350 Sitzung vom 25. Auguſt 1909 zu dem wir unſere Zuſtimmung hier erteilen ſollen, wohlwollendes Verhalten an den Tag gelegt iſt, ein ganz anderes iſt als das, um deſſentwillen wir damals beraten haben. Es handelt ſich — das haben Sie aus der Vorlage geſehen — um einen ganz winzigen Streifen von etwas mehr als 100 m, und ich könnte mir meine Aufgabe als Referent recht leicht machen und mich recht kurz faſſen, wenn ich mich an dieſen an ſich ſehr klar zu durchſchauen⸗ den Vertrag halten würde. Ich glaube aber, ich würde doch meiner Pflicht als Referent inſofern nicht genügen, als es nicht möglich wäre, bei der bloßen Betrachtung dieſes Vertragsentwurfes Ihnen ein zutreffendes Bild von dem zu geben, was ſich inzwiſchen alles ereignet hat, und deswegen muß ich auf die Beziehungen zurückkommen, welche zwiſchen dem alten Vertrage und dem Ver⸗ trage beſtehen, mit welchem wir uns heute zu be⸗ ſchäftigen haben, und ich muß Ihnen an der Hand der inzwiſchen um einige Volumina gewachſenen Akten ſchildern, was ſich inzwiſchen alles ereignet hat, und was alles recht unerfreulich und wenig ſchön iſt. Ich nehme die Gelegenheit aber auch haupt⸗ ſächlich aus dem Grunde wahr, weil es die einzige Möglichkeit iſt, hier vor der Offentlichteit gewiſſen Gerüchten, gewiſſen Preßnachrichten entgegenzu⸗ treten, die ſich an das Zwiſchenſpiel geknüpft haben und die Sie auch in der Vorlage des Magiſtrats erwähnt finden. Es iſt gewiß ein etwas eigen⸗ tümlicher und jedenfalls nicht häufiger Vorgang, daß ein Magiſtrat ſich genötigt ſieht, in ſeinen Vor⸗ lagen gleichſam die Flucht in die Offentlichkeit zu ergreifen. Wenn er aber jemals dazu genötigt war, ſo war er es in dieſem Falle, wie ich Ihnen, glaube ich, noch beweiſen kann. Meine Herren, es iſt, wie Sie ſehen, behauptet worden, die Stadt Charlottenburg hätte kurzer⸗ hand der Stadt Schöneberg die Zuſtimmung zu ihrer Untergrundbahn auf dem Charlottenburger Gebiet verweigert. Es iſt weiter noch alles mögliche andere behauptet worden, worauf ich noch eingehen will. Nun, meine Herren, iſt es wohl erſtens aus ethiſchen Motiven ſelbſtverſtändlich, daß man ſich gegen Behauptungen, die einen keineswegs in einem günſtigen Lichte erſcheinen laſſen, wehrt, bis zu einem gewiſſen Grade wohl auch Pflicht eines Menſchen; es iſt insbeſondere unſere Pflicht in dieſem Falle, weil dieſe Preßnachrichten, dieſe unkontrollierbaren Gerüchte auch in den Kreiſen unſerer Bürgerſchaft Eingang gefunden haben, wie ich konſtatiert habe, und weil ſie wirklich das fertig gebracht haben, daß eine ganze Reihe von uns ſonſt wohlwollenden Leuten nicht recht verſtanden haben, daß unſer Magiſtrat ſo hat vorgehen können, wie es geſchildert worden iſt. Und endlich iſt ein dritter, vorwiegend praktiſcher Grund für mich maßgebend. Nach dem, was ich Ihnen nachher mitteilen werde, hat ſich bei mir die Überzeugung feſtgeſetzt, daß dieſe unzutreffenden und falſchen Nachrichten auch bei denjenigen Behörden Eingang und bis zu einem gewiſſen Grade auch Glauben gefunden haben, (Stadtv. Dr von Liszt: Hört, hört!) die in dem Streite, wenn ich ſo mal ſagen darf, der zwiſchen den Intereſſenten der Untergrund⸗ bahnlinien beſteht, ein Wort mitzureden und dieſen Streit zu ſchlichten haben. Ich könnte es mir ſonſt nicht anders erklären, daß von einer Behörde der Stadt Charlottenburg gegenüber, wie ich nachher ausführen werde, ein zum mindeſten höchſt un⸗ ein Verhalten, das nach meiner Meinung der Würde unſerer Stadt nicht entſpricht. Meine Herren, es iſt behauptet worden, wir hätten kurzerhand die Einwilligung verweigert, es iſt geſagt worden, wir hätten nach endloſen Ver⸗ handlungen dieſe plötzlich brüsk abgebrochen, und es iſt weiter behauptet worden, wir hätten immer wieder und wieder neue Paragraphen in die Ver⸗ träge hineingebracht, ſo daß endlich Schöneberg der Geduldsfaden geriſſen und dieſe Gemeinde gezwungen geweſen wäre, nunmehr den Weg des Rechts zu beſchreiten und uns den Krieg zu ver⸗ künden. Meine Herren, von alledem iſt nicht ein Wort wahr, und wenn ich noch eine Beſtätigung für dieſe Behauptung brauchte, ſo wäre es die, daß die Stadt Schöneberg ſelber anerkannt hat, daß ſeit dem erſten Tage, ſeitdem Charlottenburg und Schöneberg zuſammen verhandelt haben, nämlich ſeit dem 16. Auguſt 1908 — es hat ſich das in dieſen Tagen gejährt —, daß in dieſen Verhandlungen die Stadt Charlottenburg ſtets — und das wiſſen Sie aus den andern Untergrundbahnverhandlungen ebenfalls — Entgegenkommen nicht bloß gezeigt, ſondern auch betätigt hat. Sie wiſſen von der Verhandlung vor dem Bezirksausſchuß, die am 16. Juli ſtattgefunden hat, daß die Vertreter der Stadt Schöneberg ausdrücklich dieſe in die Preſſe gekommenen Veröffentlichungen bedauert und daß dieſelben erklärt haben, daß ſie ihnen fern⸗ ſtehen. Bei der Wichtigkeit der Angelegenheit möchte ich Ihnen hier noch aktenmäßig dieſen Paſſus verleſen; es heißt da: . .. gab Schöneberg vorweg zu Protokoll die Erklärung ab, daß es in ſeinem Ergänzungs⸗ antrage nicht beabſichtigt, Charlottenburg die Schuld an der eintretenden Verzögerung bei⸗ zumeſſen. Es ſei vielmehr durch den Drang der äußeren Verhältniſſe dazu getrieben worden, das Ergänzungsverfahren einzu⸗ leiten. Stadtbaurat Gerlach gab auch die Zuſicherung ab, daß der Schöneberger Magi⸗ ſtrat der in der Tagespreſſe erſchienenen Dar⸗ ſtellung, Charlottenburg habe in aller Form die Zuſtimmung verweigert, durchaus fern⸗ ſtehe und dieſe Veröffentlichung lebhaft be⸗ daure. (Hört, hört!) Nun, meine Herren, ich glaube, wir brauchen uns nur auf dieſes eigene Zeugnis Schönebergs zu be⸗ rufen, wenn anders wir nicht an unſer in dieſem Falle außerordentlich gutes Gewiſſen appellieren wollen. Meine Herren, wir proteſtieren gegen dieſe Behauptungen ſeitens eines Teiles der Preſſe, und wir können feſtſtellen, daß wir abſolut nicht dic Störenfriede ſind, für die wir hier gelten, die ledig⸗ lich aus einer Art Machtkitzel heraus die andern konkurrierenden Kommunen in ihrem Fortkommen und in ihren Projekten hindern. Wir ſind aber auch keine Querulanten und Quengler, die auf zugeſpitzten Paragraphen herumreiten, und endlich iſt der Magiſtrat auch kein läſſiger Arbeiter geweſen — das Zeugnis können alle, die in den Deputationen mitgearbeitet haben, ihm wahrlich ausſtellen —; nein, im Gegenteil, die Projekte Schönebergs, die an uns herangetreten ſind, ſind mit der größten Sorg⸗ ſamkeit und auch Schnelligkeit von uns bearbeitet worden. Da Kec darüber vergangen iſt, liegt daran, Dam die Projekte fortwährend wechſelten, daß Schöneberg ſelber noch nicht wußte, wie ſein