhafter Freude die Proklamierung des Neunſtundentages für alle ſtädtiſchen Arbeiter und Betriebe begrüßt worden, wenn ich auch dem Herrn Referenten nicht ganz Recht geben kann, der ſein Lob in bezug auf dieſen Punkt etwas zu weit ausgedehnt und mit an⸗ erkennender Freude davon geſprochen hat, daß hier die Stadt Charlottenburg vorangegangen ſei. Darin irrt er tatſächlich. (Stadtv. Otto: Das hat er nicht geſagt!) — Ich habe gehört, daß Herr Kollege Meyer geſagt hat — das Stenogramm wird es ja ausweiſen—: es iſt mit Freude zu begrüßen, daß auch hier die Stadt Charlottenburg vor a n gegangen iſt. Dieſes weitgehende Lob des Herrn Kollegen Meyer erfährt ſchon in der Begründung der Vorlage durch Herrn Bürgermeiſter Matting ein Einſchränkung; denn darin kommt zum Ausdruck, daß nicht nur ver⸗ Sitzung vom 26. Mai 1909 den Magiſtrat an die Einbringung ſchiedene Gemeinden darin vorausgeſchritten ſind, ſondern — und das will gewiß viel heißen — ſogar der preußiſche Staat den Neunſtundentag in mehreren Betrieben eingeführt hat. Selbſtver⸗ ſtändlich ſinkt dadurch für uns der Wert der Ein⸗ führung des Neunſtundentags nicht um ein Jota. Wir erkennen trotzdem an, daß durch dieſen Teil der Vorlage ein erfreulicher Fortſchritt zu verzeichnen iſt. Auch darin ſehen wir einen Fortſchritt in der Vorlage, daß die Löhne und Gehälter der Feuerwehr⸗ leute, namentlich derunteren, um 30,64% erhöht wor⸗ den ſind. Wir ſtanden immer auf dem Standpunkte, daß gerade diejenige Arbeiterſ chaft — die Feuerwehr⸗ leute zählen ja nicht zu den Beamten, ſondern zur ſtändigen Arbeiterſchaft —, die durch ihren Beruf tagtäglich, faſt ſtündlich in Lebensgefahr geraten kann, entſprechend bezahlt werden muß. Aber auch hier werden wir unſer Lob ein wenig ein⸗ ſchränken und werden abwarten müſſen, ob unſere hierauf bezüglichen Wünſche, die wir im Ausſchuſſe ſtellen werden, vom Ausſchuß erfüllt werden. Die Erhöhung der Löhne der Feuerwehrleute um 30,64% genügt uns nicht; wir werden auch die ver⸗ gleichenden Zahlen der Beſoldungsziffern für die Feuerwehrleute in andern Städten heranziehen, um zu ſehen, wie weit hierin Charlottenburg gegen andere Städte noch zurückſteht. Wenn wir auch das Anhängſel der Vorlage, die Familienzulage, als prinzipielle Neuerung be⸗ trachten, der wir eine gewiſſe Anerkennung eben⸗ falls nicht verſagen können, ſo haben wir doch auch gegen die jetzt vorliegenden Beſtimmungen über die Familienzulagen noch weitgehende prinzipielle Be⸗ denken, die wir im Ausſchuſſe noch des näheren er⸗ örtern werden. Weniger angenehm iſt uns die Stelle in der Vorlage, die leider vom Herrn Referenten nicht hervorgehoben worden iſt — ich hätte mich gefreut, hierüber gerade den Sprecher der ſtärkſten Fraktion der Stadtverordnetenverſammlung hören zu können —, daß dieſer Normaletat für unbeſchränkte Zeit feſtgeſetzt iſt. Wir haben es bisher als ein erfreu⸗ liches Moment betrachtet, daß ſpäteſtens nach 5 Jahren eine Reviſion des Normaletats Platz greifen muß. Jetzt iſt es möglich, daß die Reviſion des Normaletats nicht nach 5 Jahren, ſondern erſt nach längerer Zeit vorgenommen wird. Wir würden den Wunſch ausſprechen und einen dem⸗ entſprechenden Antrag auch im Ausſchuß ſtellen, daß ſpäteſtens nach 5 Jahren eine Reviſion des Normaletats vorgenommen werden muß. Damit greifen wir irgendwelchen unerwartet eintretenden wirtſchaftlichen Veränderungen nicht vor, die es erforderlich erſcheinen laſſen könnten, ſchon vor Ab⸗ lauf von 5 Jahren mit der Reviſion zu beginnen. Was die Deckungsfrage betrifft, die vom Herrn Referenten auch beſprochen worden iſt, ſo darf ich heute ſchon im Namen meiner Freunde erklären, daß wir, für den Fall, daß die von uns bewilligten Mittel überſchritten werden ſollten, die Mehrmittel bewilligen werden Es iſt fraglich — eine entſprechende Aufklärung iſt ja noch von ſeiten des Magiſtrats zu erwarten —, ob der Ausgleichs⸗ fonds dauernd imſtande ſein wird, die Unterbilanz zu decken Sollte das für die erſten Jahre auch möglich ſein, ſo dürfte doch immerhin ſpäter daran gedacht werden müſſen, zur dauernden Deckung dieſer Mehrbelaſtung der Stadtkaſſe eine ordent⸗ liche Einnahme zu erſchließen; denn der Ausgleichs⸗ fonds kann nicht dauernd mit ſeinen Mitteln für die