354 Urteil zu fällen hat, es kann auch ſein, daß dem nicht ſo iſt — kurz und gut, das müſſen wir ab⸗ warten. Wenn ich mir nun auch nicht herausnehme, das Urteil des Bezirksausſchuſſes einigermaßen zu kritiſieren, ſo möchte ich doch ſagen, daß aus der ſehr klaren Entgegnungsſchrift, welche der Herr Stadtſyndikus Dr Maier abgefaßt hat, hervor⸗ geht, daß das Verfahren vor dem Bezirksausſchuß unzuläſſig iſt. Es iſt ſchon hervorgehoben worden: es iſt deswegen unzuläſſig, weil über den Vertrag, auf den ſich das Ergänzungsverfahren erſtreckt, mit der Stadt Charlottenburg gar nicht verhundelt worden war; es iſt auch deswegen unzuläſſig, weil nach dem Kleinbahngeſetz § 7 II auch über die Anſprüche entſchieden werden mußte, und das iſt nicht geſchehen. Endlich iſt die Ergänzung ohne Zeitbeſchränkung erfolgt. Deshalb hat der Ma⸗ giſtrat beantragt, die Ergänzung auf den Zeit⸗ raum von 50 Jahren abzugrenzen. Soviel hätte ich Ihnen über den alten Vertrag und das, was in der Zwiſchenzeit geſchehen iſt, zu erzählen gehabt. Das, was ich über den neuen Vertrag zu ſagen habe, iſt eigentlich herzlich wenig. Als ich dieſen Vertrag las, habe ich mir in einem erſten Gefühl des Unmuts geſagt: um Gottes willen, wir ſollten uns auf Einigungsverhandlungen mit Schöneberg doch nicht mehr einlaſſen, laßt die Dinge ihren Lauf gehen, wie ſie wollen! Aber dieſes Gefühl iſt doch wohl nicht richtig; es iſt doch beſſer, die Verhandlungen zu Ende zu führen, wie ſie begonnen worden ſind. Das Obiekt iſt ſehr klein; es handelt ſich um 100 m; es iſt die Strecke, die ungefähr in der Mitte des Neuen Schauſpiel⸗ hauſes beginnt und über Nollendorfplatz läuft bis zum Bahnhof Nollendorfplatz hin, alſo ein Objekt, daß wir mit einer gewiſſen Generoſität wohl darüber hinwegſehen können. Dieſer Vertrag — das gebe ich ohne weiteres zu — iſt eigentlich überhaupt kein Vertrag; (ſehr richtig!) denn es fehlt die zweite Seite: es fehlt die Ent⸗ ſchädigung, die feſtgeſetzt werden muß. Und doch, meine Herren, möchte ich Ihnen empfehlen, dieſen Vertrag anzunehmen, obgleich ich die Möglichkeit nicht verkenne, daß in dem Gerichtsverfahren die uns zuzubilligende Entſchädigung keine ſolche ſein wird, wie wir ſie als wünſchenswert bezeichnen können; aber ich möchte Sie doch auch bitten, dieſe Gelegenheit hier zu benutzen, um noch einmal hier vor der Offentlichkeit, vor den Behörden zu beweiſen, daß Charlottenburg in allen dieſen Ver⸗ kehrsfragen überaus vornehm denkt, und daß es durchaus in keiner Weiſe gewillt iſt, die Intereſſen des großen Verkehrs und die Intereſſen der mit⸗ ſtrebenden Kommunen hintanzuſetzen. Ich glaube, Sie erreichen dies am beſten, wenn Sie dieſen Ver⸗ trag — und zwar ohne Ausſchußberatung — an⸗ nehmen. Es iſt mir von anderer Seite ſchon darauf bemerkt worden: wie werden ſich denn die Ver⸗ hältniſſe regeln, wenn wirklich Schöneberg ſeinen Bahnzug nach Berlin fortſetzt? Werden wir die Anſchlußmöglichkeit für unſere Bahn auch haben? Nun, meine Herren, das ſind Fragen, die ſich ſpäter ergeben. Wenn mit uns wegen der Motzſtraße und der Kurfürſtenſtraße verhandelt werden muß, dann iſt Zeit, dieſe unſere Forderungen anzu⸗ melden. Heute möchte ich Sie bitten, dieſem Ver⸗ trage Ihre Zuſtimmung zu geben, und zwar aus Sitzung vom 25. Auguſt 1909 dem Grunde, um eklatant noch einmal zu be⸗ weiſen, daß wir keine Nörgler und Quengler ſind, ſondern das allgemeine Wohl über kleinliche Rück⸗ ſichten ſtellen. (Lebhafter Beifall.) Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, nach dem ſehr ausführlichen Referat, das der Herr Vorredner Ihnen gegeben hat, liegt es mir nur noch nahe, auch vom Magiſtratstiſche aus einen Teil ſeiner Ausführungen, dem ich ganz zu⸗ ſtimme, noch beſonders ſcharf zu unterſtreichen: das iſt derjenige Teil, der ſich auf die ungerecht⸗ fertigten Vorwürfe bezieht, die der Stadt Char⸗ lottenburg, dem Magiſtrat wie der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung, in bezug auf ihr Verhalten gegenüber den Schöneberger Anträgen in einem Teile der Preſſe gemacht worden ſind, ungerecht⸗ fertigte Vorwürfe, die teilweiſe verſuchen, ſich auf Behauptungen von Tatſachen zu ſtützen, welche nicht der Wahrheit entſprechen, ſondern zu ihr in direktem Gegenſatze ſtehen. Es liegt uns daran, meine verehrten Herren, vor der breiten Offentlichkeit den Standpunkt des Magiſtrats und der Stadtverordnetenverſammlung Charlottenburgs, den wir gegenüber den Ent⸗ wicklungsbeſtrebungen unſerer Nachbarſtädte ein⸗ nehmen, klarzuſtellen. Wir ſind, meine Herren, weit entfernt davon, dieſen Entwicklungsbeſtrebungen unſerer Nachbar⸗ ſtädte hindernd entgegenzutreten. Wir erkennen durchaus, daß dieſe Entwicklungsbeſtrebungen auf einer Naturnotwendigkeit beruhen, die in engem Zuſammenhange mit der Entwicklung von Groß⸗ Berlin überhaupt ſteht, einer Naturnotwendigkeit, mit der ja auch die Entwicklung Charlottenburgs zuſammenhängt, und wir erkennen durchaus an, daß, was Charlottenburg recht, auch unſeren Nach⸗ bargemeinden billig iſt. Ja, meine Herren, wir gehen noch weiter. Die Entwicklung unſerer Nach⸗ barſtädte iſt nicht überall möglich, ohne daß ſie unſere Charlottenburger Rechte zuweilen empfind⸗ lich berührt. Wir wollen, meine Herren, auch bei einer ſolchen Kolliſion der Intereſſen, die mög⸗ licherweiſe recht ſtark einmal auftreten kann, nicht ſtarr auf unſerm Rechte beſtehen; wir ſind vielmehr gern bereit, in loyaler Weiſe die widerſtreitenden Intereſſen durch gegenſeitiges Ent⸗ gegenkommen auszugleichen. Beide Teile müſſen von ihren einſeitigen Intereſſen nach⸗ laſſen, um den höher ſtehenden öffentlichen In⸗ tereſſen Groß⸗Berlins gerecht zu werden. Eine der Gerechtigkeit und der Billigkeit entſprechende Mittellinie dabei zu finden, iſt unſer eifriges Bemühen bei den Verhandlungen geweſen, die wir mit den Nachbargemeinden in dieſen äußerſt ſchwierigen Fragen zu führen gehabt haben. Nach dieſen Grundſätzen, meine Herren, haben wir auch bei den vorliegenden Verhandlungen mit Schöneberg verfahren, und der Beweis, daß wir dabei mit Erfolg bemüht geweſen ſind, jene billige Mittellinie zu finden, iſt allein ſchon dadurch er⸗ bracht, daß wir ja mit dem Magiſtrat Schöneberg zu einer völligen Einigung gelangt waren; die Stadtverordnetenverſammlungen der beiden Städte wünſchten Abänderungen. Die Verhandlungen darüber begannen von neuem, und zwar immer unter der tatſächlichen Betätigung weiteren Ent⸗ gegenkommens unſererſeits. Die Verhandlungen be⸗ gannen von neuem; aber ſie ſind nicht zum Abſchluß