Fitzung vom 30. Juni 1909 319 Kategorien der Charlottenburger ſtädtiſchen Lehr⸗ für die g e.ſ amt e Lehrerſchaft zu erreichen ſuchten, anſtalten die Beſoldung fo herzuſtellen, daß ſie nicht übermäßig hinter derjenigen der in Frage tommenden Nachbarkommunen zurückbleibt. Herr Kollege Zietſch teilt dieſen Standpuntt nicht, ſondern er hat bald den, bald jenen Standpunkt, je nachdem, um welche Kategorie es ſich handelt. (Stadtv. Zietſch: Das kommt auf Ihre Auf⸗ 21 faſſung an!) — Ich werde es beweiſen, Herr Kollege Zietſch. Bei der einen Kategorie ſagt er, daß es genügend iſt, was ſie bekommt, daß es unerheblich iſt, was in Schöneberg gezahlt wird: da operiert er nur mit abſoluten Zahlen. Das ſind die Oberlehrer. Bei der andern Kategorie fordert er, daß die volle Gleichſtellung mit Schöneberg erreicht werden muß, weil wir ſonſt Gefahr laufen, nicht die beſten Kräfte zu haben. Das find die Rettoren und die Gemeinde⸗ ſchullehrer. Bei den Oberlehrern — dasſelbe war im Ausſchuß bei den Lehrern an den höheren Mädchenſchulen der Fall, die Herr Kollege Zietſch heute nicht erwähnt hat — hat es geheißen: die kommen ſowieſo her wegen der Vorzüge von Char⸗ lottenburg, — und bei den Lehrern und Rektoren heßit es: die gehen nach Berlin, obwohl dort eine ſchlechtere Bezahlung iſt, weil Berlin eine Reſidenz⸗ ſtadt iſt. Meine Herren, in dieſen verſchiedenen Anſchauungen haben wir ſchon im Ausſchuß dem Herrn Kollegen Zietſch nicht folgen können. Wenn aber Herr Kollege Zietſch nun uns, die wir konſequent ein und dasſelbe Ziel verfolgt haben, heute einen Vorwurf daraus konſtruieren will, daß wir das getan haben, wenn er ſich ſogar dazu hergibt, die Unterſtellung auszuſprechen, daß unſer Wohlwollen ſich vermindere, um je ſchlechter bezahlte Lehrkräfte es ſich handelt, dann will ich von jeder Abwehr dieſer Bemerkung abſehen. Ich glaube, das iſt nicht nötig, die Majorität braucht ſich gegen einen ſolchen Vorwurf nicht zu ver⸗ teidigen. (Sehr richtig!) Ich will ſtatt jeder Zurückweiſung die Zahlen vor⸗ leſen, die ſich auf Grund unſerer Beſchlüſſe ergeben. In dem Beſtreben, ſo w ohl die Rektoren⸗ und Lehrergehälter als auch die Gehälter unſerer Oberlehrer und der Lehrkräfte an den höheren Mädchenſchulen unter Berückſichtigung der Ver⸗ hältniſſe in den weſtlichen Nachbarkommunen zu regeln, haben wir erreicht, die Differenz in der Be⸗ ſoldung der Gemeindeſchullehrer im Vergleich zu derjenigen in Schöneberg, berechnet auf 32 Jahre, auf eine Summe von insgeſamt 1050 ℳ zu ver⸗ mindern. Wir haben die Rektorengehälter, wie ich ſchon vorhin ausführte, gleichſtellen können den Schöneberger Rektorengehältern. Dagegen bleibt aber auch nach der Beſchlußfaſſung des Ausſchuſſes das Gehalt der Charlottenburger Oberlehrer, auf 32 Jahre gerechnet, um nicht weniger als 2200 4 hinter dem Gehalt der Schöneberger Oberlehrer zurück; (Hört, hört! bei den Liberalen) das Gehalt der ordentlichen Lehrer an den höheren Mädchenſchulen, deſſen weitere Erhöhung im Aus⸗ ſchuſſe auch von Herrn Kollegen Zietſch und ſeinen Freunden bekämpft wurde, um 3800 . Dieſe Ziffern beweiſen, daß w ir es nicht an Konſequenz haben fehlen laſſen und darauf bedacht waren, nicht nur einen Ausgleich zu erzielen, ſondern daß wir, als wir nicht in vollem Umfange unſere Wünſche durchſetzen konnten, wenigſtens ſoviel wie möglich und zwar mit um ſo beſſerem Erfolge, um je geringer beſoldete Klaſſen der Lehrerſchaft es ſich dabei handette. 7212 Meine Herren, das Wohlwollen, daß der Herr Kollege Zietſch der Lehrerſchaft hier ausgedrückt hat — ich bin weit entfernt zu beſtreiten, daß es ſubjektiv ein Wohlwollen iſt —, führt objektiv nur dahin, daß eben die Lehrerſchaft zunächſt warten muß, um ſchließlich etwas zu bekommen, was ſchlechter iſt, als was wir ihr heute bieten. (Sehr gut!) Aus dieſem Grunde warne ich vor dieſem Wohl⸗ wollen. Hüten wir uns davor, der Lehrerſchaft ein Wohlwollen zu erweiſen, das nahe mit jener Freundſchaft verwandt iſt, vor der man Gott um Schutz bittet, während man ſich vor der Feind⸗ ſchaft ſelber ſchützt! Ich bitte Sie, lieber den⸗ jenigen Grundſätzen beizuſtimmen, die der Ausſchuß befolgt hat, und die Vorlage in der Faſſung de⸗ Ausſchuſſes anzunehmen, damit alles, was für die Lehrerſchaft erreicht werden kann, balö und völlig erreicht wird. (Brovo!) Stadtv. Zietſch (perſönliche Bemerkung): Ich bedaure, daß ich nicht in der Lage bin, weil die letzten Ausführungen das Schlußwort des Herrn Referenten geweſen ſind, ſach lich auf die Mo⸗ mente einzugehen, die mir vom Herrn Referenten entgegengehalten worden ſind. (Stadtv. Dr Crüger: Das iſt nicht perſönlich!) — Jawohl, das iſt perſönlich. — Ich hätte es lieber geſehen, wenn der Herr Referent das in der Debatte geſagt hätte, was er hier geſagt hat. 1 4 Der Herr Referent meinte, ich hätte ihn be⸗ ſchuldigt, als Redner der liberalen Fraktion ge⸗ ſprochen zu haben, und er behauptet, er habe als Redner der Mehrheit des Ausſchuſſes geſprochen. Selbſtverſtändlich, formell hat Herr Kollege Meyer als Redner des Ausſchuſſes geſprochen. Es war ihm aber um ſo leichter, die Mehrheit des Aus⸗ ſchuſſes hier ſo nachdrücklich zu Worte kommen zu1 laſſen, als die Anſchauung der Mehrheit des Aus⸗ ſchuſſes ſich mit der Auffaſſung der Herren von der liberalen Fraktion identifiziert. (Zuruf: Perſönlich!) Ich möchte ferner bemerken, daß i ch das Wort vom „Geſchäft“ in der Beziehung, wie ſie von Herrn Kollegen Meyer bemängelt wurde, nicht ge⸗ braucht habe, ſondern ich habe mich gegen dieſen Ausdruck des Herrn Kollegen Zander gewandt. Herr Kollege Meyer gebrauchte das Wort Geſchäft in einem Zuge mit den übrigen Ausführungen, die ſich auf mich bezogen, ſo daß der Anſchein er⸗ weckt werden konnte, als hätte ich das Wort „Ge⸗ ſchäft“ zuerſt gebraucht. Dann möchte ich noch bemerken, daß es mir gar nicht eingefallen iſt, Herrn Meyer als einen Wieder⸗ käuer zu betrachten; ich halte Herrn Meyer weder für einen gehörnten noch für einen ungehörnten Wiederkäuer. (Heiterkeit.) Vorſteher Kaufmann: Meine Herren, es liegen außer den Ausſchußanträgen und dem heute von dem Herrn Berichterſtatter geſtellten Antrage Meyer⸗Zietſch⸗Dr Hubatſch⸗Zander die Anträge des Herrn Kollegen Zietſch vor. Ich werde zunächſt über die Anträge des Herrn Kollegen Zietſch einzeln