Sitzung vom 30. Juni 1909 Bitte, ſich recht kurz zu faſſen; denn im Ausſchuß wird die Sache ja doch behandelt werden. (Bravo!) Vorerſt, meine Herren, möchte ich Ihnen Mitteilung von einer Notiz machen, die mir Herr Bürgermeiſter Matting herübergereicht hat. Herr Stadtrat Dr Jaſtrow hat ſich bereit erklärt, ſein Amt über den 1. November hinaus noch ſo lange beizubehalten, bis die Angelgenheit betr. Arbeits⸗ loſenfürſorge erledigt iſt. Ich glaube, daß die Stadtverordnetenverſammlung mit großer Be⸗ friedigung von dieſer Bereitwilligkeit Kenntnis nimmt; ſie wäre erfreut geweſen, wenn Herr Stadtrat Jaſtrow überhaupt nicht niedergelegt hätte. Nachdem das aber geſchehen iſt und wir von der Niederlegung zum 1. November Kenntnis genommen haben, können wir uns wohl bei der außerordentlichen Lage und bei dem Wunſche der Stadtverordnetenverſammlung, Herrn Stadtrat Jaſtrow für dieſe hochwichtige Frage noch in unſerer Mitte zu ſehen, einmal über den gewöhnlichen Geſchäftsgang hinwegſetzen. Ich ſchlage vor, daß wir den Beſchluß, den wir in der letzten Sitzung gefaßt haben, nach den Ferien eine Ausſchuß⸗ beratung behufs Vorbereitung der Wahl vorzu⸗ nehmen, aufheben und den Magiſtrat erſuchen, ſeine Vorlage, auf Grund deren wir den Beſchluß gefaßt hatten, nachträglich zurückzuziehen. Dann wäre die Angelegenheit aus der Welt geſchafft. Ich hatte mir ſchon vorher erlaubt, unter der Hand bei jeder Fraktion anzufragen, ob ſie mit dieſem Wege einverſtanden iſt. Ich habe geglaubt, mich im Einverſtändnis mit der Verſammlung zu be⸗ finden, wenn ich Ihnen dieſen Weg hiermit vor⸗ ſchlage. (Zuſtimmung.) Das Wort wird nicht verlangt. Ich nehme alſo das Einverſtändnis der Verſammlung mit dieſem Verfahren an und bitte diejenigen Herren, die dafür ſind, in dieſem außergewöhnlichen Falle auch ausnahmsweiſe zu verfahren und den Beſchluß der letzten Sitzung wieder aufzuheben, die Hand zu erheben. (Geſchieht.) Das iſt die große Mehrheit. Nachdem der Magiſtrat von unſerem Beſchluß Kenntnis bekommen hat, erſuche ich ihn, nunmehr auch nachträglich ſeine Vorlage zurückzuziehen, ſo daß damit die Angelegenheit vollſtändig aus der Welt geſchafft iſt. 6 Wir kommen zu Punkt 12 der Tagesordnung: Vorlage betr. Verſicherung der ſtädtiſchen Ge⸗ bäude, Anlagen und Mobilien gegen Brand⸗ ſchaden. — Druckſache 187. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Rothholz: Meine Herren, bei Abſchluß des Vertrages im Jahre 1905 mit den acht Feuerverſicherungsgeſellſchaften wurde feſtgeſtellt, daß für die vorgehenden zehn Jahre von 1895 bis 1905 die Prämien für die Mobilien der Stadt Charlottenburg 37,252 ℳ betragen haben, während die Brandſchadenentſchädigung ſich nur auf 2688 ℳ belief. Infolgedeſſen hat der Magiſtrat den Beſchluß gefaßt, den Dezernenten zu beauf⸗ tragen, eine Rückfrage bei all den Städten in Deutſchland, die über 200 000 Einwohner haben, darüber zu veranſtalten, wie ſie ſich hinſichtlich des Punktes der Selbſtverſicherung verhalten. Das 335 Material lief ein, und es ergab ſich, daß die meiſten deutſchen großen Städte bezüglich der Immobilien, daß heißt der Gebäudeverſicherungen, gezwungen ſind, ſich bei den ſtädtiſchen Feuerſozietäten zu verſichern. Bei den Mobilien lagen dagegen die Verhältniſſe zum Teil anders. Ein großer Teil hatte die Mobilien bei Privatverſicherungsgeſell⸗ ſchaften verſichert. Nur zwei große ſächſiſche Städte, Dresden und Leipzig, waren ſchon früh⸗ zeitig dem Problem der Selbſtverſicherung näher getreten. Dresden hatte die Mobilien ſeiner Gasanſtalten ſelbſt verſichert, und im Jahre 1902 hat auch Leipzig für die Mobilien denſelben Weg betreten. Dresden hat der Verſicherung für Mobilien, um das Riſiko zu verringern, einen Fonds zugrunde gelegt, ebenfalls Leipzig. Da⸗ gegen haben z. B. Stettin und Hamburg für die Verſicherung ihrer Mobilien gar keinen Fonds; die eventuellen Schäden werden aus laufenden Mitteln gedeckt. Meine Herren, das geſammelte Material wurde dann unſeren Deputationen übermittelt. Faſt alle Deputationen haben ſich für die Selbſtver⸗ ſicherung in Charlottenburg ausgeſprochen, ſelbſt die Deputation für die Elektrizitätswerke und die für die Gaswerke, trotzdem bekanntlich in dem letzten Jahre in Charlottenburg große Brandſchäden bei den Gas⸗ und Elektrizitätswerken aufgetreten ſind. Auch der Brandmeiſter hat ſich in einem Gutachten für die Selbſtverſicherung unter der Vorausſetzung ausgeſprochen, daß gewiſſe Ver⸗ beſſerungen bei den Löſchvorrichtungen beſonders bei den Gasanſtalten vorgenommen würden. Auch die Deputation für Hochbau hat ſich für die Selbſt⸗ verſicherung ausgeſprochen, unter Zugrundelegung einer Reihe von Theſen, nach denen die Selbſt⸗ verſicherung für Charlottenburg ſich realiſieren laſſen könnte. Dieſe Theſen wurden dem für dieſen Zweck eingeſetzten Ausſchuß unterbreitet. Dieſer Ausſchuß beſchloß, zuerſt noch mit den acht Verſicherungsanſtalten in Verbindung zu treten. Daraufhin reichte die Berliner Verſicherungs⸗ geſellſchaft ein Gutachten ein, worin ſie den Stand⸗ punkt vertrat, daß die Selbſtverſicherung nicht einen Fortſchritt für die Stadt bedeute, ſondern daß die Stadt beſſer fahren würde, es bei dem alten Zuſtand zu belaſſen. Trotz dieſes Gutachtens, das die Zuſtimmung des Brandmeiſters im großen und ganzen nicht erfuhr, machten in den weiteren Verhandlungen die Verſicherungsanſtalten von ſelbſt den Vorſchlag, bei Neuabſchluß der Verſicherung auf weitere 5 Jahre den Rabattſatz von 5 auf 15% zu erhöhen. Dieſer Erfolg, der dem Entſchluſſe des Magiſtrats, derSelbſtverſicherung nicht beizutreten, zu verdanken iſt, darf nicht gering eingeſchätzt werden, denn er bedeutet eine Erſparnis von 13 000 ℳ an Prämien⸗ zahlungen für die nächſten 5 Jahre. Mit Rückſicht auf das Entgegenkommen der Verſicherungsan⸗ ſtalten beſchloß der zuſtändige Magiſtratsausſchuß unter den neuen Bedingungen die Privatverſicherung für die Jahre 1910 bis 1915 beſtehen zu laſſen, während dieſer Zeit aber einen Fonds von 500 000ℳ zu bilden, um dann die Selbſtverſicherung durch⸗ zuführen. In der heutigen Vorlage beantragt der Magiſtrat nur die Zuſtimmung zu dem Vertrag mit den acht oder jetzt zehn Verſicherungsgeſell⸗ ſchaften — hinzugekommen ſind noch die Colonia und außerdem die Brandenburgiſche Feuerſozietät. Er behält ſich für den Etat für 1910 die Ein⸗