356 die wir früher in den Vertragsentwürfen auf⸗ weiſt jedenfalls anderswohin. geſtellt haben, und dem jetzigen Vertrag ergibt ſich ohne weiteres: damals hatten wir Schöneberg gegenüber etwas voraus, und der frühere Vertrag ſah die Regelung der beiderſeitigen Rechte und Pflichten vor, während der Herr Referent ſchon darauf hingewieſen hat, daß dieſer Vertrag eigentlich keiner iſt; er legt nur die Verpflichtungen Charlottenburgs gegenüber Schöneberg feſt und enthält nichts von Rechten Charlottenburgs gegen Schöneberg. Wir haben es damals ſchon bedauert, daß die Schöneberger Stadtverordnetenverſammlung den Abſatz 6 des § 17 ohne weiteres abgelehnt hat, wodurch unſer Untergrundbahnprojekt gefährdet erſchien. Aber wir haben trotzdem Schöneberg gegenüber weiteres Entgegenkommen bewieſen. Wenn wir weniger wegen der Einleitung des Er⸗ gänzungsverfahrens als wegen der ganzen Art und Weiſe, in der ſeitens der ergänzungsverfügungs⸗ fähigen Behörden und auch der Regierung gegen⸗ über Charlottenburg vorgegangen wurde, — wenn wir deshalb unwillig werden wollten, dann müßten wir uns heute auf den Standpunkt ſtellen, wie ja auch der Herr Referent ſchon angedeutet hat, über⸗ haupt keine Einigung mit Schöneberg anzuſtreben. Und ich muß offen geſtehen: als ich den Vertrag geleſen hatte, waren auch bei mir ſehr erhebliche Zweifel aufgeſtiegen, ob es nicht beſſer wäre, die Einigung mit Schöneberg abzulehnen. Nicht aus irgendwelcher Verärgerung gegenüber Schöneberg heraus — denn wenn wir bisher zu keinem Ver⸗ tragsabſchluß kamen, ſind ſchließlich beide Teile daran ſchuld —, ſondern aus der Abſicht heraus, vor der Offentlichkeit dartun zu können, in welcher Art und Weiſe hier Charlottenburg von den ergänzungsverfügungsfähigen Behörden be⸗ handelt wurde. Denn die Verhandlungen, die ſtatt⸗ gefunden haben, die Zwiſchenſpiele, die vor ſich gingen und die der Herr Referent nur zart an⸗ gedeutet hat, hätten vor aller Offentlichkeit dar⸗ gelegt werden müſſen, um zu zeigen, in welcher Weiſe die Rechte einer Gemeinde zugunſten einer andern reſpektive zugunſten eines Staatsfiskus, der — auch eine Rolle ſpielt, benachteiligt werden ollen. (Widerſpruch und Zuruf.) — Nicht die Geſelchaft für Hoch⸗ und bahnen allein iſt an dem Wilmersdorfer Projekt beteiligt, ſondern auch der Fiskus iſt durch die fiskaliſche Domäne Dahlem und die baldige Er⸗ ſchließung durch eine Schnellbahnverbindung Dah⸗ lems mit Berlin an dieſer Frage ſtark intereſſiert. (Erneuter Widerſpruch.) Und erſt als die Frage akut wurde, ob die Wilmers⸗ dorf⸗Dahlemer Bahn nicht an die Schöneberger Bahn angeſchloſſen werden könnte, ſtellte ſich Schöneberg auf den ablehnenden Standpunkt gegenüber Charlottenburg. Ich wundere mich auch, in welcher überaus ſchonenden Weiſe der Herr Referent hier nur angedeutet hat, welcher „große Finger“ es ſein könnte, der ſo anregend und wirkungsvoll nach Schöneberg hinüberge⸗ winkt hat. (Zuruf des Stadtv. Dr. Frentzel.) — Sie wiſſen es nicht. — Aber was Sie nicht wiſſen zu bürfen, das weiß doch ſchließlich alle Welt. Und auch Sie glauben nicht, daß der große Finger vielleicht nur der Geſellſchaft für Hoch⸗ ſondern er und Untergrundbahnen angehört, Sitzung vom 25. Auguſt 1909 Da aber ſollten wir doch, auch wenn das Ergänzungsverfahren noch ungünſtiger ausgehen ſollte, als es den Anſchein hatte, daß es ausgehen könnte, vor aller Offentlich⸗ keit klarzulegen verſuchen, in welcher Weiſe die Intereſſen einer großen Gemeinde verletzt werden konnten. Es war für uns die Frage noch offenſtehend, ob wir es zu dieſer Klarſtellung kommen laſſen oder ob wir uns auf den Boden der vorge⸗ ſchlagenen Einigung begeben ſollten. Wir ſind nun aber auch dafür, daß dieſer Vertrag mit⸗ Schöneberg geſchloſſen werden ſoll. Wir laſſen uns ſelbſtverſtändlich auch in unſerer berechtigten Verärgerung nicht gegenüber Schöneberg, ſondern gegenüber denjenigen Inſtanzen, die uns in dieſer Art und Weiſe getreten haben — nicht ver⸗ leiten, über dieſen Kampf, der eigentlch nicht von Charlottenburg allein, ſondern von den geſamten Vorortgemeinden von Berlin einmal gegen Fiskus und Regierung geführt werden ſollte, den weiter⸗ gehenden Standpunkt zu verlaſſen, daß uns mit den anderen Vorortgemeinden doch die weitergehenden Intereſſen der Entwicklung des Verkehrs in Groß⸗ Berlin verbinden. Und da ſtimme ich den Aus⸗ führungen des Herrn Oberbürgermeiſters ohne weiteres bei, daß es nicht angängig für eine große Vorortgemeinde iſt, Nachbargemeinden in bezug auf die Entwicklung ihrer Verkehrsverhältniſſe irgendetwas in den Weg zu legen, wenn ſich nur irgendwie die Möglichkeit einer Verſtändigung bietet. Wir ſind aber trotz alledem der Auffaſſung: dieſes Zuſammenkommen mit anderen Gemeinden muß doch immer eine Grenze finden, und es muß ein Halt da gemacht werden, wo wieder die be⸗ ſonderen Intereſſen einer ſelbſtändigen Gemeinde in Frage kommen, und wenn wir noch ſo ſtark beſtrebt ſind, mit Schöneberg zuſammenzuarbeiten und alles Vergangene vergeſſen zu wollen, ſo bleibt doch die Frage offen: Welche ſpäteren Intereſſen kommen auch bei einer Einigung mit Schöneberg über die jetzt ſchwebende Frage durch den Weiterbau der Bahn für Charlottenburg in Betracht? Und da taucht für uns die Frage auf: Wenn nun Schöneberg über den Nollendorfplatz ſeine Bahn fortbaut — und es beſteht doch ſelbſt⸗ verſtändlich kein Zweifel darüber, daß mit der Er⸗ reichung des Nollendorfplatzes das Schöneberger Bahnprojekt nicht abgeſchloſſen ſein kann, ſondern daß Schöneberg über den Nollendorfplat hinaus⸗ gehen muß, denn um die Bahn überhaupt rentabel und lebensfähig machen zu können, muß ſie nach Berlin führen — zu welchem Zweck dann Schöneberg zweifellos auf dem Nollendorfplatz einen größeren Bahnhof anlegen muß —: wie wird es dann werden, wenn Charlottenburg zu dem Bau einer Unter⸗ grundbahn über den Wittenbergplatz hinaus bis zum Nollendorfplatz kommt, mit dem Anſchluß unſerer Bahn an die Schöneberger Linie? Vielleicht wird man mir da entgegenhalten: das ruht alles noch im Schoße der Zukunft, und es bleibt den dann ſtattfindenden Verhandlungen zwiſchen Schöne⸗ berg und Charlottenburg immer noch vorbehalten, unſere Rechte zu ſichern. Aber ich mache Sie darauf aufmerkſam, einmal iſt das Ergänzungs⸗ verfahren ſchon eingeleitet worden, und es hat in der erſten Inſtanz dieſes unerquickliche Ergebnis für uns gehabt. Setzen Sie den Fall doch mal ſo in die Entwicklung der Dinge, daß Schöneberg bis.