388 Sitzung vom 22. die ich weder in der Lage noch auch willens bin Ihnen vorzutragen, da ich Sie ſonſt etwa zwei Stunden lang aufhalten müßte. Ich möchte Ihnen aber ungefähr den Gedankengang mitteilen. Zunächſt wird formell gegen die Zuläſſigkeit des Antrages Front gemacht, ſoweit er die Gemeinde Dahlem und die Stadt Wilmersdorf betrifft, da dieſe als Nichtunternehmer überhaupt gar nicht antragsberechtigt ſind. Das hat inſofern eine gewiſſe Bedeutung, als, falls das Schiedsgericht zu unſeren Gunſten entſcheidet, der Antrag überhaupt in der Luft ſchwebt. 3weitens verbreitet ſich der Antrag materiell gegen die Zulaſſung des Er⸗ gänzungsverfahrens, und zwar im weſentlichen mit den gleichen Gründen, die ich Ihnen in der Schöneberger Angelegenheit kurs ſtizziert habe. Ich will ſie nicht wiederholen. Ich möchte Sie nur auf eine praktiſche Folgerung aufmerkſam machen, die ſich daraus ergibt, wenn man ohne weiteres das Ergänzungsverfahren nicht nur für den Straßen⸗ damm, ſondern auch für den unter den Straßen gelegenen Boden für zuläſſig erklärt. Meine Herren, wir beabſichtigen, in der Nürnberger Straße z. B. eine Badeanſtalt zu erbauen. Es wäre doch ſehr leicht möglich, daß wir das Proiekt ſchon viel früher ſo ausgeſtaltet hätten, daß ein Teil dieſer Badeanſtalt, z. B. ein Turnſaal oder ſonſt irgend etwas, unter die Straße gelegt worden wäre. Wer hätte uns daran hindern wollen! Das wäre unſer gutes Recht. Dieſer Vorgang iſt nichts Neues. In Wiesbaden exiſtiert eine unterirdiſche Markthalle, und in London z. B. gibt es eine Reihe unter⸗ irdiſcher, teilweiſe unter der Straße gelegener Theater. Ich ſelbſt bin in dieſem Jahre an einem anderen, kleineren engliſchen Platze geweſen, wo unter einem ſehr breiten Damm, der als Haupt⸗ ſtraße dient, ſich ein Vergnügungsetabliſſement mit einem Bade befindet. Alſo was dort möglich iſt, wäre vielleicht hier auch möglich. Ich bin feſt über⸗ zeugt, daß über kurz oder lang die Kommunen bei der Unmöglichkeit, geeignete Grundſtücke für all⸗ gemeine Zwecke in den Zentren der Städte auf⸗ zutreiben, genötigt ſein werden, die unter dem Pflaſter liegenden Erdbodenteile für ihre Zwecke in Anſpruch zu nehmen. Was wäre nun die Folge geweſen, wenn man mit einem Ergänzungsantrage ohne weiteres dieſes unſer Eigentumsrecht an dem Grund und Boden hätte wegdisputieren können? Hätten wir die Badeanſtalt, oder was wir ſonſt gebaut haben würden, räumen müſſen, oder was hätte ſich ergeben? Ich glaube, meine Herren, dieſer Fall illuſtriert am beſten die Schwierigkeiten, die ſich in bezug auf das Eigentums⸗ und Er⸗ gänzungsrecht herausſtellen. Endlich erwähnt die Antwort des Magiſtrats, daß ein öffentlicher, aus Verkehrsrückſichten her⸗ rührender Grund gar nicht vorlag, die Ergänzung zu beantragen, weil wir ja nicht abſolut un ſere Zuſtimmung zu dem Anſchluß an das Wilmersdorfer Projett und die Stammbahn verweigert haben, ſondern nur inſofern relativ, als wir andere Projekte, die dieſen Anſchluß ermöglichen, geneh⸗ migen wollten und dazu unſere Bereitwilligkeit des öfteren ausgeſprochen haben. Insbeſondere iſt dies das Projekt der Bahn durch die Uhlandſtraße. Ich möchte, indem ich nunmehr auf die Vorlage komme, die ich bisher nur in bezug auf ihre Abwehr⸗ maßregeln geſtreift habe, dieſes Projekt noch etwas hier vor Ihnen beleuchten. September 1909 Nach dem, was ich vorhin geſagt habe, iſt es klar, daß ich dieſes Projekt nicht von gleicher Qualität halte wie dasjenige, das wir uns ausgearbeitet haben; durchaus nicht; aber. ich ſehe darin doch eine brauchbare Löſung, namentlich wenn das durch⸗ geſetzt wird, was der Magiſtrat vorſieht, daß ein gemeinſamer Bahnhof an der Uhlandſtraße ge⸗ ſchaffen wird, der die Weiterverfolgung unſerer Projekte ermöglicht. Daß das Projekt ein gutes und vernünftiges iſt, geht erſtens wohl auch daraus hervor, daß es von der Behörde empfohlen und vom Miniſter vorgeſchlagen worden iſt. Deswegen glaube ich auch, daß es eine gewiſſe Chance auf Annahme ſeitens der maßgebenden Inſtanzen haben wird. Ja, meine Herren, ich kann Ihnen ſagen, daß die Untergrundbahn ſelber ſich in dem Sinne ausgeſprochen hat, daß dieſes Projekt voll⸗ ſtändig brauchbar wäre, und ich glaube, wenn die Untergrundbahngeſellſchaft ſo könnte, wie ſie wollte, würde ſie ſicher gern die hiermit von uns dar⸗ gebotene Hand nehmen und auf dieſe Weiſe allen Zweifelsfragen ein Ende machen. Aber leider kann ſie das nicht, denn ſie iſt durch ihren Wilmersdorfer Vertrag gebunden, ſich den Wünſchen der Stadt Wilmersdorf zu fügen. In der Vorlage iſt verſucht worden, eine Gegenüberſte llung des Verkehrswertes der beiden urſprünglichen Projekte zu geben, die allerdings nach dem augenblicklichen Stande etwas ungünſtig für unſer altes Projekt abſchließt. Es iſt aber ohne weiteres erſichtlich, daß das Uhlandſtraßenprojekt im Verhältnis zu der Wilmersdorfer Verkehrs⸗ einheit genau denſelben Wert hat wie das durch die Nürnberger Straße, und es iſt in jeder Weiſe beſſer als alle die anderen Dinge, die vorgeſchlagen worden ſind, die aber höchſtens als Surrogate bezeichnet werden können und meiner Meinung nach als minderwertige Surrogate. Dieſes Projekt, das der Magiſtrat Ihnen jetzt zur Annahme vorſchlägt, und das ich Ihnen aus beſonderen Gründen ohne Ausſchußberatung zur Annahme empfehlen möchte — ich komme darauf noch zurück —, läßt zwar nicht alle Charlottenburger Blütenträume reifen, und es ſtellt ein beſonders großes Entgegenkommen unſererſeits dar. Aber trotzdem iſt es ein Ding, mit dem wir fertig werden können, und das wir im Laufe der Zeit ſo aus⸗ geſtalten können, daß es auch diejenigen Wünſche erfüllt, die wir uns heute noch verſagen müſſen. ch möchte Sie bitten, dieſem Antrage des Magiſtrats ohne Ausſchußberatung deswegen Folge zu geben, damit wir wieder einmal — ich weiß nicht, zum wievielten Male — beweiſen, daß wir keine Eigenbrödler und keine Krähwinkler ſind, ſondern d ie Ver⸗ kehrsfragen mit dem Er nſt und von dem großzügigen Standpunkt aus behandeln, von dem ſie meiner Meinung nach eizig und alle in richtig ur d zum Vorteil der betei⸗ ligten Kommunen be handelt wer⸗ den können. (Lebhaftes Bravo.) Stadtv. Dzialoszonski: Meine Herren, ich möchte mir nur eine Anfrage an den Magiſtrat erlauben. In den Tagesblättern, insbeſondere in einer mir vorliegenden Nummer der Deutſchen Zeitung vom 20. September 1909, iſt eine Notiz enthalten, die folgendermaßen lautet: