Sitzung vom 30. Juni 1909 Magiſtratsvorlage angeführt worden ſind, ſind ohne Bedeutung und können die Notwendigkeit der beantragten Anderung nicht rechtfertigen. Ich nehme nämlich an, daß der Reichskanzlerplatz dermaleinſt mit dem beſten natürlichen Abſchluß verſehen wird, den er überhaupt erhalten kann, das iſt eben die Bepflanzung der Wege mit Bäumen, die nach kurzer Zeit ſo weit heranwachſen, daß ſie einen vollkommenen Abſchluß des Platzes ge⸗ währen. Der Platz iſt ſo groß ſowie bei gärtneriſcher Ausgeſtaltung ſo ſchön, daß er durch die mehr oder weniger monumentale und — ich will den Ausdruck der Vorlage auch gebrauchen — äſthetiſche Be⸗ bauung gar nichts gewinnen kann, daß dieſe ganz wirkungslos für ihn ſein wird. Bedenklich macht uns aber auch die Nummer 2 der Magiſtratsvorlage. Zu ihrer Begründung iſt geſagt worden, die Ausführung des Fluchtlinien⸗ plans erfordere erhebliche Mittel. Die Mittel ſind auf 292 000 ℳ angegeben worden. Nun ſollen ja die Koſten der Umgeſtaltung allerdings auf die anliegenden Grundſtücksbeſitzer abgewälzt werden. Wenn ſich aber heute die Verſammlung mit der Abänderung der Baufluchten einverſtanden ertlärt, dann wird es den Grundſtücksbeſitzern nicht ein⸗ fallen, nur einen Deut von den Koſten darüber hinaus zu übernehmen, wozu ſie überhaupt nicht verpflichtet ſind. Denn es handelt ſich doch nur um eine andere ſtraßenmäßige Einteilung, um etwas anderes doch nicht. Freilich haben die anliegenden Grundeigentümer ein großes Intereſſe daran. Das ſind Bauſpekulanten, Baugeſellſchaften, die dadurch gewinnen, wenn die Bebauung geändert wird und ſie ihre Grundſtücke vorteilhafter für ſich bebauen können. Aus allen dieſen Gründen bitte ich Sie, meine Herren, namens meiner Freunde, die Magiſtrats⸗ vorlage entgegen dem Antrage des Ausſchuſſes abzulehnen. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, ich möchte dasjenige, was mein Fraktionsfreund, Herr Kollege Freund, geſagt hat, noch unterſtreichen. Wir machen hier tatſächlich einen Sprung ins Dunkle. Aus dieſer Umänderung des Reichskanzler⸗ platzes können Koſten für die Stadt Charlottenburg entſtehen, deren Höhe durchaus nicht zu überſehen iſt. Für die bloße Ausgeſtaltung hat der Magiſtrat die Koſten auf 292 000 ℳ bemeſſen! Nun ſagt der Herr Berichterſtatter ſelber: der Magiſtrat will verſuchen, die Koſten auf die Anlieger abzu⸗ wälzen. In der Vorlage iſt nicht klar zum Ausdruck gebracht, ob das, was der Magiſtrat auf die Anlieger abwälzen will, nämlich die Koſten der Ausführung der Fluchtlinienveränderung, tatſächlich auch die umänderung der Ausgeſtaltung des Platzes mit umfaſſen ſoll. Mir iſt das eigentlich zweifelhaft geweſen. Ich habe angenommen, daß das nicht damit gemeint iſt, ſondern daß nur die Umänderung der Fluchtlinien ſelber in Frage kommt, daß dagegen die Platzausgeſtaltung uns nachher überlaſſen wird. Meine Herren, eine derartige Ausgabe können wir meines Erachtens nicht leiſten. Wir haben auch gar keinen Anlaß, unſeren wundervollen Reichskanzlerplatz (Stadtv. Stein: Sehr richtig!) jetzt für Hunderttauſende wieder zu verändern. Das können wir vor der Bürgerſchaft nicht verant⸗ worten. Wir ſparen im kleinen bei Hunderten und bei Tauſenden, und hier wollen wir Hundert⸗ 305 tauſende ausgeben für ein Wert, deſſen Richtigteit noch ſehr dahinſteht! Der Herr Berichterſtatter hat geſagt, die Bau⸗ wiche wären zwecklos uſw. Ja, meine Herren, das hätte der Baurat doch auch vor 5 Jahren ſich eigentlich ſagen müſſen. Vor 5 oder 7 Jahren, als der Plan aufgeſtellt wurde, waren doch auch tüchtige Leute in der Bauverwaltung, die es ſich wohl überlegt haben werden, wie die Ausgeſtaltung dieſes ſchönen Platzes zu machen wäre. Wenn man in der Bürgerſchaft fragt, hört man überall eine Freude über den Reichskanzlerplatz, (ſehr richtig!) durchaus, auf allen Seiten. Auf der anderen Seite hören wir in der Bürgerſchaft ſehr oft, daß es merkwürdig empfunden wird, daß für die alten Teile Charlottenburgs relativ wenig geſchieht, während dort, wo noch gar kein Haus ſteht, ſehr viel gemacht wird. Dieſe Empfindung beruht zum Teil auf einer Unkenntnis der Verhältniſſe; die Bürgerſchaft weiß zum Teil nicht, daß dort die Koſten nicht von uns, ſondern von der Neu⸗Weſtend⸗ Geſellſchaft getragen werden. Meine Herren, ich weiß das wohl; aber gewiſſe Koſten entſtehen uns natürlich auch durch die Ausgeſtaltung der Straßen, denn wir müſſen ſie nach einer gewiſſen Zeit über⸗ nehmen, und uns erwachſen dann höhere Rei⸗ nigungs⸗, Sprengungskoſten uſw., ohne daß dem eine Einnahme gegenüberſteht. Die Entwicklung dort wollen wir nicht unterbinden, ſie ſoll nicht unterbunden werden; daß aber zu der weiteren Entwicklung dort eine derartige Umgeſtaltung des Reichskanzlerplatzes gehört, ſcheint mir durchaus nicht der Fall zu ſein. Nun, meine Herren, würde ich in der Lage ſein — das kann ich nicht im Namen meiner Fraktion erklären, ſondern nur für mich perſönlich, denn ich konnte in der Fraktionsſitzung bei der endgültigen Abſtimmung nicht zugegen ſein —, dem Antrage des Magiſtrats event. zuſtimmen zu können und, wie ich annehme, meine Freunde auch, wenn er eine Abänderung erfährt, wenn wir nämlich nur die Ziffer 1 mit dem Zuſatze annehmen: „falls die Anlieger für ſämtliche Koſten aufkommen“. Wenn das geſchieht, dann würde die finanzielle Frage für mich ausſcheiden. Ich bin allerdings auch der Meinung, daß vom künſtleriſchen Stand⸗ punkte aus eine Notwendigkeit für die Vorlage nicht vorhanden iſt. Ich würde aber für meine Perſon mich in bezug auf die künſtleriſchen Geſichts⸗ punkte dem Herrn Stadtbaurat und den anderen maßgebenden Perſönlichkeiten unterordnen können. Für mich ſteht als Hauptſache der Ablehnung der Vorlage im Vordergrund, daß wir hier event. außerordentlich große Koſten auf uns nehmen müſſen. Und wer hat denn nun den Vorteil von der Sache? Den Vorteil haben doch die Anlieger in erſter Linie, welche die Ausgeſtaltung für ihre Bauten mit benutzen können, die in der Lage ſind, abgeſehen von der Bebauung der Bauwiche, ein Stockwerk nach oben höher bauen zu können, was ihnen jetzt nicht möglich iſt oder nur als Dachgeſchoß möglich iſt. Das iſt doch ein ſo großer Vorteil, ſo daß die Anlieger wohl auch die Koſten über⸗ nehmen können. Ich möchte an die Herren die dringende Bitte richten, in erſter Linie die Magiſtratsvorlage ab⸗ zulehnen; ſollten Sie das nicht wünſchen, dann mit der Umänderung der Magiſtratsvorlage dahin einverſtanden zu ſein, daß die Ziffer 2 geſtrichen und