Sitzung vom 9. Juni 1909 Anerkennung und Ihres Wohlwollens gegen dieſes oder jenes Magiſtratsmitglied, gekleidet in dieſe oder jene Gehaltserhöhung, dieſes Magiſtrats⸗ mitglied nicht hindern, eines Tages doch zu ſagen⸗ „Der Tag iſt gekommen, an dem wir müſſen ſcheiden; ich danke für das wohlwollende Ent⸗ gegenkommen.“ Und trotz der hohen Gehalts⸗ zulage geht der, den Sie halten wollten, irgendwo⸗ anders hin. Sie haben dieſe Erfahrung ſchon machen müſſen und werden ſie künftig wieder machen. Das liegt aber auch in der Natur der Sache. Ich will damit nur ſagen, daß uns auch dieſes Moment nicht durchſchlagend genug er⸗ ſcheint, um auf eine Erhöhung der Gehälter für die Magiſtratsmitglieder eingehen zu können. 1 Die Stellung der Herren Liberalen in dieſer Frage fordert auch inſofern unſere Kritik heraus, als Herr Kollege Meyer in der letzten Sitzung in bezug auf die ſtarke Belaſtung, die durch den Normalbeſoldungsetat der Einwohnerſchaft er⸗ wachſen würde, wörtlich ſagte — und dieſe Worte ſind im ſtenographiſchen Bericht noch geſperrt gedruckt —: 2: 5 Wir wiſſen wohl, daß, was des einen Freude, des andern Laſt iſt, und nur mit ſchwerem Herzen können wir uns dazu entſchließen, zu einer Mehrbelaſtung der ſtädtiſchen Bürger⸗ ſchaft zu ſchreiten, wie ſie hier in Frage kommt. Es hat Ihnen alſo Herzbeklemmungen verurſacht, den Wünſchen der Beamten entgegenzukommen, weil Sie fürchteten, dadurch die Einwohnerſchaft der Stadt noch ſtärker zu belaſten. Sie haben es aber über ſich gebracht, im Ausſchuß doch noch eine über die Vorlage des Magiſtrats hinausgehende Mehrbelaſtung der Stadttaſſe von 12 000 reſp. 19 000 ℳ in den nächſten Jahren auf ſich zu nehmen und auch dafür gegenüber der Einwohner⸗ ſchaft die Verantwortung zu tragen. Außerdem haben Sie für die 10 Magiſtratsmitglieder, die hier in Frage kommen, über 16 000 ℳ pro Jahr bewilligt, alſo noch etwas mehr, als von Ihnen für die übrige Beamtenſchaft mehr bewilligt worden iſt. Selbſtverſtändlich werden Sie es auch auf ſich nehmen — daran zweifle ich gar nicht —, dieſe Mehrbelaſtung, die die Einwohnerſchaft durch dieſe 16 000 ℳ erfährt, draußen zu ver⸗ antworten. (Sehr richtig! bei den Liberalen.) Aber nach dieſer Erklärung des Herrn Kollegen Meyer, nach dieſem von ihm ausgeſprochenen Bedauern über die ſtarke Belaſtung unſerer Mit⸗ bürger hätte ich am wenigſten erwartet, daß eine Erhöhung der Magiſtratsgehälter in dieſer prozentual rapiden Steigerung vorgenommen werden würde. (Stadtv. Holz: 7 % %) — Nein, es geht über 7 ½9% hinaus. Herr Kollege Meyer hat ſelbſt vorhin geſagt: bis zu 22,340%. (Stadtv. Meyer: Nur in einem Falle!) — Wenn Herr Kollege Meyer auf die Auslaſſung eines politiſchen Tageblattes Bezug genommen hat, ſo weiß ich nicht, welches Blatt er damit gemeint hat. Hat er den „Vorwärts“ gemeint, ſo ſteht darin, wenn ich dieſe Notiz richtig gelefen habe, daß die prozentuale Steigerung nicht berechnet worden iſt auf die Gehälter, wie ſie ſich bisher und jetzt bis zu ihren Höchſtbeträgen ſtaffelten, ſondern der Berechnung im „Vorwärts“ liegen, meiner Auffaſſung nach, die abſoluten Zahlen der jetzt von den einzelnen Magiſtratsmitgliedern bezogenen 249 Gehälter und der nach dem Ausſchußantrag ſofort zu zahlenden Beträge zugrunde. (Stadtv. Meyer: „Magiſtratsherren“ ſteht darin!) — Das kommt doch auf eins heraus; Sie werden doch ſchließlich die Magiſtratsmitglieder auch als Herren betrachten. (Stadtv. Meyer: Der Ton iſt etwas anders!) — Er iſt bloß etwas höflicher. (Stadtv. Meyer: Das iſt Auffaſſungsſache!) Jedenfalls iſt dieſe prozentuale Erhöhung auf die jetzt von den Magiſtratsmitgliedern bezogenen Gehälter berechnet, und dadurch iſt das Prozent⸗ verhältnis höher, als es von dem Herrn Kollegen Meyer vorhin vorgetragen worden iſt. Namentlich werden die Gehälter der Stadträte gegenüber den jetzt von ihnen bezogenen Gehältern weſentlich über die Grenze von 7,5% erhöht; es ſind Er⸗ höhungen von 11, 21 und 22%. Halten Sie dagegen die Lohnerhöhungen der Gasarbeiter, die vorgeſehen worden ſind, und die ſich auf 10, 11 und 12% beſchränken, dann werden Sie es wohl verſtehen, daß wir ſehr weitgehende Bedenken haben müſſen, hier eine Notwendigkeit zur Erhöhung der Magiſtratsgehälter anzuerkennen. Wenn Sie noch Geld flüſſig haben ſollten, das Sie loswerden wollen, (Heiterkeit) ſo eröffnet Ihnen die Annahme der Reſolution, die wir Ihnen unterbreiten, unbegrenzte Möglich⸗ keiten, (erneute Heiterkeit) dieſe Gelder zugunſten der Betriebsarbeiter los⸗ werden zu können. (Zuruf des Stadtv. Otto.) — Ach Gott, Herr Kollege, Sie werden ja doch nicht dafür ſtimmen. — Wenn Sie die Mittel, die Ihnen zur Verfügung ſtehen, in dieſer Weiſe verwenden, dann werden Sie wirklich liberal handeln, dann werden Sie ſich auch unſerer Auf⸗ faſſung nach freiſinnig betätigen; denn eine Ver⸗ wendung der Gelder in dieſem Sinne iſt gerecht und billig. Und Sie haben doch in der erſten Leſung kundtun wollen, daß Sie nach dem Grund⸗ ſatze der Gleichmäßigkeit, Gerechtigkeit und Billig⸗ keit die ganze Lohnbeſoldungsfrage löſen wollten. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Dr. Hubatſch: Meine Herren, ich möchte nur eine kurze Bemerkung zu der Anſicht, die Herr Kollege Stein vorhin vorgetragen hat, machen. Er hat zwar ſchon geſagt, daß er nur ſeine perſönliche Meinung Ihnen mitgeteilt hat. Ich möchte das aber ausdrücklich nochmals betonen und beſtätigen, daß er nicht im Namen der Fraktion geſprochen hat. Die Frattion ſteht auf dem Boden des Ausſchuſſes. Vorſteher Kaufmann: Ich werde eben darauf aufmerkſam gemacht, daß nach der Rede des Herrn Kollegen Zietſch von der Tribüne rechts ein Bravo erſchollen iſt. Ich mache die Zuhörer auf den Tribünen darauf aufmerkſam, daß es unzuläſſig iſt, daß irgendwelche Außerungen des Beifalls oder Mißfallens von dort gegeben werden, und daß ich im Wiederholungsfalle genötigt ſein würde, die Tribünen räumen zu laſſen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, ich habe mich erfreulicherweiſe nur mit den Aus⸗