254 Sitzung vom 9. Juni 1909 Moment, wo die Offentlichkeit Zutritt nicht anführen, um uns daraus einen Vorwurf zu erlangt hat, (lebhafte Zuſtimmung) aufgehört hat, ſobald die Möglichkeit da war, in agitatoriſchem In⸗ tereſſe unſere Beſchlüſſe auszu⸗ nü tz e n. (Lebhaftes Bravo.) Meine Herren, ich verſage es mir, weiter auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Zietſch ein⸗ zugehen. Ich möchte nur — ich glaube, auch namens meiner Freunde — mit einigen Worten Stellung nehmen zu der Reſolution, die Herr Kollege Zietſch eingebracht hat. Ich bin nicht in der Lage, ſämtliche Punkte dieſer Reſolution zu überſehen. Ich glaube, daß ich dieſem oder jenem davon ſympathiſch gegenüberſtehe. Aber, meine Herren, es iſt zuviel verlangt, eine derartig lange Erklärung unvorbereitet und ungeprüft ab⸗ zugeben, namentlich zuviel verlangt, wenn Herr Kollege Zietſch ſelber ſagt, daß ſie uns unbegrenzte Möglichkeiten darbietet. Nach dem, wie ſich Herr Kollege Zietſch heute zu der großen Mehrheit der Stadtverordnetenverſammlung geſtellt hat, wird es niemand dieſer Mehrheit verdenken können, wenn ſie es ablehnt, ſich unbeſehen auf dieſe un⸗ begrenzten Möglichkeiten des Herrn Kollegen Zietſch einzulaſſen, und es vorzieht, zunächſt gegen die Reſolution zu ſtimmen, wenn Herr Kollege Zietſch es nicht ſeinerſeits vorzieht, ſie vorläufig zurückzunehmen und uns Gelegenheit zur ruhigen Prüfung zu gewähren. (Bravo! bei den Liberalen.) Stadtv. Zietſch: Auf die Einwendungen, die Herr Kollege Meyer gegen meine Ausführungen gemacht hat, möchte ich vor allen Dingen bemerken — und damit erledige ich zugleich auch einen Punkt der Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters —, daß es mir ganz fern gelegen hat, entgegen dem Wunſche der auf Privatdienſtvertrag verpflichteten Techniter hier noch weitergehende Forderungen für dieſe Herren ſtellen zu wollen. Mein Antrag, der ſchriftlich formuliert vorliegt, ſieht nur eine Berückſichtigung der Wünſche der beamteten Tech⸗ niker vor. Damit kann ich dieſen Punkt wohl ver⸗ laſſen, nachdem ich dieſe Richtigſtellung vorge⸗ nommen habe. Die Ausführungen, die Herr Kollege Meyer auf G rund des „Vorwärts“⸗Artikels gemacht hat, ſind meiner Anſicht nach nicht erſchöpfend, und zwar zu meinen Ungunſten nicht erſchöpfend ge⸗ weſen. Herr Kollege Meyer hat nur die Stelle vorgeleſen, aus der er glaubte deduzieren zu können, daß kein Wohlwollen aus der Notiz — ich weiß nicht: gegen die Magiſtratsherren oder gegen wen? — ſpricht. Der „Vorwärts“ hat ja an und für ſich auch gar keine Veranlaſſung, den Magiſtrats⸗ herren oder den Magiſtratsmitgliedern in Char⸗ lottenburg ein beſonderes Wohlwollen zu beweiſen. Ich habe doch vorhin ausdrücklich erklärt, daß wir, die Mitglieder meiner Fraktion, voll und ganz und rückhaltlos die Fähigkeiten einzelner Magiſtrats⸗ mitglieder nach allen Seiten hin anerkennen. Über dieſe Erklärung hinaus haben wir geglaubt keine Veranlaſſung zu haben, noch irgendein beſonderes Wohlwollen für den Magiſtrat zu bekunden müſſen. Schließlich kann ja auch Herr Kollege Meyer Aus⸗ laſſungen, die außerhalb dieſes Hauſes erfolgt ſind, machen. Aber die Differenzen über den „Vorwärts“⸗ Artikel zwiſchen Herrn Kollegen Meyer und mir liegen auf einem ganz andern Gebiet als auf dem des eventuellen Wohlwollens oder einer gewiſſen Mißſtimmung gegenüber den Herren Magiſtrats⸗ mitgliedern. Ich habe Herrn Kollegen Meyer be⸗ ſtritten, daß die Prozentzahlen, die in der „Vor⸗ wärts“⸗Notiz angeführt worden ſind, ſich auf die jetzt geltende Gehalts ſtaffelung für die Herren Magiſtratsmitglieder beziehen. Es ſteht in dem Artikel ausdrücklich — das hat Herr Kollege Meyer nicht vorgeleſen —, daß die Mehrheit des Ausſchuſſes Gehaltsaufbeſſerungen für die Ma⸗ giſtratsherren bewilligt habe von 7,5%, 8,3%, 10%, 11,5%, 11,8% uſw. bis 25% und in einem Falle ſogar bis 32% gegenüber den zuletzt bezogenen Gehältern. Ich meine, das hätte Herr Kollege Meyer auch vorleſen müſſen. Dadurch ergeben ſich ſelbſtverſtändlich andere Prozentzahlen, als ſie ſich berechnen laſſen aus der Gegenüberſtellung der alten und der neuen Staffel. Nach der Gegenüberſtellung der jetzt bezogenen und der künftig zu beziehenden neuen Gehälter werden einige Herren vom Magiſtrat zu einer Ge⸗ haltshöhe kommen, die eine ganz erheblich größere prozentuale Steigerung ausmacht, als ſie Herr Kollege Meyer hier vorgetragen hat. Nun hat Herr Kollege Meyer die Haltung eines unſerer Fraktionsmitglieder im Ausſchuß, das für die Erhöhung der Magiſtratsgehälter — nicht durchgängig, ſondern auch nur teilweiſe — geſtimmt hat, uns vorhalten wollen, indem er ſagte: ein Drittel von uns hätte ja im Ausſchuß für die Erhöhung der Magiſtratsgehälter geſtimmt. (Zuruf bei den Liberalen: Nicht vorhalten! konſtatieren!) — Na ja, konſtatieren; Sie wollten aber doch jeden⸗ falls aus dieſer Konſtatierung einer Tatſache die Schlußfolgerung ziehen, daß auch wir inkonſe⸗ quent ſeien. (Stadtv. Meyer: Ach nein!) — Wenn das nicht der Fall iſt, ſo ſtelle ich auch nur feſt gegenüber der Konſtatierung der Tatſache durch Herrn Kollegen Meyer, daß wir keinem unſerer Fraktionsmitglieder für ſeine Haltung innerhalb eines Ausſchuſſes beſtimmte Vorſchriften mit auf den Weg geben. Innerhalb der Ausſchuß⸗ und Deputationsberatungen — und namentlich was die Deputationsberatungen angeht, deckt ſich unſere Methode mit der Auffaſſung des Herrn Oberbürgermeiſters, daß in der Deputation der prinzipielle Parteiſtandpunkt gar nicht zur Geltung kommen, ſondern nur Verwaltungsarbeit geleiſtet werden ſoll laſſen wir es jedem unſerer Mitglieder frei, die Stellung einzunehmen, die auf Grund ſeiner Anſichten und Auffaſſungen über eine Frage geboten erſcheint. (Zuruf bei den Liberalen.) — Wenn Sie das Gegenteil beweiſen können, dann bitte ich Sie darum. (Erneute Zurufe.) Freilich, wenn ein Fraktionsbeſchluß vorliegt, dann halten wir es für eine Diſziplinnotwendigkeit, (Aha! bei den Liberalen) daß ſich die einzelnen Fraktionsmitglieder dem Fraktionsbeſchluß fügen, und ich wünſchte, daß in Ihren Reihen die Fraktionsbeſchlüſſe ſo gehalten