Sitzung vom 22. Die Grundſteinlegung der Wilmersdorf Dahlemer Untergrundbahn wird am 5. Ok⸗ tober, mittags 12 Uhr, auf dem Hohen⸗ 4 ſtattfinden. Einladungen haben empfangen die Staatsminiſter Breitenbach, von Arnim, Freiherr von Rheinbaben, von Moltke, der Oberpräſident von Loebell und der Regierungspräſident von der Schulenburg, ferner eine Anzahl der bei den Aufſichts⸗ behörden beſchäftigten höchſten Beamten, die Mitglieder der Kommiſſion zur Aufteilung der Domäne Dahlem, die Direktion der Geſellſchaft für elektriſche Hoch⸗ und Unter⸗ grundbahnen, die Direktion der Großen Berliner Straßenbahn, die Firma Siemens u. Halske, die beteiligten Terraingeſellſchaften und bekannte Vertreter der Bürgerſchaft. Dieſe Notiz iſt ja nur ein Glied in der Kette tendenziöſer Veröffentlichungen, welche in der Frage der Untergrundbahnen in den Tagesblättern erſchienen waren. Wer die Begründung der heu⸗ tigen Vorlage lieſt und ſie mit den tendenziöſen Mitteilungen vergleicht, die von einer dem Char⸗ lottenburger Verkehrsprojekte feindlichen und dem Wilmersdorfer Verkehrsprojekte günſtigen Seite veröffentlicht worden ſind, der muß ſagen, daß dieſe Nachrichten alle ſamt und ſonders nicht zutreffend waren, und daß das Verhalten der Char⸗ lottenburger Behörden im Streite mit Wilmers⸗ dorf in jeder Beziehung einwandsfrei geweſen iſt. Wenn das richtig ſein ſollte, was in dieſer Notiz veröffentlicht iſt, ſo würde das den Ver⸗ ſuch bedeuten — ſo iſt es wenigſtens in der Bürgerſchaft vielfach gedeutet worden —, die Staatsbehörden, welche in dieſer Frage mitzuſprechen haben, zu⸗ un ſen des Wilmersdorfer Pro⸗ jektes dadurch zü vinkulieren, daß ſie bei der Grundſteinlegung dieſer Bahn ſich beteiligen zu einem Zeitpunkt, wo der Rechtsſtandpunkt noch gar nicht ge⸗ klärt iſt. Es iſt ja nicht ausgeſchloſſen, daß das Ergänzungsverfahren den Erfolg hat, daß die⸗ jenige Linie, welche Wilmersdorf intendiert, nicht genehmigt wird, und daß diejenige Linie genehmigt wird, welche Charlottenburg intendiert. Es iſt nicht ausgeſchloſſen, es iſt ſogar wahrſcheinlich, daß das Schiedsgerichtsverfahren in dem Streit zwiſchen Charlottenburg und der Untergrundbahn, welche unſere Gegnerin iſt, dahin ausfällt, daß die Charlottenburger Intereſſen nach jeder Richtung hin als berechtigt anerkannt werden. Nun wird den Staatsbehörden von den Gemeindekörperſchaften Wilmersdorfs zugemutet, ſich während des ſchwe⸗ benden Rechtsverfahrens an der Grundſteinlegung zu beteiligen und gewiſſermaßen für Wilmersdorf Partei zu nehmen. Es iſt ja ganz fraglos, daß dieſe Grundſteinlegung an ſich bedeutungslos iſt; denn ſelbſt wenn der Grundſtein in Wilmersdorf gelegt iſt, ſo würde das ja einer Verlegung der Bahn vom Hohenzollernplatz — von demjenigen Punkte aus, wo der Grundſtein gelegt wird — durch die Uhlandſtraße nach dem Kurfürſtendamm nicht präjudizieren, da die Bahn, wie auch das Gerichts⸗ verfahren ausgehen möge, immer über den Hohen⸗ zollernplatz geführt werden muß. Um aber eine Klärung in dieſer Sache herbeizuführen, erlaube ich mir an den Magiſtrat die Frage, ob er es für angängig erachtet, bei den Staatsbehörden dahin vorſtellig zu werden, daß die Wilmersdorfer Ge⸗ September 1909 389 meindekörperſchaften veranlaßt werden, die Grund⸗ ſteinlegung zu vertagen, bis das Ergänzungs⸗ verfahren rechtskräftig entſchieden iſt? Stadtſyndikus Dr. Maier: Meine Herren, ich glaube, daß dem Feſtesvorgang, der am 5. Ok⸗ tober bevorſteht, von dem Herrn Interpellanten eine viel zu große Bedeutung beigelegt wird. * (Sehr richtig!) Wenn es ſich lediglich darum handeln ſollte, einen Feſtesvorgang zu bekämpfen, ſo, glaube ich, würden unſere Bemühungen ſehr leicht ſein. Die Schwierig⸗ keit, die unſerm Projekte gegenüberſteht, liegt wo anders. Sie liegt auf rechtlichem Gebiete. Meine Herren, es iſt Ihnen in der Vorlage deutlich auseinandergeſetzt worden, daß es fich, ſoweit das Projekt von Dahlem, Wilmersdorf und der Hochbahn in Betracht kommt, um formell drei ſelbſtändige Projekte handelt: um ein Projekt der Geſellſchaft für elektriſche Hoch⸗ und Unter⸗ grundbahnen bis zum Nürnberger Platz, um ein Projekt der Stadtgemeinde Wilmersdorf vom Nürnberger Platz bis zur Dahlemer Grenze und um ein Projekt der Domäne Dahlem innerhalb der Domäne Dahlem. Das Projekt, das durch die Er⸗ gänzung verfolgt wird, iſt ein Projekt der Geſell⸗ ſchaft für elektriſche Hoch⸗ und Untergrundbahnen und betrifft lediglich den Teil der Bahn, der ſich bis zum Nürnberger Platz erſtreckt. Bezüglich der beiden anderen Projekte iſt die Stadt Charlottenburg formell überhaupt nicht beteiligt; (Stadtv. Dr Frentzel: Sehr richtig!) dieſe Projekte können abſolut ſelbſtändig verfolgt werden; (Stadtv. Dr Frentzel: Sehr richtig!) das bewegt ſich durchaus im Rahmen des Geſetzes. Daß ſie ſelbſtändig verfolgt werden, erſchwert nur unſern Standpunkt. Aber dieſe Erſchwernis iſt nicht eineFolge von Maßnahmen dritter Perſonen, ſondern eine Folge der Rechtslage, und mit dieſer Rechts⸗ lage müſſen wir rechnen. Ob eine Grundſtein⸗ legung ſtattfindet mit einem Frühſtück oder ohne Frühſtück, oder ob überhaupt keine Grundſtein⸗ legung ſtattfindet, iſt ſachlich völlig unerheblich. (Stadtv. Dr Frentzel: Sehr richtig!) Ich möchte bitten, dieſe Frage auszuſcheiden, da ſie nur geeignet iſt, die Sache auf ein Gebiet hinüber⸗ zuſpielen, das der Förderung unſerer Intereſſen nicht dienlich ſein kann. 1 (Bravo!)) Was im übrigen die ſachliche Seite der An⸗ elegenheit anbetrifft, ſo hat der Magiſtrat alle chritte unternommen, die in der Angelegenheit unternommen werden konnten. Die Tatſache des präjudiziellen Einfluſſes der ſelbſtändig geneh⸗ migungsfähigen Wilmersdorfer Bahn und der noch weit präjudizielleren Erlaubnis des Herrn Miniſters der öffentlichen Arbeiten, daß mit dem Bau begonnen werden kann, bevor die Planfeſtſetzung ſtattgefunden hat — einer Erlaubnis, die ſich durchaus im Rahmen ſeiner Befugnis bewegt —, dieſe Tatſache hat uns Veranlaſſung gegeben, den Herrn Miniſter der öffentlichen Arbeiten zu bitten, falls es in ſeiner Macht liegt — in ſeiner Macht außerhalb der geſetzlichen Befugniſſe —, dahin zu wirken, daß eine Bauausführung der Wilmers⸗ dorfer Bahn in dem Teile unterbleibt, die künftig auch einer Entſcheidung der Frage, wie das Projekt der Hoch⸗ und Untergrundbahn traciert werden