Sitzung vom 25. Auguſt 1909 355 gebracht, da Schöneberg ſie abbrach und den Er⸗ nachbarlichen Rückſichten und in freundlichem Ent⸗ gänzungsantrag, wie Ihr Herr Referent Ihnen ge⸗ ſagt hat, beim Bezirksausſchuß ſtellte, und zwar, wie der Herr Referent auch bereits ausgeführt hat, einen Antrag auf Ergänzung der Charlottenburger Zuſtimmung zu einem Projekt, über das bis dahin zwiſchen Charlotten⸗ burg und Schöneberg überhaupt noch nicht verhandelt war. (Hört, hört!) Dieſem Ergänzungsantrag fehlte der geſetzliche Boden; denn die Charlottenburger Zuſtimmung zu dieſem Projekte war von Schöneberg gar nicht verlangt worden, und wir hatten unſere Zu⸗ ſtimmung zu dieſem Projekte nicht verweigert, (Hört, hört!) unſere Zuſtimmung konnte alſo gar nicht ergänzt werden. Für ſolch eine Ergänzung war nach den klaren Beſtimmungen des Kleinbahngeſetzes gar kein Raum vorhanden. Das Urteil des Bezirks⸗ ausſchuſſes iſt anders ausgefallen. Ich enthalte mich hier einer Kritik dieſes Urteils, welche zu weit führen würde und uns bei der vorliegenden An⸗ gelegenheit nicht unmittelbar berührt; ich vermag nur zu ſagen, daß ich das Urteil für verfehlt halte. Nun iſt Schöneberg von neuem, und zwar nicht im Wege des Krieges, ſondern im Wege der fried⸗ lichen Verhandlungen an uns herangetreten, und wir haben uns geeinigt; das Reſultat unſerer Einigung liegt Ihnen in dem Vertragsentwurf vor, um deſſen Zuſtimmung wir bitten. Zu dieſem Reſultate hätte Schöneberg — auch da ſtimme ich mit dem Herrn Referenten durchaus überein — ſchneller und leichter gelangen können, wenn es den Ergänzungsantrag nicht geſtellt hätte, wenn es die Verhandlungen nicht abgebrochen und damit alle jene notwendigen Abwehrmaßregeln herauf⸗ beſchworen hätte, die wir nun, mit Krieg überzogen, unſererſeits anzuwenden genötigt waren. Meine Herren, nach dem Vorſchlage des Herrn Referenten nehme ich an, daß Sie dem Vertrage zuſtimmen werden, und daß damit die Angelegen⸗ heit eine Erledigung finden wird, die ſowohl von uns als von Schöneberg gewünſcht wird. Aber eins möchte ich dabei noch hervorheben. Wir haben, meine Herren, bei der Abfaſſung des vor⸗ lie genden Vertrages ſehr wohl gewußt, daß Schöne⸗ berg ſich zurzeit in einer äußerſt mißlichen Lage befindet. Schöneberg hat in ſeinem Ergänzungs⸗ antrage die Mißlichteit ſeiner Notlage, will ich ſagen, ausdrücklich gekennzeichnet, indem es nämlich ausführte, daß die Stadt Schöneberg, wenn ſie nicht bis zu einer beſtimmten Zeit den Bau be⸗ endigt haben würde, dann in die ſehr ſchwierige Lage käme, dem Vertragskontrahenten, dem Bau⸗ unternehmer, ſehr erhebliche Entſchädigungen zahlen zu müſſen, die ſie in dem Ergänzungsantrage auf weit über 1000 ℳ, wenn ich mich recht erinnere: auf 1300 oder 1400 ℳ, pro Tag bezifferte. Nun, meine Herren, ſind wir uns klar bewußt geweſen, daß wir dieſe Notlage Schönebergs jetzt nicht zu unſerm Vorteil ausnutzen dürfen, daß wir vielmehr die vornehme Pflicht haben, der Nachbarſtadt die Hand zu reichen, um ſie aus der unangenehmen Lage zu befreien. Schöneberg hat das allergrößte Intereſſe, jetzt bauen zu können: dieſe Möglichkeit räumt ihm unſer Vertrag ein; unſer Vertrag, meine Herren — das möchte ich noch einmal hervor⸗ heben —, in dem wir uns keinerlei Vorteile aus⸗ bedungen haben; wir haben vielmehr lediglich aus gegentommen gegenüber Schöneberg gehandelt, und wir ſind uns bewußt, daß wir auch in Zukunft die Pflicht und den Willen haben, ein gutes nach⸗ barliches Verhältnis zwiſchen uns zu beobachten und nicht zu ſtören. Es lag mir daran, meine Herren, dies auch vom Magiſtratstiſche aus noch einmal ausdrücklich auszuſprechen, damit in der Zukunft kein Zweifel mehr an unſeren Abſichten und an unſerm Willen in der Offentlichkeit beſtehen kann. (Lebhafter Beifall.) Stadtv. Zietſch: Meine Herren, auf die⸗ jenigen Teile der Vorlage, die die Schöneberger Wieſen und auch die Umgemeindung der be⸗ treffenden Straßenteile uſw. angehen, möchte ich hier nicht eingehen; ich glaube, da in Ihrem Ein⸗ verſtändnis zu handeln. Ich will mich auf einige Ausführungen in bezug auf den Hauptteil der Vorlage beſchränken, der dem neuen Vertrag in bezug auf den Bau der Untergrundbahn in Schöne⸗ berg angeht. Da muß ich aber offen geſtehen: ſo ſympathiſch mich auch die Grundtöne in den Ausführungen des Herrn Referenten und des Herrn Oberbürgermeiſters berührt haben, die dar⸗ auf geſtimmt waren, vor allen Dingen den vor⸗ nehmen Charakter der Stadt Charlottenburg, der in dieſer Angelegenheit beſonders zu betonen ſei, hervorzuheben (ſehr richtig! bei der Freien Vereinigung) und zu unterſtreichen, daß gerade Charlottenburg bemüht iſt, die Entwicklungstendenzen und Be⸗ ſtrebungen anderer Nachbargemeinden, die inner⸗ halb der Weiterentwicklung der Verkehrsmöglich⸗ keiten von Groß⸗Berlin liegen, nicht zu ſtören, — trotz der Anerkennung dieſes Grundſatzes und der ſtarken Hervorhebung dieſer Grundtöne komme ich doch nicht um die Empfindung herum, daß wir eigent⸗ lich in Anbetracht unſerer früheren Haltung gegen⸗ über der Gemeinde Schöneberg jetzt in einer recht un⸗ glücklichen Poſition ſind und es mir ſehr un⸗ angebracht erſcheint, wenn wir jetzt unſere Vor⸗ nehmheit beſonders unterſtreichen. Ich bin der Meinung: wir müſſe n jetzt ohne weiteres den Wünſchen Schönebergs Rechnung tragen und ihm noch weiter als bisher durch den vorliegenden Ver⸗ trag entgegenkommen. (Widerſpruch.) — Und doch iſt es ſo; denn wir wiſſen ja noch nicht, wie eventuell das Ergänzungsverfahren endigen würde, wenn die Sache weiterginge. Ferner will ich hervorheben, daß, wenn wir uns jetzt in einer ſo vornehmen Reſerve bewegen, eigentlich die Grundtöne der erſten Vertragsabſchlüſſe mit Schöne⸗ berg, wie ſie uns proponiert waren, weſentlich anders geſtimmt waren. Da haben wir vielleicht mehr gefordert, als Schöneberg akzeptieren konnte. Gewiß, auch meine Freunde haben den früheren Vorſchlägen des Magiſtrats zugeſtimmt und von Schöneberg die Erfüllung dieſer und jener Be⸗ ſtimmung und die Einhaltung dieſer und jener Vorausſetzungen verlangt. Aber wir ſind jetzt, nachdem wir durch den wahrſcheinlichen Ausgang des Ergänzungsverfahrens in eine ganz andere Lage gedrängt worden ſind, doch auf einen Stand⸗ punkt gekommen, der weſentlich ungünſtiger iſt als der, den wir früher eingenommen haben. Denn aus einem Vergleich zwiſchen den Forderungen,