Sitzung vom 30. Juni 1909 331 präſident erwiderte am 14. Dezember, daß er ſich Andersgläubige ſeitens der Armendirektion zu eine endgültige Stellungnahme vorbehalten müſſe, bis die ſtädtiſchen Behörden mit beſtimmt for⸗ mulierten Vorſchlägen hervorgetreten ſein würden; die von uns erbetenen kommiſſariſchen Verhand⸗ lungen ſollten aber beſchleunigt werden. Darauf ging am 3. Januar 1905 vom Herrn Regierungs⸗ präſidenten die Mitteilung ein, daß er kommiſſariſche Verhandlungen zur Zeit nicht für zweckmäßig halte, weil kein Zweifel darüber ſei, daß ſie ergebnis⸗ los ſein würden: (hört hört! und Heiterkeit) er überlaſſe es dem Magiſtrat, beſtimmte Anträge auf ein beſtimmt zu bezeichnendes Gelände zu ſtellen, und müſſe ſich die Entſcheidung vorbehalten. Nun würde eigentlich die Angelegenheit haben ruhen können bis zum 12. September 1906, wo der Magiſtrat endlich nach langen Verhandlungen in der Lage war, den Herrn Regierungspräſidenten ſolch beſtimmtes Gelände zu bezeichnen, wenn nicht ſehr intereſſanterweiſe doch in der Zwiſchenzeit einige Korreſpondenzen notwendig geworden wären: einmal dadurch, daß das Königliche Kon⸗ ſiſtorium ſich durch den Herrn Miniſter an die Stadt Charlottenburg mit einer Anfrage wandte, ob es richtig ſei, daß Charlottenburg auf dem Gemeindefriedhofe die Unſitte laufgrabenähnlicher Maſſengräber eingeführt habe. Das war zu einer Zeit, wo ein Kommunalfriedhof noch gar nicht beſtand. (Große Heiterkeit.) So ſuchte bereits das Konſiſtorium gegen den Gemeindefriedhof Propaganda zu machen, indem in die Welt geſetzt wurde, wir machten dieſe Unſitte — als ſolche will ich ſie meinerſeits bezeichnen — hier mit. Und am 23. März 1905 wendet ſich dann der Herr Polizeipräſident an uns mit der Anfrage, ob und was aus der Gemeindefriedhofs⸗ angelegenheit geworden ſei. (Heiterkeit.) Wie ich ſchon erwähnte, iſt das nur ein kleines Intermezzo. Am 12. September 1906 berichteten wir an den Herrn Regierungspräſidenten und ſchlugen ihm die Mäckritzwieſen als Gemeindefriedhofsgelände vor. Wir hörten nichts über die Sache bis zum 31. März 1907. Hier regiſtrierte der Herr Ober⸗ bürgermeiſter in die Akten, daß er den Herrn Oberpräſidenten gelegentlich geſprochen habe — es wird wahrſcheinlich auf dem Provinziallandtag geweſen ſein —, und daß er dort die Antwort er⸗ halten habe, die Sache ſchwebe. Faſt zur gleichen Zeit beſchied uns der Herr Regierungspräſident, daß die Angelegenheit durch den Herrn Ober⸗ präſidenten dem Miniſter der geiſtlichen An⸗ gelegenheiten und dem Miniſter des Innern zur Entſcheidung vorgelegt werden ſollte. Am 30. Sep⸗ tember 1907, nachdem ein ganzes Jahr verfloſſen war, baten wir um Erledigung der Angelegenheit. Darauf bekamen wir die Antwort, daß eine Ent⸗ ſcheidung höheren Orts noch nicht eingegangen ſei, der Herr Oberpräſident ſei aber gebeten worden, für Beſchleunigung der Angelegenheit zu ſorgen. (Heiterkeit.) Am 7. November 1907 fertigten wir eine zweite motivierte Erinnerung unter Hinweis auf die Schwierigkeiten, die der Armendirektion durch die Beerdigung Andersgläubiger, für die die Armen⸗ direktion zu ſorgen habe, entſtanden ſeien. Darauf ergeht am 1. Februar 1908 die Anfrage, wieviel beerdigen wären. (Heiterkeit.) Wir berichteten am 15. Februar 1908: die Zahlen laſſen ſich nicht beſtimmt ermitteln, weil meiſt ſchließlich durch private Intervention die Schwierig⸗ keiten erledigt worden ſeien, im übrigen ſeien dieſe Übelſtände erſt ſeit dem Jahre 1905 auf⸗ getreten. Darauf kam am 22. Februar eine zweite Anfrage, wo denn ſonſt die Leichen Andersgläubiger beſtattet würden, die nicht der Armendirektion zur Laſt fielen. (Heiterkeit und Rufe: Unglaublich! Reiner Hohn!) Hierauf mußten wir am 11. März erwidern, das wüßten wir natürlich nicht. (Heiterkeit.) Nunmehr ruhte die Angelegenheit wieder, bis im Herbſt vorigen Jahres, am 11. Oktober 1908, die Verfügung des Herrn Regierungspräſidenten einlief: auf unſere Eingabe vom 12. September 1906 (Heiterkeit) könne erſt dann Beſcheid erteilt werden, wenn wir die genauen Grenzen des zukünftigen Friedhofs mitgeteilt hätten, damit in ortspolizeilicher und kreisärztlicher Hinſicht die erforderliche Prüfung eintreten könne. (Heiterkeit.) Inzwiſchen waren zwei volle Jahre darüber vergangen, und das Mäckritzwieſenprojekt erwies ſich nunmehr als abſolut hinfällig, erſtens weil in der Zwiſchenzeit die Preiſe für das Gelände, zumal bekannt geworden war, daß es für dieſen Zweck in Ausſicht genommen war, ſo in die Höhe geſchnellt waren, daß es unbezahlbar geworden war, zweitens aber auch deshalb, weil die Ge⸗ legenheit zur Aufhöhung des Geländes durch den Baggerboden, der beim Großſchiffahrtweg Berlin— Stettin frei geworden und Herrn Stadtbaurat Bredtſchneider damals zu ſehr billigen Bedingungen angeboten worden war, nicht mehr zu haben war. Wir hätten jetzt gar keine Möglichkeit gehabt, zu angemeſſenem Preiſe dieſes Gelände aufhöhen zu können. Infolgedeſſen ſah ſich der Magiſtrat genötigt, dieſes Projekt aufzugeben, und ging nun wiederum auf die Jagd nach anderem Gelände. Wenn ich nicht irre, heißt es auch in der Anfrage des Herrn Dr Borchardt: der Magiſtrat ſoll erſucht werden, in möglichſter Nähe der Stadt Charlotten⸗ burg ein geeignetes Gelände zu finden. Ich habe den Herren, die mir ſolche Wünſche vorgetragen oder die mich daraufihn gefragt haben, immer geſagt: nennen Sie mir bloß ein einziges Gelände, das dafür allen gewünſchten Geſichtspunkten ent⸗ ſpricht. Meine Herren, wir haben nach allen Rich⸗ tungen hin Offerten eingezogen und überall geſucht: wir haben uns ſchließlich berett erklären müſſen, zu unſerem großen Leidweſen, unſer Augenmerk bis hinter Spandau hinaus auszudehnen. Wir haben Offerten aus der Nähe von Staaken, von Seegefeld uſw. entgegengenommen, haben die Ge⸗ lände durch die zuſtändigen Inſtanzen beſichtigen laſſen und ſind mit den Offerenten über die Preis⸗ feſtſetzung in Verhandlung getreten. Schließlich wurde ein Gelände angeboten, das hinter Staaken an der Döberitzer Heerſtraße lag, ungefähr 300 Morgen groß, das eine Summe von rund 1 300 000 Mark, im Durchſchnitt etwa 4000 ℳ für den Morgen, koſten ſollte. Die Grundeigentums⸗ deputation erklärte ſich dahin, daß von allen von ihr geprüften Geländen dieſes ihr das einzige zu