246 Daß ich nicht zu weit gegangen bin, als ich behauptet habe, daß durch die Ausſchußanträge die Familienzulage in ihren einzelnen Poſitionen namentlich für die Arbeiter verſchlechtert werden wird, möchte ich an der Hand einiger Zahlen zeigen. Während die Magiſtratsvorlage vorſah, daß für Arbeiterfamilien mit 4 bis 5 Kindern 10% des Verdienſtes gewährt werden ſollten und dann bei 6 und mehr Kindern 15% des regelmäßigen Arbeitsverdienſtes berechnet werden würden, ſieht der Ausſchußantrag vor, daß für die ſtändigen Arbeiter bei 4 Kindern 5%, bei 5 Kindern 10%, dann bei 6 Kindern 15% und bei mehr als 6 Kindern 20% des regelmäßigen Arbeitsverdienſtes den Arbeitern gewährt werden ſollen; zum mindeſten aber 150 ℳ, dann in der zweiten Klaſſe nicht über 300 ℳ, in der dritten nicht über 450 ℳ und in der letzten Klaſſe nicht über 600 . Die Zahlen von 300, 450 und 600 ℳ ſind die gleichen, wie Sie ſie in der Staffelung für die Beamtenfamilienzulagen finden. Aber dieſe Zahlen nehmen ſich wohl ſchön aus, ſie ſind jedoch nichts weiter als ein Dekorations⸗ ſtück; erreicht können dieſe Beträge durch Familien⸗ zulagen für die Arbeiter niemals werden. Warum haben Sie ſie dann hineingeſetzt, wenn ſie nicht zu erlangen ſind? Doch nur, um nach außen hin den Anſchein zu erwecken, daß die Arbeiterſchaft mit der Beamtenſchaft in bezug auf die Familienzulage gleichgeſtellt worden iſt. Es iſt ganz ausgeſchloſſen, daß die Summen von 300, 450 und 600 ℳ jemals von den einzelnen Arbeiterfamilien als Familien⸗ zulage bezogen werden können. Wir haben in der Gasanſtalt, ſelbſt unter Zugrundelegung der geplanten Aufbeſſerung der Löhne der Arbeiter, Arbeiter, die nur bis zu einem regelmäßigen Jahresverdienſt von 991 ℳ kommen. Dann haben Sie die höchſtbezahlte Arbeiterklaſſe als ſtändige Arbeiter in dem Normalbeſoldungsplan vorgeſehen — das ſind die Feuerwehrmänner — mit einem regelmäßigen Verdienſt in Höhe von 2220 ℳ. Nehmen Sie dieſe beiden Ziffern von 991 ℳ als untere Grenze des Arbeitereinkommens und die Höchſtgrenze mit 2220 ℳ an und berechnen Sie auf Grund der Prozentzahlen des Ausſchuß⸗ antrages die Familienzulagen, Sie werden finden, daß es den Arbeitern niemals möglich iſt, auf die Höchſtbeträge der Familienzulage kommen zu können. Die größte Zahl der Arbeiter würde auf den Minimalſatz von 150 Familienzulage angewieſen ſein. Ob der einzelne Arbeiter 4 oder 6 Kinder hat, das ſpielt für ihn keine Rolle, er kommt, wenn er den unteren Lohnklaſſen angehört, in den erſten drei Klaſſen der Familienzulage nicht über den Mindeſtſatz von 150 ℳ. Der Beamte tritt aber ohne weiteres bei 5 Kindern in den Genuß einer Familienzulage von 450 ℳ, bei mehr als 6 Kindern von 600 ℳ. Der Arbeiter mit 991 0 Jahresverdienſt würde in der Lage ſein, wenn er mehr als 6 Kinder hätte, nur eine Familienzulage von 198 ℳ beziehen zu können. Der Feuerwehr⸗ mann, der nach zehniähriger Dienſtzeit 2220 ℳ beziehen würde, würde auch in der erſten Klaſſe, das heißt bei 4 Kindern, auf den Minimalſatz von 150 ℳ Familienzulage angewieſen ſein, während er bei 5 Kindern nicht auf 300 ℳ, ſondern nur auf 220 ℳ, bei 6 Kindern nicht auf 450, ſondern nur auf 330 ℳ und bei über 6 Kindern nicht auf 600 ℳ, ſondern nur auf 440 ℳ kommen würde. Sie ſehen, daß ſelbſt bei den höchſten nach dem Normalbeſoldungsplan ſich ergebenden Arbeiter⸗ Sitzung vom 9. Juni 1909 löhnen dieſe höchſten Familienzulagen von den Arbeitern gar nicht erreicht werden können. Warum ſchreiben Sie dann aber dieſe Zahlen hinein? Dann laſſen Sie doch nur Prozentziffern und die daraus ſich ergebenden Beträge gelten und er⸗ öffnen Sie den Arbeitern nicht unerreichbare Perſpektiven! Selbſt die Arbeiter — und das ſind nur ſehr wenige in der Gasanſtalt —, die auf einen Jahresverdienſt von 2500 ℳ kommen, erreichen gar nicht einmal die Höchſtzahlen der Familienzulage; ſie bleiben mit 250 ℳ bei 10% und mit 500 bei 20% weſentlich hinter den von Ihnen angenommenen Höchſtſätzen der Familienzulage zurück. Aber eine weitere Ungerechtigkeit ſchaffen Sie noch durch dieſe Staffelung. Viele Arbeiterfamilien, die 5 Kinder haben, können nicht einmal als Fa⸗ milienzulage den Mindeſtbetrag erlangen, der als die Höchſtgrenze der Familienzulage für Arbeiter mit 4 Kindern vorgeſehen iſt. Das heißt, die folgende Stufe der Familienzulage iſt in ihrem Minimal⸗ ſatz zumeiſt noch niedriger als der Maximalbetrag der Familienzulage der vorangegangenen Stufe. Das iſt eine Ungerechtigkeit, und Sie ſtellen das auch von Ihnen in der erſten Leſung anerkannte Prinzip, durch die Familienzulage den kinder⸗ reichen Familien eine der Kinderzahl entſprechende Unterſtützung geben zu wollen, direkt auf den Kopf. Wenn Sie glauben, daß das keine Gärung in der Arbeiterſchaft ſchaffen wird oder ſchaffen kann, dann verſtehe ich das nicht. (Zuruf des Oberbürgermeiſters.) — Ja, Herr Oberbürgermeiſter, ich weiß nicht, ob ſich Ihr Lachen auf meine Ausführungen bezieht? (Zuſtimmung.) Dann bedaure ich das; denn ſoviel Verſtändnis werden Sie den Arbeitern noch zutrauen müſſen, daß ſich die Arbeiter die für ſie ſich ergebenden Reſul⸗ tate aus dieſen Zahlen ſelbſt berechnen können. Unſere Anträge gehen vor allen Dingen darauf hinaus, das Obligatorium in die Vorlage hinein⸗ zubringen, wonach in dem erſten Abſatz geſtrichen werden ſoll, daß „auf ihren Antrag“ die Familien⸗ zulage gewährt werden ſoll, daß ferner der Rechts⸗ ſpruch auf die Familienzulage in die Beſtimmungen aufgenommen wird. Wenn unſere Anträge abgelehnt werden, werden wir Eventualanträge zu den Ausſchuß⸗ anträgen ſtellen, die ſich vor allen Dingen darauf beziehen, die Staffelung der Familienzulagen für die Arbeiter anders zu geſtalten, als es der Ausſchuß⸗ antrag vorſieht, und zu ſagen: bei 4 Kindern 10%, mindeſtens 150 ℳ, bei 5 Kindern 10%, mindeſtens 250 ℳ, bei 6 Kindern 15%, mindeſtens 350 ℳ, nicht über 450 ℳ, bei mehr als 6 Kindern 20%, mindeſtens 450 ℳ, nicht über 600 ℳ. Eine weitere Erſchwernis und eine weitere ungünſtige Beſtimmung iſt für die Arbeiter in dieſe Familienzulage dadurch hineingekommen, daß es auf Seite 285 der gedruckten Vorlage Nr. 168 zweite Spalte in der 7., 11. und 14. Zeile heißt, daß nur der rege lmäßige Arbeits⸗ verdienſt des betreffenden Arbeiters zur Grundlage der Berechnung der Familienzulage gemacht werden ſoll. Meine Herren, vergegenwärtigen Sie ſich doch die Konſequenzen davon! Sie wollen nur den ſogenannten regelmäßigen Arbeitsverdienſt für die Berechnung der Familienzulage in Betracht ziehen: Sie bedenken dabei nicht, daß der durch Über⸗ ſtundenarbeit verdiente Lohn der Arbeiter auch von der Steuerbehörde mit in das zu verſteuernde