Sitzung vom 25. Auguſt 1909 zum Nollendorfplatz gebaut hat und nun weiter bauen will, und es verſtändigt ſich nicht mit uns über den eventuellen Anſchluß einer Charlotten⸗ burger Bahn an die Schöneberger Linie am Nollendorfplatz; Schöneberg beantragt vielmehr dann — wenn wir zu dem Weiterbau der Schöne⸗ berger Linie die Zuſtimmung verweigern — wiederum das Ergänzungsverfahren gegen uns? (Stadtv. Dzialoszynski: Es iſt unzuläſſig!) — Sie ſagen, Herr Kollege Dzialoszynski, das ſei unzuläſſig; Sie erſehen doch aus der Behandlung der jetzigen Sache vor dem Bezirksausſchuß: es gibt nichts Unzuläſſiges in der preußiſchen Juſtiz. Sie haben auch gehört, daß, nach Anſicht des Herrn Oberbürgermeiſters — und auch jedenfalls nach den Anſichten hervorragender Rechtskapazitäten auf dieſem Gebiete — die Einleitung eines Ergänzungs⸗ verfahrens in dieſem Falle überhaupt nicht möglich geweſen wäre. Und ſie iſt doch möglich geweſen. Ich bin der Auffaſſung, wenn es ſich um fiskaliſche Intereſſen handelt, dann kehrt man ſich nicht allzuſehr an Unzuläſſigkeiten, man ſtößt ſich nicht, auch wenn man ſonſt noch ſehr Formen⸗ menſch iſt, an Formen. Ich frage: was tritt dann ein, wenn Schöneberg die Motzſtraße, Kurfürſten⸗ ſtraße uſw. in Gebrauch nehmen will, und es ge⸗ ſtattet uns den Anſchluß an ſeine Bahn und die Mitbenutzung ſeines Bahnhofes am Nollendorf⸗ platz nicht? Es beſteht doch die Möglichteit, daß, wenn wir zu einer Einigung mit Wilmersdorf nicht kommen, wir doch ein Intereſſe haben können, die Bahn vom Wittenbergplatz nach dem Nollendorf⸗ platz zu bauen. Vielleicht hat ſich dann Wilmers⸗ dorf mit ſeiner Bahn an Schöneberg angegliedert; daß wir aber auch dann zu einer uns genehmen Anſchlußgelegenheit an die Schöneberger Bahn kommen, das erſcheint mir doch geboten und wünſchenswert. Wenn wir die Möglichkeit haben, daß gewiſſe Garantien dafür ſchon jetzt geſchafft werden können, daß wir dieſe Gewißheit nachher haben, dann haben wir jedenfalls gegen eine Einigung mit Schöneberg gar nichts einzuwenden, wenn ſie auch ſonſt ſo unvorteilhaft ſein ſollte, wie ſie hier vorgeſchlagen iſt. (Bravo!) Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Ich möchte mich nur gegen zwei Punkte wenden, die der Herr Vorredner berührt hat. Der erſte Punkt iſt folgender. Der Herr Vor⸗ redner hat geſagt: wir müſſen ja jetzt den Vertrag mit Schöneberg abſchließen, wir ſind ja in Charlotten⸗ burg jetzt in einer ſo mißlichen Lage, daß wir nicht anders können, infolgedeſſen ſeien die Grundſätze, die ich in ÜUbereinſtimmung mit dem Herrn Refe⸗ renten als die unſrigen dargeſtellt habe, als über⸗ flüſſig zu erachten. Das iſt nicht richtig. Meine Herren, wir müſſen nich t! Ich bitte Sie, ſich zu vergegenwärtigen, wie die Situation liegt. Der Bezirksausſchuß hat in einem Ergänzungs⸗ verfahren gegen uns beſchloſſen, und zwar in einem Teilbeſchluß dem Grunde nach gegen uns be⸗ ſchloſſen; wir haben eine Beſchwerde darüber beim Provinzialrat eingelegt. Der Provinzialrat hat alſo noch zu ſprechen, die Sache ſchwebt noch. Wir haben ferner die Feſtſtellungsklage beim ordentlichen Gericht erhoben dahingehend, daß hier nicht das Ergänzungsverfahren, ſondern das Enteignungs⸗ verfahren einzutreten habe, weil das unter dem Straßenniveau liegende Eigentum an Grund und 357 Boden in Anſpruch genommen würde und deshalb nur das Urteil eines Zivilgerichtes, nicht ein Spruch im Rahmen des Ergänzungsverfahrens in Betracht kommen könnte. Meine Herren, beide Verfahren ſchweben zurzeit. Wie ſie endigen werden, wiſſen wir nicht; wir können unterliegen, wir können aber auch durchdringen. Das eine ſteht in jedem Falle feſt: bis die Verfahren erledigt ſein werden, vergeht eine lange Zeit — und dieſe Zeit hat Schöneberg nicht! (Sehr richtig!) Schöneberg kann nicht warten: Schöneberg iſt ge⸗ nötigt, ſich mit uns ſchnell zu vereinigen, (na alſo! bei den Sozialdemokraten) um nicht in die Entſchädigungsanſprüche zu ver⸗ fallen, um bauen zu können. (Stadtv. Zietſch: Dann können Sie doch auch noch fordern!) Alſo Schöneberg kann nicht warten, und infolge⸗ deſſen können wir den Spruch, den Herr Stadtv. Zietſch ausſprach, vielmehr umkehren: nicht wir müſſen, ſondern Schöneberg muß. Und trotzdem wir dieſe Situation erkennen, meine Herren, haben wir aus dieſer Notlage von Schöneberg keine Vorteile für uns erpreßt, wir haben dieſe Notlage nicht ausgenutzt. Und Sie, meine Herren und ich bitte auch, Herr Zietſch —, bitte ich, dieſem Vertrage zuzuſtimmen, und zwar aus der Überlegung, die für Sie wichtig ſein wird: es handelt ſich hier nicht um das große Objekt, das Gegenſtand unſeres früheren Vertrages iſt, es handelt ſich hier um die Zuſtimmung zum Bau einer Schöneberger Bahn in einem Geländegebiet von Charlottenburg, das zirka 100 m beträgt, und zwar um den Einbau einer Bahn, die — und das iſt nun von allergrößter Wichtigkeit — uns für unſere zukünftigen Pläne keine Hinderniſſe in den Weg legt. Wir können, auch wenn dieſe Bahn gebaut wird, ruhig unſere Pläne, durch die Kleiſt⸗ und Tauentzienſtraße nach dem Nollendorfplatz zu bauen und einen Anſchluß an eine ſpäter zu bauende Bahn von Schöneberg zu gewinnen, ausführen. Alſo es handelt ſich heute nicht um die großen Fragen, um die es ſich in dem erſten Vertrage handelte. Deshalb können wir auch dieſem Vertrage, der uns gar keine Rechte einräumt und Schöneberg voll⸗ ſtändig freie Bahn verſchafft, zunächſt bauen zu können, zuſtimmen. Und nun noch einen zweiten Punkt. Herr Zietſch hat gemeint, der Fiskus habe hier ein Sonderintereſſe daran, daß Schöneberg bauen kann und wir ihm kein Hindernis bereiten. Das iſt nach meiner Auffaſſung nicht richtig. Herr Zietſch meinte, daß die Kolonie Dahlem da in Frage käme. Die kommt hier nicht in Frage. Meiner Auffaſſung nach kann man irgendeinen Vorwurf gegen den Fiskus bei ſeinem Vorgehen nicht machen; das würde ungerecht ſein. (Stadtv. Zietſch: Wer iſt denn der große Finger?) Der Fiskus und die Behörden haben hier keinerlei Sonderintereſſe vertreten — das möchte ich als meine Überzeugung den Vermutungen des Herrn Zietſch gegenüber hier beſonders ausdrücken. (Die Beratung wird geſchloſſen. Der Bericht⸗ erſtatter verzichtet auf das Schlußwort. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt mit großer Mehrheit nach dem Sie Antrage des Magiſtrats, wie folgt: