Sitzung vom 30. Juni 1909 die Haupt⸗ und Reſidenzſtadt ſein. In dieſer Haupt⸗ und Reſidenzſtadt des ſozialdemokratiſchen Zukunftsſtaats — dazu ſcheint ja Charlottenburg auserſehen zu ſein — möchte ich allerdings nicht wohnen. Ich möchte aber noch zum Schluſſe auch einen leiſen Zweifel ausſprechen, daß die Herren Sozialdemokraten, wenn ſie in Charlottenburg allein zu hauſen hätten, ſämtliche Steuern, auch die Steuern für dieſen Zweck hier, auf direktem Wege einziehen würden. Ob die Herren dann wirklich die notwendigen 500% — oder wieviel es ſein würden —, bezahlen würden, ſteht doch noch ſehr dahin. (Ein Antrag auf Schluß der Beratung wird angenommen.) Es iſt ein Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Vogel, Wilk, Antrag eingegangen, unterzeichnet: Sellin uſw. Wir beantragen, für den Fall der Annahme der Magiſtratsvorlage zu beſchließen: Für die zweite Verpflegungsklaſſe wer⸗ den die Kurkoſtenſätze für Hieſige auf 7 ℳ, für Auswärtige auf 8 ℳ und für die erſte Verpflegungsklaſſe werden die Kurkoſtenſätze für Hieſige auf 12½2 ℳ und für Auswärtige auf 15 ℳ erhöht. (Die Verſammlung lehnt den Antrag ab.) Ferner iſt ein Antrag eingegangen, namentliche Abſtimmung zu veranſtalten. Ich bitte diejenigen Herren, die für die Vorlage ſtimmen wollen, mit Ja, diejenigen, die dagegen ſtimmen wollen, mit Nein zu ſtimmen. Ich bitte, bei der Spalte 1 zu beginnen. (Der Namensaufruf erfolgt. Es ſtimmen mit JIa die Stadtverordneten Barnewitz, Bergmann, Bollmann, Braune, Brode, Dunck, Dzialoszynski, Dr Flatau, Dr Frentzel, Haack, Holz, Dr Hubatſch, Jolenberg, Kaufmann, Dr Lands⸗ berger, Leben, Meyer, Mosgau, Mottek, Münch, Neukranz, Nickel, Otto, Dr Rothholz, Dr Röthig, Ruß, Schwaß, br Stadthagen, Wenig, Wöllmer; mit Nein die Stadtverordneten Bartſch, Dr Borchardt, Ewald, Gebert, Hirſch, Kern, Klick, Scharnberg, Sellin, Vogel 1, Wilk, Zander, Zietſch. Das Ergebnis der Abſtimmung wird ermittelt.) Es haben geſtimmt 30 Herren mit Ja, 13 mit Nein. Die Verſammlung hat demnach nach dem Antrage des Magiſtrats beſchloſſen, wie folgt: Die Verſammlung ſtimmt zu, daß in den ſtädtiſchen Krankenhäuſern für die III. Ver⸗ pflegungsklaſſe folgende Kurkoſtenſätze erhoben werden: a) vom 1. Oktober 1909 a b: 1. für alle in Charlottenburg wohnhaften Perſonen und für alle Mitglieder von Krankenkaſſen, Abonnementsvereinen und Berufsgenoſſenſchaften — gleich⸗ mäßig für Erwachſene und Kinder — 3 %, für den Tag, für auswärts wohnende Perſonen, ſo⸗ weit nicht die Kurkoſten von Kranken⸗ kaſſen uſw. getragen werden, und ſoweit nicht die Beſtimmung unter b Platz 1⁰ greift, — gleichmäßig für Erwachſene und Kinder — 3,50 ℳ für den Tag; 329 b) mit ſofortiger Wirkung: für auswärts wohnende Kranke aus ſolchen Gemeinden, die von Charlotten⸗ burger Einwohnern höhere als die vor⸗ ſtehend angegebenen Sätze fordern, oder bei denen überhaupt keine gleichwertige Gegenleiſtung ſtattfindet, ebenfalls gleichmäßig für Erwachſene und Kinder — 5 für den Tag. Das Protokoll vollziehen heute die Herren Brode, Ewald und Dr Flatau. Wir kommen zu Punkt 12 der Tagesordnung. Stadtv. Dr. Borchardt (zur Geſchäftsord⸗ nung): Ich möchte doch bitten, daß wir nunmehr zu Punkt / der Tagesordnung kommen, der ſchon vorhin daran war und nur deswegen zurückgeſtellt wurde, weil der Magiſtratsvertreter die Vorweg⸗ nahme des Punktes 11 wünſchte. Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Dagegen wird wohl kein Widerſpruch ſein. Der Punkt war vorhin abgeſetzt worden, weil der Herr Antrag⸗ ſteller nicht da war. Wir wollen alſo jetzt, wenn kein Widerſpruch laut wird, den Punkt 7 heran⸗ nehmen, da er der Reihe nach früher angeſetzt war. Punkt 7 der Tagesordnung: Anfrage der Stadtv. Dr. Borchardt und Gen. betr. Gemeindefriedhof. — Druckſache 200. Die Anfrage lautet: Wiederholt ſind in letzter Zeit in Charlotten⸗ burg Leichen länger als eine Woche unbeerdigt geblieben. Die Unterzeichnetenrichten an den Magiſtrat die Anfrage, ob er dieſen Vorfällen, welche von neuem den Mangel eines Gemeinde⸗ friedhofes in der Bevölkerung lebhaft zur Empfindung gebracht haben, ſeine Aufmerk⸗ ſamkeit zugewendet hat, und welche Schritte er unternommen hat oder zu unternehmen gedenkt, um ſchleunigſt die Anlegung eines Gemeindefriedhofes in nicht zu großer Ent⸗ fernung von der Stadt zu erreichen. Frageſteller Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, ich werde mich bei der Begründung unſerer Anfrage ganz außreordentlich kurz foſſen können, denn ich glaube, dieſe Anfrage ſpricht für ſich ſelbſt. Daß in Charlottenburg in letzter Zeit wiederholt Leichen länger als eine Woche unbeerdigt geblieben ſind, iſt eine Tatſache. Daß die Bevölkerung dadurch auf den Mangel eines Gemeindefriedhofs von neuem in ſehr empfindlicher Weiſe hingewieſen worden iſt, iſt ebenfalls eine Tatſache, und die Bevölkerung kann wohl erwarten, daß der Magiſtrat dieſe Frage von neuem ſehr energiſch betreibt. Es iſt ja über die Frage der Anlegung eines Ge⸗ meindefriedhofs in dieſer Verſammlung ſchon öfter verhandelt worden, und die Verſammlung ſowohl wie der Magiſtrat war ſich bei den Verhandlungen ſtets darin einig, daß die Anlage eines Gemeinde⸗ friedhofs außerordentlich erwünſcht ſei. Die Mög⸗ lichkeit ſcheiterte damals, ſoweit mir die Erklärungen der Magiſtratsvertreter in Erinnerung ſind, an dem Widerſtande der Regierung, welche weniger als je geneigt ſei, die Anlegung von Gemeinde⸗ friedhöfen zu genehmigen.